Finanzstrategien als Helfer beim Naturschutz

04.04.2012 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Prairie Pothole Region dient vielen Vogelarten als Brutstätte. (Quelle: © Canon_Bob / Fotolia.com)

Die Prairie Pothole Region dient vielen Vogelarten als Brutstätte. (Quelle: © Canon_Bob / Fotolia.com)

Bei der Erstellung eines effektiven Naturschutzplans ist es wichtig die Folgen klimatischer Veränderungen mit einzubeziehen. Die komplexen Auswirkungen auf die Natur sind jedoch nur schätzbar und verursachen somit ein gewisses Planungsrisiko. Um dieses Risiko besser abschätzen und Schutzmaßnahmen effizienter gestalten zu können, greifen Forscher nun auf Investitionsstrategien aus der Finanzwelt zurück.

Die Folgen des Klimawandels sind in keinster Weise vorhersehbar. Deshalb bleibt der Einfluss der Erderwärmung auf die Artenvielfalt und deren Lebensräume nur schätzbar.

Zwar gibt es immer wieder Versuche mit solchen Unsicherheiten umzugehen, jedoch waren diese bisher nur unzureichend, was ihre konkrete Wirkung angeht. Um besser berechnen zu können, wie lohnenswert Investitionen in den Schutz bestimmter Landschaftsab-schnitte sind, griffen Wissenschaftler nun auf Strategien aus der Finanzwelt zurück. Sie entwickelten ein Risikoplanungsinstrument, das Bezug nimmt auf die moderne Portfoliotheorie. Diese beschäftigt sich mit dem Verhalten bei Investitionen und gibt Handlungsempfehlungen für das optimale Investitionsportfolio. Ziel der Analysen war es, Ungewissheiten bei der Naturschutzplanung zu minimieren.

Dazu simulierten die Forscher in einer Beispielregion mehrere Szenarien um abzuwägen, wie man Prioritäten bei der Investition in den Erhalt dieser gefährdeten Landschaft besser festlegen könnte. Sie entwickelten dabei vier unterschiedliche regionale Klima-Szenarien: Im ersten Fall gingen sie von historischen Bedingungen (ohne Klimaerwärmung) aus. Im zweiten von einer Erwärmung von 2 °C. Im dritten Szenario nahmen sie eine Erwärmung von 4 °C an und im vierten rechneten sie mit 4°C und einer zusätzlichen Niederschlagssteigerung von 10%.

Sie fanden heraus, dass je nach Szenario in andere Regionen investiert werden müsste. Die Wahrscheinlichkeit des Eintreffens der verschiedenen Klimaauswirkungen bedingt somit die Prioritätensetzung. Auf diese Weise konnten die Forscher die Ökosystemleistung pro ausgegebenen US-Dollar um 15% steigern und Unsicherheiten über die Vorteile von Maßnahme um 21% minimieren.

Als Beispiellandschaft diente den Forscher die Prairie Pothole Region (PPR), diese liegt im Norden der Great Plains und schließt Staaten der USA und Kanada mit ein. Für die Studie wurde der über 25 Millionen Hektar große US-Anteil der PPR betrachtet. Hierbei unterteilten die Forscher das Gebiet in drei Subregionen (West, Zentral und Ost). Die Landschaft der PPR zeichnet sich durch ausgedehnte Feuchtgebiete aus, die fast 200 Vogelarten als Brutstätte dienen. Der Schutz dieser Lebensräume (Feuchtgebiete) ist für den Erhalt vieler Arten essentiell. Der US Fish and Wildlife Service (FWS) hat bereits > 1,2 Millionen Hektar in der PPR geschützt. Dabei nutzte der FWS historische Daten über die Standorte der brütenden Wasservögel, um Hinweise für ihre Prioritätensetzung der Erhaltung in der PPR zu erhalten. Diese Vorgehensweise berücksichtigte jedoch nicht die klimatischen Veränderungen, die zukünftig die Landschaft mit verändern könnten.

