Oszillierende Kalziumsignale

Wie Pflanzen Mangan im Boden messen

08.11.2022 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Forscher:innen fanden eine neue Zellgruppe in Wurzeln der Ackerschmalwand. Sie kann die Mangankonzentration im Boden messen (Bildquelle: © iStock.com / dra-schwartz)

Die Forscher:innen fanden eine neue Zellgruppe in Wurzeln der Ackerschmalwand. Sie kann die Mangankonzentration im Boden messen (Bildquelle: © iStock.com / dra-schwartz)

Ein Forschungsteam der Universität Münster hat eine „Mangan-empfindliche Nische“ gefunden. Diese neu entdeckte Zellgruppe in den Wurzeln der Acker-Schmalwand reagiert auf Manganmangel mit an- und abschwellenden Kalziumkonzentrationen.

Mangan ist ein essentieller Nährstoff für Pflanzen. Das Element ist daran beteiligt, bei der Photosynthese Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufzuspalten. Schon aus diesem Grund kann man annehmen, dass Pflanzen die Mangankonzentration im Boden messen können, um bei einem Manganmangel Gegenmaßnahmen einleiten zu können.

Ist Kalzium der Schlüssel?

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Arabidopsis-Wurzeln bei Manganmangel. Zu sehen sind Veränderungen der zytoplasmatischen Kalziumkonzentration, die mit dem Kalzium-Biosensor GCaMP6f-mCherry sichtbar gemacht wurden.

Arabidopsis-Wurzeln bei Manganmangel. Zu sehen sind Veränderungen der zytoplasmatischen Kalziumkonzentration, die mit dem Kalzium-Biosensor GCaMP6f-mCherry sichtbar gemacht wurden.

Bildquelle: © WWU - AG Kudla

„Bislang war recht gut untersucht, welche Proteine an der Mangan-Aufnahme und am -Transport innerhalb der Zelle beteiligt sind. Wie der Manganhaushalt auf der Ebene des Organismus reguliert wird, ist jedoch Neuland“, erläutert Mitautor Prof. Jörg Kudla von der Universität Münster den Startpunkt der neuen Studie. Da Kalzium als Botenstoff an zahlreichen anderen Steuerungsprozessen in der Pflanze mitwirkt, fragten sich die Forscher, ob es auch die Steuerung des Manganhaushalts beeinflusst.

Neue Zellgruppe als Sensor entdeckt

Dies hat sich nun bestätigt. Das Team entdeckte eine spezielle Zellgruppe in den Wurzeln der Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana), die auf Manganmangel mit einem oszillierenden Kalziumsignal mit einer Dauer von ca. 30 Minuten reagiert. Diese Reaktion wiederholt sich bei anhaltendem Manganmangel.  „So eine Oszillation der Kalziumkonzentration, die durch die koordinierte Bildung von Kalziumsignalen in einzelnen Zellen aufgebaut wird, hat in Pflanzen vorher noch niemand beobachtet“, so Jörg Kudla.

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Manganmangel führt zu einer Oszillation der Kalziumkonzentration in der Mangan-sensitiven Nische in Wurzeln von Arabidopsis-Pflanzen. Proteinkinasen (CPK21 und CPK23) phosphorylieren dann den Mangantransporter NRAMP1. Dadurch steigt die Manganaufnahme in den Wurzeln an.

Manganmangel führt zu einer Oszillation der Kalziumkonzentration in der Mangan-sensitiven Nische in Wurzeln von Arabidopsis-Pflanzen. Proteinkinasen (CPK21 und CPK23) phosphorylieren dann den Mangantransporter NRAMP1. Dadurch steigt die Manganaufnahme in den Wurzeln an.

Bildquelle: © WWU - AG Kudla

Das Forscherteam taufte die Zellgruppe „Mangan-empfindliche Nische“. Sie besteht aus mehreren Hundert Zellen, die gemeinsam das Kalziumsignal aufbauen. Zuerst starten Epidermiszellen mit einer Erhöhung der Kalziumkonzentration, dann wiederholen innenliegende Wurzelzellen nach und nach dieses „Kalzium-Muster“. Anschließend kehrt sich der Prozess um.

Das Kalziumsignal machte das Team mikroskopisch sichtbar – mit Hilfe des Kalzium-Biosensors GCaMP6f-mCherry, einem Komplex aus einem Grünen Fluoreszierenden Protein und dem Kalzium-Bindungsprotein Calmodulin. Ein Video der Arbeitsgruppe zeigt die Kalzium-Oszillation.

Aktivierung von Kalzium-abhängigen Proteinkinasen gegen Manganmangel

Die Forscher:innen haben auch schon herausgefunden, wie sich das Kalziumsignal in den Zellen auswirkt. Es aktiviert zwei Kalzium-abhängige Proteinkinasen (CPK21 und CPK23), die eine Aminosäure des Mangantransporter NRAMP1 phosphorylieren und so den Transporter „anschalten“. Die Forscher:innen vermuten, dass mit jeder Oszillation des Kalziumspiegels die Aktivierung der Proteinkinasen sich wiederholt – solange, bis der Manganmangel ausgeglichen ist.

Die Forscher:innen sind optimistisch, dass sich aus den neuen Erkenntnissen auch praktische Ansätze für die Pflanzenzüchtung ergeben. Ziel: Pflanzen gegen Manganmangel widerstandsfähiger machen. Solche Mangelsituationen treten häufig in alkalischen und kalkhaltigen Böden auf.


Quelle:
Fu, D. et al. (2022): Ca2+-dependent phosphorylation of NRAMP1 by CPK21 and CPK23 facilitates manganese uptake and homeostasis in Arabidopsis. Proc Natl Acad Sci USA (26. September 2022). doi: 10.1073/pnas.2204574119

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Titelbild: Die Forscher:innen fanden eine neue Zellgruppe in Wurzeln der Ackerschmalwand. Sie kann die Mangankonzentration im Boden messen (Bildquelle: © iStock.com / dra-schwartz).