Wie die Stärke in den Pollen kommt

Das Pflanzenhormon Auxin ist der Schlüssel für neue Strategien der Hybridzüchtung

04.04.2022 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer Gerstenblüte mit offenen Staubbeuteln. Zu sehen sind auch die freigesetzten Pollenkörner. (Bildquelle: © Rob Kesseler)

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer Gerstenblüte mit offenen Staubbeuteln. Zu sehen sind auch die freigesetzten Pollenkörner. (Bildquelle: © Rob Kesseler)

Pflanzenpollen brauchen Stärke, damit sie befruchtungsfähig sind. Schaltet man das Enzym HvYUCCA4 aus, kann der Pollen kein Auxin mehr bilden. Das bringt auch die Stärkesynthese zum Erliegen. Diese Erkenntnis ließe sich für die Züchtung von ertragreichen Hybridlinien praktisch einsetzen.

Pflanzen nutzen die Energie aus Sonnenlicht, um Kohlendioxid in Zucker umzuwandeln. Doch einige Pflanzenzellen wie Pollen können keine Photosynthese betreiben. Ihr Stoffwechsel benötigt stattdessen Stärke als Energielieferant. Es ist bereits bekannt, dass Pollen ohne ausreichenden Stärkespeicher nicht befruchtungsfähig sind. Bisher war jedoch nicht klar, wie die Pflanzen dafür sorgen, dass die Pollen während ihrer Entwicklung auch wirklich genügend Stärke abspeichern.

Eine neue Studie unter Federführung von Iván Acosta vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln hat jetzt an der Kulturpflanze Gerste (Hordeum vulgare) gezeigt, dass das Hormon Auxin dabei eine Schlüsselrolle einnimmt. Auxin kurbelt in den Pollenzellen die Synthese von ATP an, dessen Energie zur Bildung von Stärke genutzt wird. Das Hormon verschiebt also den gesamten Kohlenstoff-Stoffwechsel. Die Ergebnisse sind vor kurzem im Journal Cell Biology veröffentlicht worden.

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In Gerste ist das Enzym HvYUCCA4 verantwortlich für die Auxinsynthese. Doch auch in anderen Kulturpflanzen gibt es orthologe Gene. Das könnte ein neuer Ansatz zur Erzeugung männlich steriler Pflanzen für die Hybridzüchtung sein.

In Gerste ist das Enzym HvYUCCA4 verantwortlich für die Auxinsynthese. Doch auch in anderen Kulturpflanzen gibt es orthologe Gene. Das könnte ein neuer Ansatz zur Erzeugung männlich steriler Pflanzen für die Hybridzüchtung sein.

Bildquelle: © Hans Braxmeier / Pixabay

Experimente mit sterilen Gerstenlinien

Für ihre Experimente nutzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Gerstenlinie msg38 (male sterile genetic 38). Diese Pflanzen sind äußerlich nicht von herkömmlichen Gerstenpflanzen zu unterscheiden, doch ihre Pollen sehen ein wenig kleiner aus und sind nicht befruchtungsfähig. Der Grund dafür ist jetzt bekannt: Sie können keine Stärke einlagern, weil das Enzym HvYUCCA4 defekt ist.

HvYUCCA4 kommt nur in Pollen vor. Es katalysiert den letzten Schritt der Auxin-Synthese. Auxin wiederum ist dafür verantwortlich, dass die Zuckermoleküle, die der Pollen aus anderen Pflanzengeweben erhält, in Stärke umgewandelt werden. Die Stärke speichert der Pollen schließlich in seinen Vakuolen. Fehlt Auxin, so akkumulieren in den Pollen vor allem Saccharose, Glukose und Fruktose und der Stärkespeicher bleibt leer.

Auxin verantwortlich für Zellwachstum und -differenzierung

„Wir glauben, dass Auxin auch bei anderen, ähnlichen Prozessen den Kohlenstoffstoffwechsel umlenkt, zum Beispiel bei der Stärkespeicherung während der Entwicklung der Gerstenkörner“, schreiben die Autoren in ihrer Studie.

Auch andere Getreidearten, wie Weizen oder Roggen, verfügen über orthologe Gene zu HvYUCCA4 – Genen, die in ihrer Basenabfolge hoch konserviert sind und höchstwahrscheinlich die gleiche Funktion ausüben.

Dieses Enzym könnte daher ein wichtiges Angriffsziel für die Hybridzüchtung insbesondere bei zwittrigen und selbstbefruchtenden Pflanzen wie Gerste und Weizen sein. Denn um Hybride zu generieren, werden zwei sorgfältig ausgewählte Pflanzenlinien miteinander gekreuzt. Um Selbstbefruchtung zu verhindern, müssen die Mutterpflanzen männlich steril sein – also keinen befruchtungsfähigen Pollen ausbilden. Dazu muss man bisher in einem aufwändigen Prozess nach cytoplasmatisch männlich sterilen Pflanzen suchen oder sie generieren.

Mit einer gezielten Hemmung von HvYUC4 oder dessen orthologen Genen ließe sich das relativ einfach erreichen, ohne der Pflanze anderweit Schaden zuzufügen. „Eine solche Strategie würde die Produktion von Hybridsaatgut in großem Maßstab zwischen mehreren Elternpaaren ermöglichen – ein Züchtertraum, der bisher unerfüllt blieb“, erklärt Acosta.


Quelle:
Amanda et al. (2022): Auxin boosts energy generation pathways to fuel pollen maturation in barley. In: Current Biology, (2022), doi: 10.1016/j.cub.2022.02.073.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer Gerstenblüte mit offenen Staubbeuteln. Zu sehen sind auch die freigesetzten Pollenkörner. (Bildquelle: © Rob Kesseler)