Weltweit Produktivität von Naturschutzgebieten unter die Lupe genommen

19.05.2011 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Haben Naturschutzgebiete einen globalen Nutzen? (Quelle: © Erich Westendarp / pixelio.de)

Haben Naturschutzgebiete einen globalen Nutzen? (Quelle: © Erich Westendarp / pixelio.de)

Die weltweite Analyse der Pflanzenproduktivität verschiedenartiger Naturschutzgebiete und deren Umgebung über ein viertel Jahrhundert bestätigte deren globalen ökologischen Nutzen sowohl für den Erhalt der biologischen Vielfalt als auch deren Produktivität.

In dem Versuch, ökologische Vielfalt zu erhalten, wurde bis heute ein Achtel der gesamten Erdoberfläche (etwa 12%) zu Naturschutzgebieten erklärt.  Im Vergleich dazu werden über 40 Prozent, also knapp die Hälfte der eisfreien Fläche weltweit landwirtschaftlich genutzt. Einerseits sind die Kosten für Auswahl, Einrichten und Management der weltweit über 100.000 Naturschutzgebiete relativ hoch, andererseits stehen diese Gebiete für andere Landnutzungszwecke nicht mehr oder nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Daher ist nicht nur die Frage nach dem Beitrag von Naturschutzgebieten zum Erhalt biologischer Vielfalt sondern auch die Frage nach dem Einfluss auf die Produktivität benachbarter Gebiete von großer Bedeutung.

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Bewaldete Naturschutzgebiete zeigen eine höhere Produktivität als ihre Umgebung (Quelle: © Joujou / pixelio.de).

Bewaldete Naturschutzgebiete zeigen eine höhere Produktivität als ihre Umgebung (Quelle: © Joujou / pixelio.de).

In zahlreichen Studien wurden sowohl regional als auch global Merkmale von Biodiversität in Naturschutzgebieten sowie deren Erhalt über einen bestimmten Zeitraum untersucht. Die Aussagekraft solcher Studien ist oftmals begrenzt, da Funktionen und Dienstleistungen dieser Ökosysteme nicht mit erfasst wurden.

Erstmals Naturschutzgebiete als globale Systemleistung betrachtet

Ein internationales Forscherteam hat nun erstmals die Pflanzenproduktivität von Naturschutzgebieten als eine deren wichtigsten ökologischen Funktionen und Dienstleistungen als globale Systemleistung betrachtet und untersucht. Über 25 Jahre (1982-2006) analysierten und verglichen die Wissenschaftler die Produktivität der Pflanzen im Inneren, in den Grenzgebieten und in der Umgebung von insgesamt 1015 Naturschutzgebieten. Ein Auswahlkriterium für die in die Studie eingeflossenen Gebiete war, dass diese mit einer Mindestgröße von 500 Quadratkilometern recht große Ausmaße aufweisen mussten, sodass sowohl räumliche als auch temporäre Vergleiche möglich waren.

Die Pflanzenproduktivität wurde mit dem sogenannten „normalized difference vegetation index (NDVI)“ gemessen, der auf der Basis von Satellitenbilddaten errechnet wird. Dabei werden die von der Erdoberfläche reflektierten Sonnenstrahlen im roten und nahinfraroten Bereich erfasst. Diese Wellenlängen geben Auskunft über die Menge von Chlorophyll und damit über die Pflanzenproduktivität, das heißt, wie effektiv im gemessenen Bereich Kohlendioxid und Wasser zu Biomasse umgebaut wird.

Im Durchschnitt liegt die Produktivität im Naturschutzgebiet höher als außerhalb

Die Ergebnisse zeigten, dass der NDVI, also die Pflanzenproduktivität, während der beobachteten 25 Jahre im Durchschnitt innerhalb der Naturschutzgebiete um 1,6 Prozent höher lag als außerhalb. Allerdings variierten die Ergebnisse stark, wenn die Art der Vegetation betrachtet wurde. So lag die Produktivität innerhalb bewaldeter Naturschutzgebiete deutlich öfter gleich (41,8%) oder höher (43,6%) als in den sie umgebenden Gebieten. In unbewaldeten Naturschutzgebieten war das Gegenteil der Fall, das heißt die außerhalb liegenden Gebiete wiesen häufiger eine gleiche (38,3%) oder höhere (38,7%) Produktivität auf als das Gebiet selbst.

