Wasseraufbereitung mit dem Kaktus
Günstig und natürlich gegen Schwermetalle und Umweltgifte wie Arsen
Schon im Alten Mexiko wusste man den Feigenkaktus und seine Früchte zu schätzen: als Lebens- und Heilmittel. Das stachelige Gewächs lässt sich aber auch dazu nutzen, verunreinigtes Wasser zu säubern. Das gilt sogar für Umweltgifte wie Arsen, wie eine aktuelle Studie beweist.
In Mexiko behelfen sich die Menschen seit jeher mit einem einfachen Trick, um trübes Wasser genießbar zu machen: Sie geben Saft aus gekochtem Feigenkaktus hinzu. Diese Erzählung aus dem Fundus ihrer Großmutter veranlasste die Chemieingenieurin Norma Alcantar bereits vor Jahren, den reinigenden Fähigkeiten dieses Gewächses nachzugehen. So beschäftigte sie sich beispielsweise damit, wie sich mit dem Kaktusfleisch Bakterien oder auch Arsen bekämpfen lassen. In ihrer neuen Untersuchung gelang der Wissenschaftlerin und ihrem Team nun erstmals der Nachweis, dass das Fleisch des Feigenkaktusses auch herkömmliche Verfahren bei der Filterung von Arsen deutlich verbessern kann.
Suche nach einfachen Lösungen
Ihr Ansporn zu dieser Forschungsarbeit sei gewesen, ein technisch einfaches, kostengünstiges und ressourcenschonendes Verfahren zur Wasserreinigung zu entwickeln, schreiben die Wissenschaftler in ihrem Beitrag, der unlängst im Fachjournal Environmental Science & Technology erschien. Der Hintergrund: Weltweit gibt es viele Regionen, in denen Trinkwasser mit dem Schwermetall Arsen belastet ist. Der Feigenkaktus könnte folglich vielerorts Abhilfe schaffen. Das Gewächs aus der Familie der Opuntien stammt ursprünglich aus Mexiko, ist aber in vielen Weltgegenden verbreitet.
Arsen lässt sich heute schon mit einer Reihe günstiger Technologien filtern. Diese Verfahren arbeiten meistens mit einer bestimmten Substanz: Eisen, oft in Form von Eisensalz. Zum einen zieht das Element das Schwermetall Arsen an. Zum anderen setzt es sich schnell ab. Beide Eigenschaften sind der Wasseraufbereitung dienlich. Wenn sich das Gemisch aus Eisen- und Arsenpartikeln erst einmal am Grund des Behältnisses abgelagert hat, muss das Wasser nur noch abgegossen werden.
Kaktus steigert Wirksamkeit
Diese etablierten Verfahren sind bereits effektiv, doch lässt sich ihre Wirksamkeit mit einfachen Mitteln steigern. Hier kommt ein weiterer Stoff ins Spiel. Denn es gibt Substanzen, die bewirken, dass sich Eisen und Arsen noch besser miteinander verbinden und noch schneller am Boden absetzen. Meistens handelt es sich dabei um synthetische Substanzen wie Alaun oder Polyacryl. Aber auch natürliche Mittel können die Filterung beschleunigen. Den Forschern zufolge sind sie umweltfreundlicher und günstiger herzustellen als chemische Mittel. Zu den natürlichen Substanzen zählen beispielsweise Pektine, die oft aus Äpfeln, Quitten oder Rüben gewonnen werden. Aufgrund ihrer Gelierfähigkeit können sie nicht nur Marmelade oder Pudding zusammenhalten, sondern auch unerwünschte Stoffe im Trinkwasser.
Auch aus dem schleimigen Fleisch des Feigenkaktusses lässt sich ein Pektin gewinnen. Dass es die Wirkung des Eisens unterstützt, konnten die Wissenschaftler nun nachweisen. Für ihr Experiment gaben sie Eisennitrat und Kaktusextrakt in arsenhaltiges Wasser. Dabei zeigte sich, dass dabei mehr Arsen herausgefiltert wurde als in Vergleichsreihen, bei denen Eisensalz allein zum Einsatz kam. Im Zusammenspiel gelang es beiden Substanzen, das Wasser innerhalb von 24 Stunden von bis zu 96 Prozent des Arsens zu befreien. Der größte Teil des Arsens war jedoch deutlich schneller gebunden; bereits nach einer Viertelstunde war er unschädlich gemacht.
Globales Problem
Vor allem ärmere Staaten und abgelegene Gemeinschaften könnten von diesen Erkenntnissen profitieren. Denn gerade sie verfügen häufig nicht über die erforderlichen Mittel, Wasser mit konventionellen Verfahren aufzubereiten. Indien, Bangladesch, Mexiko, Argentinien und die USA zählen zu den Ländern, in denen regelmäßig Spuren von unorganischem Arsen im Trinkwasser nachgewiesen werden. Auch in manchen deutschen Regionen wurden bei Proben schon nennenswerte Mengen von Arsen im Trinkwasser entdeckt. Das Schwermetall kommt zwar natürlicherweise in der Erdkruste, in der Luft und in Gewässern vor, in seiner unorganischen Form ist Arsen aber hochgradig giftig. Wer ihm über einen längeren Zeitraum ausgesetzt ist, riskiert Krankheiten wie Haut-, Lungen- oder Blasenkrebs. Die Gefahr geht dabei meistens von verunreinigtem Trinkwasser aus.
Es gibt ein Menschenrecht auf Wasser. Weltweit haben über 660 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Damit gehört das Thema zu den zentralen Herausforderungen unserer Zeit und wurde zu einem der 2015 verabschiedeten Ziele zur nachhaltigen Entwicklung und Armutsbekämpfung, den sogenannten SDGs – die „Sustainable Development Goals“ der Weltgemeinschaft. Durch die wachsende Weltbevölkerung wächst auch das Problem sauberen Trinkwassers. Bezahlbare, robuste und vor allem wirksame Methoden sind nötig, damit das Ziel, die „Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle Menschen zu gewährleisten“ erreicht wird.
Quelle:
Alcantar, Norma et al. (2016): Combining Ferric Salt and Cactus Mucilage for Arsenic Removal from Water. In: Environmental Science & Technology 50/5, 2507-2513, (1. März 2016), DOI:10.1021/acs.est.5b04145.
Weiterführende Informationen:
WHO: Arsenic - Fact sheet
Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:
Titelbild: Der Feigenkaktus wurde von den Azteken Nopalli genannt. (Bildquelle: © Kaveh/wikimedia.org; CC BY-SA 2.0)