Extremisten unter Druck

Ananas-Gewächse sind Meister der Anpassung – und doch stark bedroht

16.03.2020 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Tillandsia stricta: Aufsitzerpflanze mit hübschen Blüten. Tillandsien sind beliebte Zierpflanzen. Wer eine kaufen möchte, sollte darauf achten, dass sie nicht aus Wildsammlungen stammen. (Bildquelle: © iStock.com/Shihina)

Tillandsia stricta: Aufsitzerpflanze mit hübschen Blüten. Tillandsien sind beliebte Zierpflanzen. Wer eine kaufen möchte, sollte darauf achten, dass sie nicht aus Wildsammlungen stammen. (Bildquelle: © iStock.com/Shihina)

Ananas-Gewächse sind eine vielseitige und ökologisch bedeutende Pflanzenfamilie in den tropischen Regionen Amerikas. Eine neue Studie zeigt jetzt ihre Verbreitungsschwerpunkte und wie gefährdet diese Arten sind.

Ananas kann man essen. Ja, aber nicht nur das. Die wilden Verwandten der Ananas haben allerlei auf dem Kasten. Viele von ihnen sind Spezialisten, die sich an extreme Standorte angepasst haben und von denen auch viele andere Arten abhängig sind. Allerdings gibt es nur lückenhafte Daten über ihre Verbreitung und über mögliche Bedrohungen. In einer neuen Studie unter Beteiligung des iDiv Leipzig, des Senckenberg-Institutes Frankfurt und des Institutes für Ökologie, Evolution und Diversität der Universität Frankfurt haben Forscher das jetzt nachgeholt.

Tropische Anpassungskünstler

Wer von Ananas-Gewächsen hört, denkt in der Regel an die klassische Ananas (Ananas comosus) und Hawai-Toast. Allerdings gehören zu den Ananas-Gewächsen (Bromeliaceae) 3503 bisher bekannte Arten. Bis auf eine Art in West-Afrika gedeihen diese Pflanzen ausschließlich vom südlichen Nordamerika bis ins südliche Argentinien und besiedeln verschiedene Lebensräume vom tropischen Regenwald bis zur Atacamawüste. Viele dieser Arten leben als sogenannte Aufsitzerpflanzen (Epiphyten) auf tropischen Bäumen und auf Kakteen. Weitere Arten, zum Beispiel Tillandsien, wachsen auf Felsen (Lithophyten).

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Zu den Ananas-Gewächsen (Bromeliaceae) gehören bisher 3 503 bekannte Arten.

Zu den Ananas-Gewächsen (Bromeliaceae) gehören bisher 3 503 bekannte Arten.

Bildquelle: © Skeeze/ pixabay, CC0

Um an solchen extremen Standorten zu überleben, sind spezielle morphologische Anpassungen nötig. Die Blätter vieler Arten bilden einen Kelch (Phytotelma), in dem Wasser gesammelt wird. Diese Blattkelche werden von vielen anderen Arten besiedelt, zum Beispiel von Pilzen, Bakterien und Pflanzen. Aber auch von Amphibien wie dem Rotrückenbaumsteiger (Ranitomeya reticulata), einem Pfeilgiftfrosch, sowie von verschiedenen Insektenlarven. Die Blätter dieser Bromeliaceae besitzen sogenannte Saugschuppen, mit denen sie das in ihrem Blattkelch gesammelte  Wasser und die darin gelösten Nährstoffe aufnehmen. Sie sind daher keine Halbschmarotzer (Hemiparasit) wie zum Beispiel die Mistel, die mit Saugorganen (Haustorien) das Xylem der Wirtspflanzen anzapft.

Zwei Drittel bedroht

Die Bromeliaceae sind durch ihre Fähigkeit, extreme Standorte zu besiedeln und durch die Bereitstellung von ökologischen Nischen wichtige Komponenten für tropische Ökosysteme und deren Artenvielfalt. Trotzdem wurden ihre Vorkommen bisher nur unzureichend erfasst.

Die Forscher haben daher am Computer eine Modellierung der Verbreitung von 3272 Arten durchgeführt. Diese zeigt Verbreitungsschwerpunkte, Häufigkeit und mögliche Gefährdungen dieser Arten. Das Ergebnis ist alarmierend: Die Forscher errechneten, dass 81 Prozent der untersuchten Arten möglicherweise vom Aussterben bedroht sind. Betroffen sind mit 91 Prozent vor allem die auf Gestein wachsenden Arten, aber auch auf dem Boden lebende Arten (84 Prozent) und Epiphyten (74 Prozent). Besonders gefährdete Regionen mit den meisten vom Aussterben bedrohten Arten sind die zentralen Anden, hier besonders die tropischen Regenwälder, und der Atlantische Regenwald (Mata Atlantica) an der Ostküste Brasiliens.

Die höchste Artenvielfalt konnten die Forscher in den nördlichen Anden, in Mittelamerika, im südlichen Venezuela und im Atlantischen Regenwald feststellen. Möglicherweise sind auch noch andere Regionen wie zum Beispiel Teile des Amazonasbeckens und nordöstliche Landesteile von Brasilien besonders artenreich. Dies konnte aber durch die zu geringe Datendichte für diese Regionen nicht abgebildet werden. Bereiche mit vielen endemisch vorkommenden Arten sind die Mata Atlantica, die Anden, Zentralmexiko und Teile Venezuelas.

Schneller Schutz nötig

Die Forscher empfehlen, die Bromeliaceae allgemein mehr ins Zentrum von Schutzbemühungen zu stellen, gerade wegen ihrer großen ökologischen Bedeutung für andere Arten. Die Schutzbemühungen sollten sich anfangs vor allem auf die besonders gefährdeten Regionen im Osten Brasiliens und der Anden konzentrieren, aber auch die stark bedrohten lithophytisch wachsenden Arten berücksichtigen. Da gerade in den tropischen Bereichen Amerikas der Landverbrauch stark zunimmt, ist schnelles Handeln erforderlich. Es würden mit hoher Wahrscheinlichkeit ansonsten auch Arten aussterben, die bisher noch nicht einmal entdeckt wurden.


Quelle:
Zizka, A. et al. (2019): Biogeography and conservation status of the pineapple family (Bromeliaceae). In: Diversity and Distribution, (23. November 2019), doi: 10.1111/ddi.13004.

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Titelbild: Tillandsia stricta: Aufsitzerpflanze mit hübschen Blüten. Tillandsien sind beliebte Zierpflanzen. Wer eine kaufen möchte, sollte darauf achten, dass sie nicht aus Wildsammlungen stammen. (Bildquelle: © iStock.com/Shihina)