Pflanzengemeinschaften statt Monokulturen
Mehr Ertrag dank Vielfalt
Wenn Pflanzen in bunt gemischter Gemeinschaft mit anderen Arten zusammenwachsen, kann das den Ertrag steigern. Ein möglicher Verantwortlicher: das Gen SUC8, das für den Transport von Zucker ins Wurzelgewebe notwendig ist.
Gemischte Teams zeigen bessere Leistungen. Was für Menschen gilt, ist auch bei Pflanzen zu beobachten. Je höher die Biodiversität, desto besser ist es für das Ökosystem als Ganzes. Artenreiche Wälder haben beispielsweise eine höhere Produktivität als artenarme. Einen besonders hohen Holzzuwachs zeigen gerade die Bäume, in deren Nachbarschaft möglichst viele Arten vorkommen. Welche biochemischen Vorgänge diesem Effekt zugrunde liegen, ist bisher jedoch kaum verstanden.
Jetzt postuliert ein Team von Wissenschaftlern, dass der Mehrertrag (engl.: Overyielding) auf einige wenige Gene zurückgeführt werden kann. Eines davon sei das Gen SUC8, dass einen Zuckertransporter in Wurzelzellen kodiert. Der endgültige Beweis für diese These steht noch aus, doch ihre Experimente an der Modellpflanze Arabidopsis thaliana deuten darauf hin.
Genotyp statt Phänotyp analysieren
Bisher hat sich die Forschung zum Thema Mehrertrag vor allem darauf konzentriert, die phänotypischen Eigenschaften von Pflanzen in diversen Pflanzengemeinschaften zu vergleichen. Vermessen wurden da zum Beispiel Blattfläche, Samengröße oder Blatttrockengewicht. Das Team um Samuel Wüst vom Schweizer Kompetenzzentrum für landwirtschaftliche Forschung Agroscope wählte einen anderen Ansatz. Sie fokussierten sich von Anfang an auf Unterschiede im Genom.
Zunächst testeten sie, wieviel Biomasse Arabidopsis-Pflanzen bilden, wenn sie entweder als Monokultur oder gemeinsam mit einer anderen Akzession in Töpfen heranwuchsen. Sie fanden heraus, dass Mixturen aus den Akzessionen Slavice-0 und Umkirch-1 immer höhere mittlere Erträge zeigten als die Monokulturen. Im Durchschnitt lag der Mehrertrag bei 5,6 Prozent (Schwankungsbreite zwischen 0 und 12 Prozent). Zum Vergleich: Der Überertrag bei Feldversuchen lag meist zwischen 2 und 4 Prozent.
SUC8 transportiert Saccharose in die Wurzeln
Anschließend kreuzten sie die beiden Akzessionen und erzeugten so rekombinante Inzuchtlinien (RIL). Dann erstellten sie hochaufgelöste genetische Karten von den RILs. Dadurch fanden sie Hinweise darauf, dass Pflanzen in Mischkultur mehr Biomasse ausbilden, wenn in ihren Genomen zwei unterschiedliche Allele von SUC8 vorliegen. Dieser Mehrertrag geht jedoch nicht nur von einer der beiden Pflanzenlinien aus, sondern von beiden. Es gibt also kein gutes und schlechtes Allel – lediglich die Kombination aus beiden hat Vorteile.
Wie genau SUC8 mechanistisch für diesen Mehrertrag verantwortlich ist, darüber können die WissenschaftlerInnen bisher nur spekulieren. Weil die unterschiedlichen SUC8-Allele dazu führen, dass die Wurzeln jeweils anders auf saure Böden reagieren, könnte es sein, dass sich die Pflanzen in Mischkulturen den Platz im Boden besser „untereinander aufteilen“.
Experimente mit SUC8-Knockout oder Überexpressionspflanzen könnten zeigen, ob der hier postulierte Zusammenhang tatsächlich besteht. Der hier vorgestellte Ansatz kann jedenfalls dazu beitragen, Gene zu identifizieren, die unsere Nutzpflanzen widerstandsfähiger und ertragreicher machen. Denn vielleicht führt der Weg dahin über mehr Diversität auf dem Acker.
Quelle:
Wuest, S.E., Schulz, L., Rana, S. et al. Single-gene resolution of diversity-driven overyielding in plant genotype mixtures. Nat Commun 14, 3379 (2023). https://doi.org/10.1038/s41467-023-39130-z
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Titelbild: Unsere Nutzpflanzen sind für den Anbau in Monokulturen spezialisiert. Dabei könnten sich in Mischkulturen vielleicht sogar noch höhere Erträge erreichen lassen. (Bildquelle: © 1195798 / Pixabay)