Auf gute Nachbarschaft

Pflanzen in Mischkulturen unterstützen sich gegenseitig

06.10.2022 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Im Gemüsegarten schon lange bekannt und vielleicht bald auch auf dem Acker: Mischkultur aus verschiedenen Pflanzenarten. (Bildquelle: © iStock.com / fotokate)

Im Gemüsegarten schon lange bekannt und vielleicht bald auch auf dem Acker: Mischkultur aus verschiedenen Pflanzenarten. (Bildquelle: © iStock.com / fotokate)

Unterschiedliche Kulturpflanzenarten können sich „Nachbarschaftshilfe“ geben – anstatt sich zu bekämpfen. Und sie passen dabei auch ihre Phänotypen aneinander an.

Um die Landwirtschaft fit für die Zukunft zu machen, werden neue Anbaumethoden erforscht. Vorbild ist dabei oftmals die Natur: So gelten natürliche Pflanzengesellschaften als widerstandsfähiger und produktiver, weil sich ihre natürlichen Eigenschaften ergänzen. Übertragen auf Agrarsysteme müssten Mischkulturen daher auch produktiver sein als Monokulturen und weniger Dünger benötigen. Doch dabei wird oft übersehen, dass unsere Kulturpflanzen für den Anbau als Monokultur optimiert wurden.

In einer neuen Studie untersuchten Forscher:innen, wie sich Pflanzenarten dennoch an das Leben in einer Mischkultur anpassen können und welche Auswirkungen das auf die Erträge hat. Eine weitere Studie befasste sich mit noch offenen Fragen der Pflanze-Pflanze-Interaktion auf genetischer Ebene.

Bunt gemischt

Die Forscher:innen bauten die einjährigen Pflanzenarten Weizen (Triticum aestivum), Hafer (Avena sativa), Koriander (Coriandrum sativum), Leindotter (Camelina sativa), Linsen (Lens culinaris) und Flachs (Linum usitatissimum) drei Jahre hintereinander an – als Monokultur, als Mischkultur zu zweit und zu viert sowie als Einzelpflanzen auf 0,25 Quadratmeter großen, gedüngten und ungedüngten Flächen.

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Unsere Kulturpflanzen, wie Weizen, sind an den Anbau in Monokultur angepasst.

Unsere Kulturpflanzen, wie Weizen, sind an den Anbau in Monokultur angepasst.

Bildquelle: © Hans / Pixabay

Am Ende der Vegetationsperiode wurden die Samen geerntet und im darauf folgenden Jahr wieder ausgesät. Im zweiten Jahr säte das Forschungsteam zudem Samen aus Einzelsaat und Monokulturen als gemischte Kulturen – und umgekehrt. Am Ende des dritten Jahres machten die Forscher:innen eine Bestandsaufnahme: Größe, Fläche und Trockenmasse der Blätter und das Samengewicht wurden bestimmt.

Bei Stress kommt Hilfe

Sie fanden heraus, dass die Pflanzen in gemischten Kulturen von Jahr zu Jahr ihre Eigenschaften besser aufeinander abstimmten. Die Konkurrenz um Nährstoffe, Wasser und Licht wurde besonders auf den ungedüngten Flächen geringer – stattdessen konnte eine steigende „Unterstützung der Nachbarschaft“ beobachtet werden.

Um die Nachbarschaftshilfe zu quantifizieren, berechneten die Forscher:innen den sogenannten „Relative Interaction Index“, um so die morphologischen Daten wie Größe und Blattmasse von ausgesuchten Pflanzen, die in einer Gemeinschaft wuchsen, mit den jeweiligen einzeln gewachsenen Pflanzen zu vergleichen. Die Forscher:innen betonen, dass dies im Einklang mit der Stress-Gradienten-Hypothese steht. Sie postuliert, dass verschiedene Pflanzenarten sich unter härteren Bedingungen mehr unterstützen und die Konkurrenz sinkt.

