Hilfe bei Bedarf

Bodenbakterien können Pflanzen mit Eisen versorgen

17.11.2020 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Über Wurzeln nehmen die Pflanzen Nährstoffe auf. Dabei bekommen sie in Notsituationen auch Hilfe von Bakterien. (Bildquelle: © iStock.com/Ralf Geithe)

Über Wurzeln nehmen die Pflanzen Nährstoffe auf. Dabei bekommen sie in Notsituationen auch Hilfe von Bakterien. (Bildquelle: © iStock.com/Ralf Geithe)

Für ein gesundes Wachstum brauchen Pflanzen ausreichend Nährstoffe. Doch gerade Eisen ist im Boden oft für Pflanzen kaum zugänglich. Mit einem Signalmolekül können Pflanzen bei Mikroorganismen „um Hilfe bitten“, damit diese ihnen den Nährstoff zur Verfügung stellen.

Genau wie wir Menschen leben auch Pflanzen mit zahlreichen Mikroorganismen zusammen. Besonders die Pflanzenwurzeln sind von einer diversen Gemeinschaft von „guten“ Mikroben besiedelt. Diese Bakterien schützen die Pflanzen vor Pathogenen und verbessern die Bioverfügbarkeit wichtiger Nährstoffe.

Gerade Eisen ist ein wichtiger Nährstoff, der als Katalysator für viele pflanzliche Prozesse wie die Photosynthese gebraucht wird. Weltweit führt ein Eisenmangel auf etwa 30 Prozent des Agrarlands zu Ernteverlusten und einem verringerten Eisengehalt im Erntegut.

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Für gute Erträge brauchen Pflanzen ausreichend Eisen, doch das ist in vielen Böden unlöslich und nur schlecht für die Pflanzen verfügbar.

Für gute Erträge brauchen Pflanzen ausreichend Eisen, doch das ist in vielen Böden unlöslich und nur schlecht für die Pflanzen verfügbar.

Bildquelle: © iStock.com/martb

Es war bereits vermutet worden, dass die Mikroben den Pflanzen helfen können, wenn die Nährstoffsituation im Boden sich verschlechtert. Bisher war jedoch unklar, ob und wie Pflanzen „ihr“ Mikrobiom auch aktiv beeinflussen können. Ein Team aus Wissenschaftlern um Paul Schulze-Lefert vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln hat jetzt herausgefunden, dass Pflanzen durch Sekretion von Cumarinen die Bodenbakterien dazu anregen können, gebundenes Eisen für die Pflanzen verfügbar zu machen.

Böden aus Köln und Italien

Für ihre Experimente nutzten die Wissenschaftler zwei verschiedene Böden. Einmal einen Kölner Boden mit leicht saurem pH-Wert (6,5) und damit guter Eisenverfügbarkeit für die Pflanzen. Zum anderen einen leicht alkalischen Boden (pH-Wert 7,5) von einem italienischen Weingut, der auch große Mengen Kalk (CaCO3) enthält. Diese Konstellation reduziert die Eisenverfügbarkeit für Pflanzen signifikant, obwohl der Boden eigentlich ausreichende Mengen an Eisen enthält. Denn die Löslichkeit der Eisenoxide nimmt mit zunehmendem pH-Wert drastisch ab, und zwar um das 100–1000-fache pro pH-Einheit.

Auf beiden Böden ließen sie die Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) wachsen. Neben dem Wildtyp kamen auch Mutanten zum Einsatz, die in der Synthese oder dem Export von Cumarinen beeinträchtigt waren. Auf dem Boden mit guter Eisenverfügbarkeit zeigten sich keine Unterschiede im pflanzlichen Wachstum. Beim italienischen Boden jedoch wuchsen die Pflanzen, die die Cumarine Scopoletin oder Fraxetin nicht herstellen konnten, deutlich langsamer und hatten einen geringeren Chlorophyllgehalt. Beides Symptome von Eisenmangel.

Cumarine als pflanzliches SOS-Signal

Die Erklärung ist naheliegend: Scopoletin und Fraxetin werden durch Transporter aus den Wurzelzellen hinaus transportiert und können Eisenverbindungen, die in wasserunlöslichen Speichern gebunden sind, mobilisieren. Doch darüber hinaus beeinflussen sie auch die bakterielle Gemeinschaft und regen sie dazu an, zusätzlich Eisen für die Pflanze verfügbar zu machen. Die Cumarine sind also eine Art pflanzliches SOS-Signal, wenn der Eisenmangel zu groß wird.

Als nächstes ließen die ForscherInnen die Pflanzen nicht auf natürlichem Boden, sondern auf Agar wachsen. Hier konnten sie den Gehalt an freiem und gebundenem Eisen im Nährmedium genau vorgeben. Einige Pflanzen mussten ohne Bakterien auskommen, andere Nährmedien enthielten eine synthetische Bakteriengemeinschaft (SynCom) als Helferlein. Es zeigte sich, dass diese Bakterien nur dann den Pflanzen zu besserem Wachstum verhalfen, wenn das Eisen im Agar wasserunlöslich gebunden war. War das Eisen frei verfügbar, so zeigten sich keine Unterschiede bei den Pflanzen. Ein Test mit einzelnen Bakterienstämme kam zu dem Ergebnis, dass zahlreiche unterschiedliche Bakterienarten daran beteiligt sind, den Pflanzen mit Eisen auszuhelfen.

Diese Ergebnisse sind ein erster Schritt auf dem Weg dahin, das Potenzial von Bodenbakterien für eine verbesserte pflanzliche Ernährung gezielt nutzbar zu machen. Vielleicht könnte somit in Zukunft der Einsatz von synthetischen Düngemitteln reduziert, Erträge gesteigert oder der Eisengehalt der Ernteguts erhöht werden. Das würde am Ende auch der menschlichen Ernährung zu Gute kommen.


Quelle:
Harbort, C.J. et al. (2020): Root-Secreted Coumarins and the Microbiota Interact to Improve Iron Nutrition in Arabidopsis. In: CellHost & Microbe, (online 6. Oktober 2020), doi: 10.1016/j.chom.2020.09.006.

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Titelbild: Über Wurzeln nehmen die Pflanzen Nährstoffe auf. Dabei bekommen sie in Notsituationen auch Hilfe von Bakterien. (Bildquelle: © iStock.com/Ralf Geithe)