Ganz ohne Zellkultur

Transposons helfen beim Verständnis von Genfunktionen

18.05.2017 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Als sich Barbara McClintock in den 1940er Jahren über Maiskolben mit buntgesprenkelten Körnern beugte, ahnte noch niemand, dass die Wissenschaftlerin die springenden Gene entdecken würde. (Bildquelle: © iStock.com/LouisDiBacco)

Als sich Barbara McClintock in den 1940er Jahren über Maiskolben mit buntgesprenkelten Körnern beugte, ahnte noch niemand, dass die Wissenschaftlerin die springenden Gene entdecken würde. (Bildquelle: © iStock.com/LouisDiBacco)

Wissenschaftler haben mit Hilfe eines Transposons die Funktion des Gens dek38 entschlüsselt. Es kodiert das hochkonservierte Co-Chaperon TTI2. Der Einsatz von Transposons bei der Gen-Funktionsanalyse ist für Labore interessant, die den Aufwand der Genom Editierung nicht bewerkstelligen können.

Als sich Barbara McClintock in den 1940er Jahren über Maiskolben mit buntgesprenkelten Körnern beugte, ahnte noch niemand, dass die Wissenschaftlerin etwas ganz Großem auf der Spur war. McClintock war dabei zu entdecken, dass das Genom keineswegs statisch war, sondern ständigen Änderungen unterworfen.

Die amerikanische Wissenschaftlerin gilt als die Entdeckerin der springenden Gene, Transposons genannt. Besonders bei Stress verlassen Transposons ihren angestammten Ort in der DNA und springen an einen anderen Platz. Für gewöhnlich legen sie dabei nur kurze Entfernungen zurück. Landen sie dabei innerhalb eines Gens, stören sie dessen normale Funktion. Der Phänotyp des Organismus ändert sich.

Körner blieben klein und runzlig

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In Maiskolben wurden die springenden Gene, Transposons genannt, einst entdeckt. Heute helfen Transposons Wissenschaftlern dabei, die Funktion von Genen aufzuklären.

In Maiskolben wurden die springenden Gene, Transposons genannt, einst entdeckt. Heute helfen Transposons Wissenschaftlern dabei, die Funktion von Genen aufzuklären.

Bildquelle: © iStock.com/DNY59

Diesen Umstand können Wissenschaftler zur Funktionsanalyse von Genen nutzen. So wie die Arbeitsgruppe um Joachim Messing. Bei einigen ihrer Maispflanzen fanden sie wesentlich kleinere, verschrumpelt aussehende Körner mit unterentwickeltem Endosperm und nicht lebensfähigem Embryo. Grund dafür war ein Defekt im Gen dek38. Ein Transposon hatte sich mitten in das Gen gesetzt und es somit ausgeschalten.

„Transposons sind ein wichtiges Werkzeug zur Erforschung von Genfunktionen in Pflanzen“, schreiben die Wissenschaftler um Joachim Messing in Ihrer Veröffentlichung. Denn alternative Methoden zur Ausschaltung einzelner Genen - etwa die Anwendung der Genschere CRISPR/Cas - ist nach wie vor mit größerem Aufwand verbunden.

Funktionsanalyse mit Transposons

Für die Erzeugung von Mutationen mit Hilfe von Transposons braucht man hingegen nicht mehr als ein Gewächshaus oder ein Versuchsfeld sowie die Möglichkeit zur manuellen Bestäubung. Gerade Labore ohne etablierte Gewebekulturtechniken können davon profitieren. Zudem kann man bei Pflanzen leicht Hunderte Nachkommen generieren, in denen Transposons jeweils unterschiedliche Gene ausschalten können.

Für ihre Experimente hatten die Wissenschaftler das herkömmliche Mais-Transposon Ds an das Gen für das grünfluoreszierende Protein gekoppelt. Dank dieses Anhängsels konnten die Wissenschaftler sehen, in welchen Maiskörnern ihr neues Transposonkonstrukt Dsg heterozygot vorhanden war. Körner mit einem funktionalen dek38-Gen und einem von Dsg gestörten entwickelten sich zwar normal, leuchteten aber im Blaulicht schwach grün. Hatte Dsg beide Allele von dek38 gestört, zeigten die Körner einen schrumpeligen Phänotyp.

Co-Chaperon mit wichtiger Aufgabe

Dek38 kodiert das Protein TTI2. Es handelt sich dabei um ein Co-Chaperon, also ein Protein, das anderen bei der korrekten Faltung hilft. Gemeinsam mit zwei anderen Co-Chaperonen, TTI1 und TEL2, bildet es den sogenannten TTT-Komplex. Dieser Proteinkomplex reguliert die Reparatur von DNA-Schäden. Er ist bisher hauptsächlich in Tieren untersucht. Dort verbessert er die Überlebenschancen bei Tumoren. TTT ist dadurch ein möglicher Angriffspunkt, um stressresistentere Pflanzen zu züchten.

Pflanzen mit defektem dek38-Gen zeigten außerdem geringer Raten von Pollenübertragung. TTI2 scheint also auch bei der männlichen Fortpflanzungsbiologie eine Rolle zu spielen.

Rückfälle sind besonders interessant

Wenn Transposons sich selbst aus dem Genom ausschneiden und an anderer Stelle wieder einfügen, so geschieht das meist ohne Rückstände. Springen sie aus einem Gen in einen nicht-kodierenden DNA-Bereich, dann normalisiert sich auch der Phänotyp. Es kann aber auch vorkommen, dass die Transposons einen Fußabdruck in Form von einigen DNA-Basen im Gen zurücklassen.

Dadurch ergeben sich entweder Verschiebungen im Leseraster, sogenannte frameshift-Mutationen, oder es werden zusätzliche Aminosäuren in das Protein eingefügt. Das kann Vorteile oder Nachteile haben. Andere Wissenschaftler haben gezeigt, dass das Mais-Allel shrunken2, um zwei Aminosäuren verlängert, zu einem erhöhten Korngewicht führt.


Quelle:
Garcia, N. et al. (2017): Maize defective kernel mutant generated by insertion of a Ds element in a gene encoding a highly conserved TTI2 cochaperone. In: PNAS, (5. April 2017), doi: 10.1073/pnas.1703498114.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Als sich Barbara McClintock in den 1940er Jahren über Maiskolben mit buntgesprenkelten Körnern beugte, ahnte noch niemand, dass die Wissenschaftlerin die springenden Gene entdecken würde. (Bildquelle: © iStock.com/LouisDiBacco)