Möglicherweise, so die Forscher, resultieren die niedrigeren NDVI-Werte im Inneren unbewaldeter Gebiete aus einer erhöhten Pflanzenproduktivität in der Umgebung aufgrund des Einsatzes von   z. B. Bewässerung oder Düngung.

Insgesamt nahm die jährliche Produktivität in den Naturschutzgebieten, deren Grenzen und in deren Umgebung im Laufe von 25 Jahren um etwa 2,3 Prozent zu. Das Verhältnis der Produktivität im Inneren von Naturschutzgebieten zu deren Umgebung blieb dagegen über den langen Zeitraum nahezu konstant. Allerdings war das Niveau des NDVI im weniger produktiven Inneren unbewaldeter Schutzgebiete 2006 höher als 1982 in deren produktiveren Umgebung. Die Gründe für diese Zunahme sehen die Wissenschaftler vor allem in der Stickstoffanreicherung und steigenden Kohlendioxidwerten, in vermehrter Düngung und dem Klimawandel. Damit wird deutlich, dass der Ansatz der Wissenschaftler richtig war: die Produktivität von Naturschutzgebieten darf nicht einzeln betrachtet werden, sondern sollte immer im globalen Zusammenhang gesehen werden.

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Die Produktivität landwirtschaftlich genutzter Umgebungsgebiete stehen in Konkurrenz zur Produktivität von Naturschutzgebieten (Quelle: © Dieter Schütz / pixelio.de).

Die Produktivität landwirtschaftlich genutzter Umgebungsgebiete stehen in Konkurrenz zur Produktivität von Naturschutzgebieten (Quelle: © Dieter Schütz / pixelio.de).

Landwirtschaftliche Veränderungen rund um Naturschutzgebiete ändern das Verhältnis

Über einen Zeitraum von 25 Jahren wurde die effektive Produktivität der Pflanzen innerhalb und außerhalb der Naturschutzgebiete durchschnittlich gleichmäßig erhalten. Allerdings wuchs im gleichen Zeitraum die Weltbevölkerung um etwa 45 Prozent, was zu substantiellen Veränderungen der globalen Landnutzung geführt hat. Die damit verbundene größere Nahrungsnachfrage hat einerseits die landwirtschaftliche Nutzung bestehender Flächen verändert. Verstärkter Einsatz von Düngemitteln, Pestiziden, Bewässerung und Maschinen hat die Flächen und die Produktivität rund um verschiedene Naturschutzgebiete verändert. Andererseits hat die Nachfrage nach weiteren landwirtschaftlich nutzbaren Flächen zu Abholzungen rund um einige Schutzgebiete geführt. In den Schutzgebieten selbst blieben die Bedingungen dagegen gleich. Daher wurde in einigen Schutzgebieten auch deutliche Veränderungen im Verhältnis der Produktivität innerhalb und außerhalb festgestellt.

Naturschutzgebiete als weltweites System haben positive Effekte

Die Ergebnisse bestätigen grundsätzlich die Schlussfolgerungen früherer, lokal angelegter Studien, die Einrichtung und Erhaltung von Naturschutzgebieten hätten einen positiven Effekt auf die Pflanzenproduktion innerhalb und auch außerhalb der eigentlichen Gebiete. Global betrachtet kommt Naturschutzgebieten daher für den Erhalt biologischer Vielfalt sowie der Produktion von Biomasse eine große Bedeutung zu. Einzelne Schutzgebiete werden dem Vergleich mit ihrer landwirtschaftlich genutzten Umgebung in Bezug auf die Produktivität im Laufe der Zeit jedoch nicht Stand halten können.


Quelle:

Zhiyao Tang et al. (2011). Effectiveness of Protected Areas in Maintaining Plant Production. PLoS ONE, Vol 6, Issue 4, e19116, doi: 10.1371/journal.pone.0019116

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Titelbild: Haben Naturschutzgebiete einen globalen Nutzen? (Quelle: © Erich Westendarp / pixelio.de)