In Monokulturen konnten ebenfalls Ansätze dieser „Nachbarschaftshilfe“ gefunden werden, aber nicht so deutlich. In den Gesamterträgen zeigten sich beim Vergleich der Monokulturen mit den Mischkulturen keine signifikanten Anstiege. Lediglich beim Overyielding (der Begriff beschreibt den Ertragszuwachs einer Mischung im Vergleich zu den durchschnittlichen Erträgen von Monokulturen) konnte ein Unterschied festgestellt werden: Pflanzen, die bereits in der dritten Generation zusammen wuchsen, zeigten höhere Erträge als Pflanzen, die erst im letzten Jahr zusammen ausgesät wurden. Dieser Effekt war allerdings nur auf den gedüngten Flächen zu beobachten. Das wiederum steht laut Forscher:innen im Einklang mit anderen Studien, die Overyielding besonders in gedüngten Systemen beobachtet haben.

Angleichungen im Phänotyp

Erkennbar war auch, dass sich die einzelnen Pflanzen in funktionellen Eigenschaften wie Pflanzenhöhe und Blatt-Trockenmasse annäherten. Je länger sie zusammen wuchsen, desto deutlicher war diese Entwicklung. Sowohl in den Monokulturen als auch in den gemischten Kulturen konnten die Forscher:innen einen Trend zu größeren Pflanzen mit schmaleren Blättern beobachten.

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Bei den Anbauversuchen wuchsen einjährige Pflanzenarten, darunter Flachs, über drei Jahre in unterschiedlichen Bedingungen.

Bei den Anbauversuchen wuchsen einjährige Pflanzenarten, darunter Flachs, über drei Jahre in unterschiedlichen Bedingungen.

Bildquelle: © AnRo0002/wikimedia.org; CC0

Die Untersuchungen zeigten insbesondere bei den phänotypischen Eigenschaften der einzelnen Pflanzen (Höhe, Blattgröße) von anderen Studien abweichende Ergebnisse. So wäre eher eine Entwicklung hin zu größeren phänotypischen Unterschieden erwartbar gewesen. Auf diese Weise hätten die verschiedenen Arten ihre speziellen Nischen in der Gemeinschaft besser ausfüllen könnten. Laut der Autor:innen sind die beobachteten Ergebnisse insbesondere zur Blattmasse aber durchaus übereinstimmend mit Untersuchungen, die bei verringerter Konkurrenz der Arten auch eine Angleichung der Blattmasse beobachtet haben.

Möglicherweise war der Untersuchungszeitraum von drei Jahren aber auch zu kurz, um den Pflanzen eine differenziertere Anpassung zu ermöglichen. Die Forscher:innen betonen daher die Notwendigkeit von Langzeitstudien, um die Effekte von Mischkulturen besser erfassen und auswerten zu können.

Was passiert denn auf der genetischen Ebene?

Wechselwirkungen zwischen Pflanzen sind seit langem als eine wichtige Triebkraft für die Dynamik von Pflanzengemeinschaften und für den Ernteertrag bekannt. Überraschenderweise ist das Wissen über die ökologische Genetik, die mit der Variation von Pflanzen-Pflanzen-Interaktionen verbunden ist, nach wie vor stark begrenzt.

Wissenschaftler:innen haben daher jüngst dafür plädiert, bei der Erforschung von Pflanze-Pflanze-Interaktion stärker auf die genetische und molekulare Ebene zu schauen.

Sie sind der Meinung, dass durch die Identifizierung der wichtigsten Beziehungen zwischen phänotypischen Merkmalen und den zugrundeliegenden adaptiven genetischen und molekularen Wegen die Vorhersagen von Genotyp-zu-Genotyp-zu-Umwelt-Interaktionen und die Modellierung produktiver und stabiler Pflanzengemeinschaften verbessert werden.


Quellen:

  • Stefan, L., Engbersen, N. & Schöb, C. (2022): Rapid transgenerational adaptation in response to intercropping reduces competition. In: eLife, (13. September 2022), doi: 10.7554/elife.77577.
  • Becker, C. et al. (2022): The ecologically relevant genetics of plant–plant interactions. In: Trends in Plant Science, (13. September 2022), doi: 10.1016/j.tplants.2022.08.014.

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Titelbild: Im Gemüsegarten schon lange bekannt und vielleicht bald auch auf dem Acker: Mischkultur aus verschiedenen Pflanzenarten. (Bildquelle: © iStock.com / fotokate)