Vielfalt schützt

Biologische Vielfalt hilft Ökosystemen klimatische Extremereignisse abzufedern

26.10.2015 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Forscher untersuchten den Effekt von Artenvielfalt auf klimatische Extremereignisse: Hier werden extreme Trockenzeiten im Ökologisch-Botanischen Garten der Universität Bayreuth simuliert. (Bildquelle: © Anke Jentsch)

Forscher untersuchten den Effekt von Artenvielfalt auf klimatische Extremereignisse: Hier werden extreme Trockenzeiten im Ökologisch-Botanischen Garten der Universität Bayreuth simuliert. (Bildquelle: © Anke Jentsch)

Forscher untersuchen die Auswirkungen von biologischer Vielfalt auf Ökosysteme in klimatischen Stresssituationen.

Die Sicherung von Ökosystem-Dienstleistungen und damit der landwirtschaftlichen Produktivität ist eines der wichtigsten Ziele der Zukunft. Dem entgegen stehen Probleme wie zum Beispiel Artensterben, Bodenübernutzung, Wassermangel oder Trockenperioden durch das sich verändernde Klima. Um die Produktivität zu erhalten, ist es von großer Bedeutung, die betreffenden Ökosysteme intakt zu halten. Ein wichtiger Faktor für intakte Ökosysteme ist ihre Biodiversität. Allerdings war bisher nicht klar, inwieweit Biodiversität zur Stabilität von Ökosystemen beitragen kann, zum Beispiel, wenn sie mit klimatischen Extremereignissen zurechtkommen müssen. Das hat ein internationales Forscherteam unter der Beteiligung deutscher Forscher - u. a. des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig, der Universität Bayreuth und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) - jetzt in einer neuen Studie beispielhaft für Grasland-Ökosysteme untersucht.

Biodiversität und Artenvielfalt

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In Jena wird in verschiedenen Graslandexperimenten die Biodiversität untersucht. Auch von diesem sogenannten

In Jena wird in verschiedenen Graslandexperimenten die Biodiversität untersucht. Auch von diesem sogenannten "Jena Experiment" floßen Daten in die Analysen der Forscher ein.

Bildquelle: © Jena Experiment

Die Biodiversität oder biologische Vielfalt umfasst gemäß der Definition der „Convention on Biological Diversity“ (CBD) die Vielfalt von Arten, die Vielfalt innerhalb der Arten (genetische Vielfalt), die Vielfalt der Ökosysteme sowie die Vielfalt der Ökosystemfunktionen. Eine Zerstörung dieser Biodiversität wird laut Konvention als eine der größten Bedrohungen der Menschheit angesehen. Der oftmals in diesem Zusammenhang genutzte Begriff der Artenvielfalt beschreibt den Reichtum an Arten, also im engeren Sinne die Vielfalt an verschiedenen Lebewesen innerhalb eines Systems. In der vorliegenden Studie wurden als Indikator für Veränderungen des Ökosystems die verschiedenen Pflanzenarten von Grasländern erfasst und ausgewertet.

Biodiversität als Ökosystem-Stabilisator?

Inwieweit eine hohe Biodiversität ein Ökosystem stabilisieren kann, ist bisher nicht eindeutig geklärt worden. Die Stabilität eines Ökosystems hängt unter anderem mit seiner Widerstandskraft gegen Störungen (Resistenz) und seinem Erholungsvermögen (Elastizität, Resilienz) nach einer Störung zusammen. Inwieweit Biodiversität zu einer Stabilisierung eines Ökosystems in diesem Sinne beitragen kann, ist Gegenstand intensiver Forschung und Diskussion.

Darum untersuchten die Forscher in ihrer neuen Studie den Einfluss von Biodiversität auf die Widerstandskraft und das Erholungsvermögen von Grasland-Ökosystemen nach klimatischen Extremereignissen. Dazu beobachteten sie über 20 Jahre hinweg 46 Flächen auf Grasländern in Europa und Nordamerika mit unterschiedlicher Artenvielfalt. Jedes abgelaufene Jahr wurde auf einer speziellen Skala einem Klimawert zugeordnet (extrem trocken/nass, gemäßigt trocken/nass oder normal). Sie kamen so insgesamt auf 18 sehr trockene, 32 mäßig trockene, 37 mäßig nasse, 21 extrem nasse und 87 normale Jahre. Für alle Flächen wurden jedes Jahr die Veränderungen der Arten und der Biomasse erfasst.

Biologische Vielfalt schützt vor Produktionseinbrüchen

Die Forscher konnten beobachten, dass Flächen mit nur ein bis zwei Arten bei klimatischen Extremereignissen einen Produktivitätseinbruch von bis zu 50 Prozent erlitten, während artenreichere Flächen (16 bis 32 Arten) nur Produktivitätseinbußen von maximal 25 Prozent aufwiesen. Ein Jahr nach dem Klimaereignis konnten die Forscher sowohl bei den artenarmen als auch den artenreichen Flächen eine deutliche Erholung oder sogar ein Übertreffen der vorherigen Produktion feststellen. Nach besonders nassen Jahren konnten sich artenarme Flächen sogar minimal besser erholen als artenreiche. Unterm Strich hatte die biologische Vielfalt daher nicht den erwarteten signifikanten Effekt auf das Erholungsvermögen der Flächen.

Dennoch zeigt die Studie eindrucksvoll, dass eine höhere biologische Vielfalt die Widerstandskraft von Ökosystemen gegen extreme Klimaereignisse stärken kann. Daher wird sie möglicherweise auch den oft in diesem Zusammenhang erwähnten Ökosystem-Dienstleistungen zugute kommen. Da im Zuge des Klimawandels klimatische Extremereignisse weiter zunehmen werden, betonen die Forscher, wie wichtig es ist, die biologische Vielfalt innerhalb der Ökosysteme zu erhalten und zu fördern. Nur so können wir unsere natürlichen Produktionsstätten für die Zukunft rüsten.


Quelle:
Isbell, F. et al. (2015): Biodiversity increases the resistance of ecosystem productivity to climate extremes. In: Nature 526, (22. Oktober 2015), doi: 10.1038/nature15374.

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Titelbild: Forscher untersuchten den Effekt von Artenvielfalt auf klimatische Extremereignisse: Hier werden extreme Trockenzeiten im Ökologisch-Botanischen Garten der Universität Bayreuth simuliert. (Bildquelle: © Anke Jentsch)