Kuriose Pflanzenwelt: Rafflesien

Tropische Diebe mit Leichengeruch und Riesenblüte

25.05.2021 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Rafflesien sind Vollschmarotzer: Sie leben ausschließlich auf Kosten Ihrer Wirte. (Bildquelle: © iStock.com/mazzzur)

Rafflesien sind Vollschmarotzer: Sie leben ausschließlich auf Kosten Ihrer Wirte. (Bildquelle: © iStock.com/mazzzur)

Rafflesien sind selten, aber dafür „extrem“: Sie haben riesige Blüten – mehr als ein Meter Durchmesser und über zehn Kilogramm schwer. Und sie riechen nach Aas. Doch das ist längst nicht alles: Es sind Vollschmarotzer, die ihren Wirten nicht nur Nährstoffe, sondern teilweise auch die Gene klauen!

Man kennt über 20 Arten der Gattung Rafflesia, die nach dem britischen Forscher und Staatsmann Sir Thomas Stamford Raffles benannt wurde. Der Gründer von Singapur entdeckte die seltenen Pflanzen gemeinsam mit dem Naturforscher Joseph Arnold. Die Art Rafflesia arnoldii würdigt mit ihrem Namen sogar beide Entdecker.

Die vor allem in Malaysia, Indonesien und den Philippinen heimischen Pflanzen findet man selten. Mindestens eine Art (R. magnifica) ist vom Aussterben bedroht – sie steht auf der Roten Liste der bedrohten Arten der IUCN. Aber wenn man sie findet, dann kann man sie weder übersehen noch „überriechen“. Denn sie stinken nach verfaultem Fleisch.

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Rafflesien blühen nur vier bis sieben Tage lang und müssen in dieser Zeit ihr Überleben sichern. Ihre Taktik: Sie imitieren den Geruch von verfaulendem Fleisch, um Bestäuber anzulocken.

Rafflesien blühen nur vier bis sieben Tage lang und müssen in dieser Zeit ihr Überleben sichern. Ihre Taktik: Sie imitieren den Geruch von verfaulendem Fleisch, um Bestäuber anzulocken.

Bildquelle: © iStock.com / hugy

Wozu der Gestank?

Der übelriechende Gestank der Pflanzen lockt Bestäuber an. Schmeißfliegen lieben sie! Das ist auch nötig. Denn sie blühen nur wenige Tage und müssen mit allen Mitteln in dieser kurzen Zeit auf sich aufmerksam machen. Ihre rötlich bis violettbraunen Blüten sind gigantisch groß. Das größte bisher entdeckte Exemplar, eine Rafflesie der Art R. arnoldii, hatte einen Blütendurchmesser von stolzen 111 Zentimetern – ein Rekord, der die Pflanze ins Guinness-Buch der Rekorde (2020) brachte.

Riesenblüten und Gestank dürften Leser:innen vielleicht auch schon von einer anderen kuriosen Pflanze kennen: Die Titanwurz (Amorphophallus titanum). Beide Pflanzen werden auch gerne als „Leichenblumen“ tituliert. Eine weitere Besonderheit der Rafflesien: Sie besitzen weder Blätter noch Sprossachsen und betreiben keine Photosynthese.

Wie können Sie ohne Photosynthese überleben?

Denn Rafflesien sind Vollschmarotzer. Das bedeutet, sie leben ausschließlich auf Kosten ihres Wirtes. Dabei wachsen sie fast komplett im Wirt – bis auf die Blüte, die erscheint in voller Pracht oben auf der Wirtspflanze. Als Wirte dienen Rafflesien Kletterpflanzen der Gattung Tetrastigma, die ebenfalls in Asien heimisch sind. Die parasitäre Pflanze stibitzt sich von ihrem Wirt alle benötigten Nährstoffe und Wasser.

Warum sind Rafflesien für Pflanzenforscher:innen interessant?

Studien haben gezeigt, dass Gene auch zwischen unterschiedlichen Pflanzenarten „springen“ können. Man bezeichnet dieses Phänomen allgemein als horizontalen Gentransfer. Insbesondere parasitäre Pflanzen und ihre Wirte sind aufgrund ihrer engen Bindung dafür prädestiniert und werden daher genau erforscht.

Eine Studie an der Art Rafflesia cantleyi Solms-Laubach belegte erstmals, dass der Parasit im Laufe der Evolution mehrere Gene von seinem Wirt übernommen hat (Xi et al., 2012). Die „gestohlenen“ Gene sind zuständig für wichtige Zellfunktionen und ermöglichen es dem Schmarotzer, sich besser an den Wirt anzupassen – hier nachzulesen. Doch auch andere natürliche Gen-Übertragungen sind im Pflanzenreich bekannt: So fand man in Süßkartoffeln genetisches Material von Agrobakterien (Kyndt et al., 2015). Mehr dazu gibt es hier.


Quellen:

  • Xi, Z. et al. (2012): Horizontal transfer of expressed genes in a parasitic flowering plant. In: BMC Genomics 2012, 13:227, online, (8. Juni 2012), doi: 10.1186/1471-2164-13-227.
  • Encyclopaedia Britannica: Rafflesiaceae, (abgerufen am 18.05.2021).

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Rafflesien sind Vollschmarotzer: Sie leben ausschließlich auf Kosten Ihrer Wirte. (Bildquelle: © iStock.com/mazzzur)