Pioniere gegen die Plastikflut

Hänge-Birken können Mikroplastik aus dem Boden aufnehmen

02.03.2022 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Birken als Bodenreiniger für Mikroplastik? (Bildquelle: © Kat Austen)

Birken als Bodenreiniger für Mikroplastik? (Bildquelle: © Kat Austen)

Forscher:innen konnten in den Wurzeln junger Birken Mikroplastik nachweisen. Könnten diese Bäume belastete Böden sanieren?

Jährlich produzieren wir bis zu 400 Millionen Tonnen Plastik. Etwa ein Drittel davon landet als Müll in Böden und Gewässern, schließlich zerfällt er zu Mikroplastik. Mittlerweile kann Mikroplastik sogar auf dem Mount Everest und im Marianengraben nachgewiesen werden. Studien haben gezeigt, dass die Belastung mit Mikroplastik in Böden inzwischen vier bis 23-mal höher liegt als im Meer.

Bleibt die Frage, wie man das Zeug wieder loswird. Sanierungen von schwermetallbelasteten Böden mit der Hänge-Birke haben bereits gute Ergebnisse gezeigt. In einer Pilot-Studie testen Forscher:innen unter Leitung des Leibnitz-Institutes für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) jetzt ihre Fähigkeiten bei der Aufnahme von Mikroplastik.

Birken und Mikroplastik

Als Mikroplastik werden Plastikpartikel kleiner als fünf Millimeter bezeichnet. Sie entstehen durch die Zersetzung von Plastikabfällen, durch Rückstände von Kosmetikartikeln, durch den Abrieb von Reifen, Kunstrasen und anderen aus Kunststoffen hergestellten Substanzen. Auch das Waschen von synthetischer Kleidung trägt dazu bei. Mikroplastik kann die physikochemischen Eigenschaften des Bodens verändern und das Pflanzenwachstum sowie die Besiedelung des Bodens mit Mikroorganismen beeinflussen.

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Junge Birken nehmen während der Wachstumsphase Mikroplastik aus dem Boden auf. In der Studie wurden Hänge-Birken (Betula pendula) untersucht, die auch oft als erste Baumart Brachen besiedeln.

Junge Birken nehmen während der Wachstumsphase Mikroplastik aus dem Boden auf. In der Studie wurden Hänge-Birken (Betula pendula) untersucht, die auch oft als erste Baumart Brachen besiedeln.

Bildquelle: © Nefronus / wikimedia.org / CC0

Die Hänge-Birke (Betula pendula) ist ein sogenanntes Pioniergehölz. Sie ist anspruchslos, wächst schnell, besiedelt häufig als erste Baumart offene Flächen und ist daher auch oft auf Brachen zu finden. Frühere Forschungen haben nachgewiesen, dass die Hänge-Birke in der Lage ist, Schwermetalle wie Zink und andere Schadstoffe wie Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) aus kontaminierten Böden aufzunehmen und zu speichern (Phytosanierung). Weitere dafür geeignete Pflanzen sind zum Beispiel Weizen (Triticum aestivum) und Kopfsalat (Lactuca sativa).

Birken könnten möglicherweise auch speziell für die Aufnahme von Mikroplastik geeignet sein, denn ihr dichtes, oberflächennahes Wurzelsystem breitet sich im Boden genau da aus, wo auch das Mikroplastik sitzt, so die Überlegung der Forscher:innen.

Fluoreszierendes Plastik

Um zu untersuchen, ob und in welchem Umfang Birken Mikroplastik aufnehmen können, haben die Forscher:innen mit einem fluoreszierenden Farbstoff markiertes Mikroplastik (Polyamid, Größe 5 bis 50 μm) in das Substrat von zwei einjährigen Birkenbäumchen gemischt. Fünf Monate nach Beginn des Experiments wurden von jeder Birke vier Seitenwurzeln abgeschnitten und mikroskopisch untersucht. Die Forscher:innen konnten in sechs von 64 untersuchten Wurzelabschnitten jeweils ein bis vier Mikroplastikteilchen mit einer Größe zwischen fünf und zehn Mikrometern nachweisen. Die möglichen Eintrittswege sowie die Transportmechanismen wurden bisher nicht untersucht.

Bemerkenswert war laut Forscher:innen, dass nur Partikel der Größe bis 10 μm in den Wurzeln nachgewiesen werden konnten. Das sei ein Hinweis, dass die Größe der Partikel bei der Aufnahme möglicherweise limitierend wirke, so die Forscher. Dies deuten auch andere Studien an, die bei anderen Pflanzenspezies eine deutlich erhöhte Aufnahme von kleineren Partikeln (0,2 bis 2 μm) nachgewiesen haben.  Daher vermuten die Forscher:innen, dass auch die Birke noch kleinere Partikel bis hin zu Nanoplastik (1 bis 1 000 Nanometer) sehr viel effektiver aufnehmen könnte.

Die Forscher:innen folgern daraus, dass die Birke grundsätzlich für die Sanierung von Plastik-belasteten Böden geeignet sein könnte. Weitere Versuche zur Menge des aufgenommenen Mikroplastiks, zu den Transportmechanismen und zur Auswirkung auf die langfristige Gesundheit der Bäume stehen jetzt noch aus.


Quelle:
Austen, K. et al. (2022): Microplastic inclusion in birch tree roots. In: Science of The Total Environment, (20. Februar 2022), doi: 10.1016/j.scitotenv.2021.152085.

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Titelbild: Birken als Bodenreiniger für Mikroplastik? (Bildquelle: © Kat Austen)