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Pflanzen können beim Abbau wertvoller Metalle helfen

14.10.2022 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Spezielle Pflanzen können Schadstoffe oder Restmetalle aus dem Untergrund einsammeln. Ein Beispiel ist das Blaue Galmei-Veilchen, das auf schwermetallhaltigen Böden vorkommt. (Bildquelle: © iStock.com / Antonella Lussardi)

Spezielle Pflanzen können Schadstoffe oder Restmetalle aus dem Untergrund einsammeln. Ein Beispiel ist das Blaue Galmei-Veilchen, das auf schwermetallhaltigen Böden vorkommt. (Bildquelle: © iStock.com / Antonella Lussardi)

Um schwermetallbelastete Böden zu sanieren, bieten sich bestimmte Pflanzenarten an. Diese „Metallophyten“ können aber nicht nur den Boden säubern, sondern sie können auch Seltene Erden speichern, die anschließend aus den Pflanzen gewonnen werden können.

Schwermetalle sind ein wichtiger Bestandteil industrieller Prozesse. Weniger schön ist es, wenn sie als Rückstände den Boden belasten. Da Metalle nicht so einfach wieder aus den Böden entfernt werden können, nutzt die Wissenschaft die Fähigkeit von Pflanzen, Metalle aus dem Boden aufzunehmen und zu speichern. In einer Übersichtsstudie beschreiben Forscher:innen, was mit Hilfe der Pflanzen alles schon möglich ist und was in Zukunft noch kommen könnte.

Metallverträglichkeit als Standortvorteil

Pflanzen können leichter Nährstoffe aus dem Boden aufnehmen, wenn sie ihn ansäuern. Dazu scheiden die Wurzeln organische Säuren aus und es kommt so zu einem Anstieg der Protonenkonzentration (H+-Ionen). Bei tiefem pH-Wert werden die meisten im Boden vorkommenden Metallionen löslich und gehen in die Bodenlösung über. Anschließend können sie von den Pflanzenwurzeln aufgenommen werden.

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Die Hallersche Schaumkresse (Arabidopsis halleri) zählt zu den Metallophyten – Pflanzen, die größere Mengen an Schwermetallen aufnehmen und speichern können.

Die Hallersche Schaumkresse (Arabidopsis halleri) zählt zu den Metallophyten – Pflanzen, die größere Mengen an Schwermetallen aufnehmen und speichern können.

Bildquelle: © HermannSchachner / wikimedia.org; gemeinfrei

Metallionen, die für den Organismus giftig sind, werden von den Pflanzen „unschädlich“ gemacht, indem sie als Chelate gebunden, in der Vakuole gelagert oder gleich wieder hinausbefördert werden. Manche Pflanzenarten können das besonders gut und nutzen diese Techniken als Standortvorteil – etwa das Blaue Galmei-Veilchen (Viola guestphalica), das zusammen mit anderen hoch spezialisierten Pflanzenarten als sogenannte Galmeivegetation auf schwermetallhaltigen Böden vorkommt.

Helfer bei belasteten Böden

Diese Metallophyten werden aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten seit längerer Zeit gründlich untersucht. Steigende Bedeutung erlangen sie bereits im Bereich der Phytosanierung oder Phytoremediation. Hier kommen besonders Pflanzenarten infrage, die Metalle in ihrem Gewebe speichern können, vermutlich zum Schutz gegen Fressfeinde.

Bekannt sind mehr als 700 dieser Hyperakkumulatorpflanzen, die vorwiegend der Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae) und der tropischen Familie der Phyllanthaceae angehören. Sie können ein weites Spektrum an Metallen speichern, wie etwa Nickel, Arsen, Selen, Thallium und Kupfer, aber auch Seltene Erden wie Lanthan, Neodym oder Cer. Die südafrikanische Berkheya (Berkheya coddii), ein Korbblütler, wurde in einer Studie bereits erfolgreich zur Sanierung von mit Kobalt und Nickel belasteten Böden verwendet. Auch mit Odontarrhena chalcidica, einem Kreuzblütler, konnten pro Jahr etwa 100 Kilogramm Nickel pro Hektar aus dem Boden entfernt werden.

Pflanzen im Bergbau

Besonderes Interesse an Metallophyten gibt es im „Phytomining“: Hier werden die Pflanzen nach der Ernte verbrannt und so das aufgenommene Metall gewonnen. Denn gerade für Metalle wie die Seltenen Erden, die für neue Technologien dringend benötigt werden, gibt es bislang nur lokal begrenzte Vorkommen in wenigen Ländern. Mit Pflanzen können Metalle auch noch aus dem Abraum solcher Bergwerke gewonnen werden, wie beispielsweise in China, wo der Farn Dicranopteris linearis Seltene Erden wie Lanthan, Cer und Neodym in kommerziell nutzbaren Mengen aufnimmt.

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Auch Seltene Erden wie Lanthan können von Pflanzen gespeichert werden.

Auch Seltene Erden wie Lanthan können von Pflanzen gespeichert werden.