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Feuchtgebiete, wie die Prairie Pothole Region, sind von großer ökologischer Bedeutung, da sie einer Vielzahl von Pflanzen und Tieren einen Lebensraum bieten. (Quelle: © Sylvia-Verena Michel / pixelio.de)

Feuchtgebiete, wie die Prairie Pothole Region, sind von großer ökologischer Bedeutung, da sie einer Vielzahl von Pflanzen und Tieren einen Lebensraum bieten. (Quelle: © Sylvia-Verena Michel / pixelio.de)

Allgemein sollte bei der Bewertung der Investitionen das Kosten-Nutzen-Verhältnis berücksichtigt werden. Die Erfolge sind größer, wenn man nicht nur die entstandenen Kosten, sondern das Verhältnis zwischen Ausgaben und Nutzen bedenkt. Die gezielte Investition in den Schutz bestimmter Landabschnitte, wie sie in dieser Studie getestet wurde, ist effizienter als die einfache Diversifikation. Unter Diversifikation versteht man in der Finanzwelt die Risikominimierung durch Verteilung des Kapitals auf unterschiedliche Anlageformen, anstelle von einer Einzelanlage. Das Risiko eines möglichen Totalverlustes wird somit reduziert. Übertragen auf den Naturschutz würde das bedeuten, dass man in unterschiedliche, räumlich voneinander entfernte Landabschnitte investiert, um keinen schützenswerten Landschaftsabschnitt zu vergessen. Dieses Gießkannenprinzip ist zwar sinnvoll, um Risiken zu vermeiden, jedoch der hier vorgestellten Methode, im Hinblick auf die gezielte Erhöhung der Ökosystemleistung, unterlegen. Vor allem in großen Gebieten, bei denen es zu negativen Korrelationen zwischen einzelnen Maßnahmen kommen kann, ist die gezielte Abschätzung der Risiken zielführender. Die Gegen- und Schutzmaßnahmen müssen dessen ungeachtet frühzeitig ergriffen werden, um signifikante positive Effekte zu generieren.

Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass die derzeitigen Schutzmaßnahmen in der PPR bereits optimal sind, wenn es zu keiner Klimaveränderung (historische Bedingungen) kommen würde. Da dies jedoch sehr unwahrscheinlich ist, sollten Naturschutzgebiete verlagert werden. Sieht man den Klimawandel als wahrscheinlich an, sollten konkret die Naturschutzgebiete im Westen der PPR reduziert und die zentral und östlich gelegenen erweitert werden. Bedenkt man zudem die unterschiedlichen Landpreise in den Subregionen, kann man daraufhin den Lebensraum in der PPR kostengünstig schützen.

Diese Methode könnte auch auf andere Regionen zum effektiven Naturschutz angewendet werden. So könnte man durch dieses Planungsinstrument besser abschätzen, welche Teilgebiete sinnvollerweise geschützt werden sollten und Risiken minimieren. Jedoch wird diese sachliche, mathematische Herangehensweise auf manche abschreckend wirken. Landschaften oder Arten einen rationalen und vergleichbaren Wert beizumessen, könnte bei einigen Ökologen auf Unverständnis stoßen. Neue Verteilungsprinzipien, die auf rationaler Basis entstanden sind und eine gewinnmaximierende Denkweise könnten ideologische Konflikte auslösen. Bedenkt man jedoch die, bedingt durch den Klimawandel, geringer werden Haushaltsmittel für Schutzmaßnahmen pro Schutzgebiet, dann wird eine zieloptimierte Förderung notwendig.

Das Risikoplanungsinstrument dieser Studie bedarf andererseits eines fundierten Wissens über die untersuchte Region, die Risikofaktoren und die Effekte, die sich daraus ergeben können. Da dies oft aber nicht vorausgesetzt werden kann, sind eine gründliche Vorarbeit und weitere Forschung notwendig.


Quelle:
Ando, A.W., Malloy, M.L. (2012): Optimal portfolio design to reduce climate-related conservation uncertainty in the Prairie Pothole Region. In: PNAS, 26 März 2012, 158: 561-569, doi: 10.1073/pnas.1114653109.

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