Mit phytoregulatorischen Substanzen die Erträge sichern
Wie das funktioniert, erklärte Dr. Pascal von Koskull-Döring, Forschungsgruppenleiter bei Bayer CropScience der Redaktion von Pflanzenforschung.de.
Bevor er bei Bayer CropScience das Gabi-Projekt „Bioregulators“ leitete, hatte er eine Juniorprofessur für molekularen Zellbiologie an der Johann-Wolfgang Goethe Universität in Frankfurt am Main inne, wobei der Forschungsschwerpunkt seiner Arbeitsgruppe bereits darin lag, die molekularen Reaktionen von Pflanzen auf abiotischen Stress zu verstehen.
Pflanzenforschung.de: Was fasziniert Sie am Forschungsgebiet „abiotischer Stress bei Pflanzen“?
Dr. von Koskull-Döring: Vereinfacht ausgedrückt können Pflanzen nicht weglaufen, wenn sich die Umweltbedingungen zu ihrem Nachteil verändern. Dafür haben sie andere Systeme entwickelt, um mit Stressfaktoren wie Trockenheit oder Kälte umzugehen. Mich fasziniert besonders das ausgeklügelte System, das eine Stressantwort und Schutzmechanismen in der Pflanze auslöst.
Pflanzenforschung.de: Worin liegt die Besonderheit dieses Projektes?
Dr. von Koskull-Döring: Das Besondere an diesem Projekt ist sowohl die Ausgangssituation als auch das Ziel. Alle getesteten Substanzen sind bereits bekannt und werden mit bestimmten Wirkspektren eingesetzt. Dass manche dieser registrierten Pflanzenschutzmittel auch die Stresstoleranz von Pflanzen positiv beeinflussen, wurde zunächst sporadisch im Feld beobachtet. Wenn wir durch unsere systematische Analyse in diesem Projekt verstehen, wie diese Substanzen die Stresstoleranz von Pflanzen steigern, können wir Testsysteme entwickeln, die es erlauben im Hochdurchsatz eine Auswirkung auf die Stresstoleranz unabhängig von einer Wirkung gegenüber Insekten oder Pilzerregern zu prüfen. Die gefundenen Substanzen könnten den Ernteertrag in der durch Klimaveränderungen zunehmend bedrohten Landwirtschaft sichern helfen.
Pflanzenforschung.de: Wie sind Sie vorgegangen, um diese Substanzen zu testen?
Dr. von Koskull-Döring: Zunächst haben wir systematisch untersucht, ob verschiedene Pflanzenschutzmittel überhaupt positive Nebeneffekte aufweisen. Dazu benutzen wir eine di- und eine monocotyle Modellpflanze, nämlich Arabidopsis und Reis. Diese Pflanzen haben wir in Laborversuchen experimentellen Stressbedingungen ausgesetzt (Trockenheit, Kälte, Salz). Zeigte eine Substanz einen positiven Effekt auf die Stresstoleranz einer Pflanze, haben wir mit systembiologischen Methoden (Transkriptom, Proteom, Metabolom) versucht, die molekularen Grundlagen dieses Effektes aufzudecken.
Als Industriepartner sind wir natürlich daran interessiert, unsere Erkenntnisse vom Labor auf das Feld zu übertragen. Dabei unterstützen uns in diesem Projekt beispielsweise unsere Partner aus Frankreich und Spanien, die Experten auf dem Gebiet des Salat-, Tomaten-, Mais- und Getreideanbaus sind.
Wenn wir ein Markergen gefunden haben, das sowohl in den Modellpflanzen als auch in den von uns getesteten Nutzpflanzen für den toleranten Phänotyp unter Stress verantwortlich ist, können wir daraus einen Labortest entwickeln, mit dem man neue Substanzen auf ihre Induktion des Markergens screenen könnte. Damit könnten wir natürlich dann auch ganz neue Moleküle identifizieren, die eine innovative Einsatzmöglichkeit in der Landwirtschaft finden könnten.
Pflanzenforschung.de: Welchen Vorteil hat dieses System gegenüber gentechnisch veränderten Pflanzen?
Dr. von Koskull-Döring: Gentechnisch veränderte Pflanzen in der Landwirtschaft finden in Europa bisher nur wenig Verbraucherakzeptanz. Ich denke nicht, dass sich daran in den nächsten Jahren viel ändern wird. Mit den von uns identifizierten Substanzen könnten wir konservierte Signalwege in einem breiten Spektrum von Kulturpflanzen zielgerichtet adressieren. Anders als bei gentechnisch veränderten Pflanzen hat dies darüber hinaus den großen Vorteil, dass der Landwirt mit diesem System bei Bedarf applizieren könnte, um den Ernteertrag z.B. bei einer drohenden Trockenperiode zu sichern.
Pflanzenforschung.de: Das Projekt läuft Ende Juli dieses Jahres aus. Was haben Sie bisher erreicht?
Dr. von Koskull-Döring: Wir konnten bereits erfolgreich Markergene identifizieren und sind auf dem besten Weg das Labortestsystem zur Identifizierung neuer Substanzen zu etablieren. Außerdem profitieren wir natürlich von den wertvollen Kontakten zur universitären Forschung, die durch das Gabi-Projekt geknüpft wurden. Diese werden wir bestimmt auch über die Projektlaufzeit hinaus aufrechterhalten.
Pflanzenforschung.de: Vielen Dank für das Gespräch!
Zum Weiterlesen:
- Artikel auf Pflanzenforschung.de "Regulierte Stresstoleranz von Pflanzen für höhere Ernte-Erträge"
- Artikel "Mit stresstoleranten Pflanzen und höheren Erträgen dem Klimawandel begegnen"
Titelbild: Im Projekt "Bioregulators" untersuchten Forscher die molekularen Reaktionen von Pflanzen auf abiotischen Stress wie Trockenheit (Quelle: TiberiusK / pixelio.de)