Bildquelle: © Tomihahndorf / wikimedia.org; CC BY-SA 3.0

Zudem erspart das Phytomining die oftmals gravierenden Umweltbelastungen beim herkömmlichen Abbau der Metalle. Entsprechende Metallophyten könnten in Zukunft auch als Zeigerpflanzen auf Metall-Vorkommen im Boden hinweisen und so helfen, bisher nicht abbauwürdige Vorkommen kommerziell nutzbar zu machen.

Dream-Team Pflanze-Mikrobe

Kommt die Pflanzenwelt alleine nicht weiter, kann die Mikrobiologie helfen. Das ist insbesondere bei organischen Schadstoffen der Fall. Zwar können Pflanzen auch hier den Boden entgiften, aber sie können diese Verbindungen nicht abbauen. Es wird eingelagert, insbesondere in ligninhaltigem Gewebe. Und hier können dann Bakterienenzyme helfen, die Stoffe vollständig zu entfernen. Mikroorganismen besitzen die verschiedensten Enzyme zum Abbau von organischen Substanzen.

In einer Studie konnte ein genetisch veränderter Reis (Oryza sativa) mit einer eingebauten Thiocyanat-Hydrolase aus Thiobacillus thioparus sehr effektiv Thiocyanat aus Bergbaurückständen verschwinden lassen. Auch der hochexplosive und stark giftige Sprengstoff Hexogen (RDX) konnte auf US-Truppenübungsplätzen durch ein mikrobielles Cytochrom P450, eingebaut in eine Rutenhirse (Panicum virgatum), unschädlich gemacht werden.

Noch viel Forschung nötig

Trotz dieser Erfolge sind viele Vorgänge bei der Phytoremediation noch nicht abschließend geklärt. Bei den beiden am häufigsten untersuchten Pflanzenarten Odontarrhena chalcidica und Noccaea goesingensis, einem Täschelkraut aus der Familie der Kreuzblütler, konnten Forscher:innen eine Überexpression von Genen insbesondere aus der Gruppe der „Zink- und Eisen-regulierten Transporter-like Proteins“ (ZIPs) beobachten. Auch die Metallchelatoren Histidin und Nicotianamin sowie Eisen-regulierte Transporter (IREGs) konnten in diesen Pflanzen vermehrt nachgewiesen werden. Ebenso wurde in den meisten untersuchten Arten das Entgiftungssystem zur Abwehr von Reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) hochreguliert.

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Es ist bereits gelungen, Reis genetisch so zu verändern, dass damit sehr effektiv Thiocyanat aus Bergbaurückständen entfernt werden konnte.

Es ist bereits gelungen, Reis genetisch so zu verändern, dass damit sehr effektiv Thiocyanat aus Bergbaurückständen entfernt werden konnte.

Bildquelle: © Mufid Majnun / Pixabay

Mehr Erfolg mit Genom-Editing

Allerdings wachsen hyperakkumulierende Pflanzen oftmals nicht so üppig. Eine Kombination von schnellem Biomassezuwachs und Hyperakkumulation wird aber benötigt, um größere Flächen in überschaubarer Zeit zu dekontaminieren. Solche Pflanzen könnten über Genome Editing erzeugt werden, indem etwa Metalltransport-Proteine und Chelatoren auch in schnell wachsenden Pflanzen wie Weide oder Pappel hochreguliert werden.

Eine weitere Möglichkeit wäre, ein metallbindendes Protein aus dem Mikroorganismus Methylobacterium extorquens in der Pflanze zu exprimieren. Die Ideen gehen bis zur Schaffung eines künstlichen Stoffwechselweges für die Speicherung von Metallen und die Zersetzung von giftigen organischen Schadstoffen.

Ähnliche Möglichkeiten gibt es auch direkt im Boden, wo im Wurzelraum editierte Cyanobakterien genutzt werden könnten, um Metalle in Lösung zu bringen. Weitergedacht könnten auch synthetische Organellen zur Akkumulation von Metallen eingesetzt werden. Und schließlich wären auch spezielle Kompartimente in Pflanzen ein Ansatz, in denen die Metalle zur leichteren Gewinnung akkumuliert werden, etwa in verholzenden Geweben.

Goldene Zukunft?

Bei aller „Goldgräberstimmung“, die das Phytomining eröffnet: Vorrang sollte die Sanierung von Böden haben, die in hohen Mengen giftiges Cadmium, Chrom, Zink oder Blei enthalten. Die Forscher:innen schlagen daher vor, das Wissen und die Einnahmen aus dem Phytomining zur Entwicklung von kostengünstigen Phytosanierungstechnologien einzusetzen. Denn Umwelt- und Gesundheitsschutz gehen vor.


Quelle:
Rylott, E.L. und Bruce, N.C. (2022): Plants to mine metals and remediate land. In: Science Vol 377, Issue 6613, (23. September 2022), doi: 10.1126/science.abn6337.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Spezielle Pflanzen können Schadstoffe oder Restmetalle aus dem Untergrund einsammeln. Ein Beispiel ist das Blaue Galmei-Veilchen, das auf schwermetallhaltigen Böden vorkommt. (Bildquelle: © iStock.com / Antonella Lussardi)