Photosynthese effektiver machen

Kulturreis reagiert noch zu träge auf Lichtwechsel

15.11.2021 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Moderne Reissorten reagieren langsamer auf wechselnde Lichtverhältnisse als ihre wilden Verwandten. Darin liegt züchterisches Potenzial. (Bildquelle © Pexels / Pixabay)

Moderne Reissorten reagieren langsamer auf wechselnde Lichtverhältnisse als ihre wilden Verwandten. Darin liegt züchterisches Potenzial. (Bildquelle © Pexels / Pixabay)

Kultivierter Reis ist seinen Wildverwandten bei der maximalen Photosyntheseleistung klar überlegen. Doch wenn Wolken oder andere Schatten diesen Gleichgewichtszustand stören, reagiert er deutlich langsamer. Darin könnte ein züchterisches Potenzial schlummern.

„Mehr Licht!“ – ob Goethe das wirklich auf dem Sterbebett gesagt hat, ist umstritten. Aber könnten Nutzpflanzen sprechen, würden die meisten von ihnen ähnliches ausrufen. Das verfügbare Sonnenlicht beeinflusst die Photosyntheseleistung und damit die Fähigkeit Biomasse aufzubauen. Im Grundsatz hat die Pflanzenforschung diese Mechanismen gut verstanden und die Pflanzenzüchtung ihre Sorten dafür optimiert. Übersehen wird jedoch häufig die Phase des Lichtwechsels – beispielsweise wenn sich eine Wolke vor die Sonne schiebt und einige Minuten später wieder die Sonne freigibt. Wie schnell eine Pflanze auf solche Veränderungen reagieren kann, beeinflusst erheblich die Photosyntheseleistung und damit Wachstum und Ertrag.

Einheitliche Wuchsform bei kultiviertem Reis

Im Verlauf des 20. Jahrhunderts wurden die meisten Reissorten auf einheitliche Ziele hin gezüchtet: niedriger Wuchs, aufrechte Blätter mit steilen Blattwinkeln und geringe Bestockung. Dadurch können die Blätter in jeder Höhe gleichmäßiger das Sonnenlicht empfangen und die Photosyntheseeffizienz stieg an. Doch wie schnell können sich die Blätter an wechselnde Lichtverhältnisse anpassen, wo liegen ihre Maximalleistungen – und wovon hängt das ab?

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Die meisten Reissorten wurden auf einheitliche Ziele hin gezüchtet, darunter niedriger Wuchs und aufrechte Blätter. Doch auch bei der Photosynthese sollte man zukünftig ansetzen.

Die meisten Reissorten wurden auf einheitliche Ziele hin gezüchtet, darunter niedriger Wuchs und aufrechte Blätter. Doch auch bei der Photosynthese sollte man zukünftig ansetzen.

Bildquelle: © Trung Hieu Dang / Pixabay

Grundsätzlich gilt: Beim Wechsel von dunkel zu hell wird die Photosynthese induziert und die Pflanzen fahren die Bindung von CO2 hoch. Die Effizienz dieses Hochfahrens hängt an der Regenerationsrate von Ribulose-1,5-Bisphosphat (RuBP), dem Aufbau der Intermediate der Kohlenstoffmetabolite, der Aktivierung von RuBisCO und der Öffnung der Stomata. Am Ende des Prozesses steht dann ein stabiler Zustand der CO2-Bindung – bis zur nächsten Änderung der Lichtintensität.

Während die erneute Anpassung erfolgt, ist die CO2-Aufnahme jedoch verringert. Je schneller die Pflanze die Anpassung vornehmen kann, desto geringer sind daher die Verluste bei der CO2-Bindung. Bei Weizen können sich solche Verluste über das Jahr gerechnet auf rund 20 Prozent der maximalen Photosyntheseleistung summieren. Obendrein ist die Effizienz der Wasserverwertung während der Anpassungsphase geringer, was zu einem höheren Wasserbedarf pro gebundenem Kohlenstoff führt.

Nicht-photochemische Löschung schneller anpassen

Weitere Kohlenstoffverluste entstehen beim Wechsel von hell zu dunkel: Im vollen Sonnenlicht absorbiert die Pflanze mehr Licht als sie über die Photosynthese verarbeiten kann. Um oxidative Schäden durch die überschüssige Lichtenergie zu vermeiden, leitet die sogenannte nicht-photochemische Löschung (NPQ) diese Energie ab. Verschwindet die Sonne, dauert es jedoch etwas, bis dieser Prozess stoppt – Zeit, in der die so abgeführte Energie noch für die Photosynthese hätte verwendet werden können. Auch das kostet Studien zufolge zwischen 10 und 30 Prozent der täglichen CO2-Bindungskapazität. Und auch hier leidet die Wasserverwertung: Obwohl die CO2-Aufnahme beim Wechsel zu Dunkelheit sofort einbricht, benötigen die Stomata mehrere Minuten, um ihre Leitfähigkeit auf die neuen Bedingungen herunterzuregeln.

Für Reis hat ein Forschungsteam nun untersucht, inwieweit sich diese Parameter der lichtinduzierten Photosynthese zwischen dem kultivierten Reis Oryza sativa und den beiden wilden Reisakzessionen O. rufipogon und O. nivara unterscheiden. Die zuvor genannten grundlegenden Mechanismen fanden sie zunächst in allen drei Fällen bestätigt. Im Gleichgewichtszustand fanden sich innerhalb jeder Akzession zwischen dem oberen und dem unteren Blattwerk kaum Unterschiede bei den photosynthetischen Merkmalen. Während der Reaktion auf veränderte Lichtverhältnisse erwiesen sich die oberen Blätter jedoch durchweg als leistungsfähiger, obwohl ihre Anpassungszeit länger dauerte.

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Mithilfe eines Infrarot-Gasanalysators wird hier ein Reisblatt analysiert.

Mithilfe eines Infrarot-Gasanalysators wird hier ein Reisblatt analysiert.

Bildquelle: © International Rice Research Institute

Gleiche Flächenleistung bei dünneren Blättern

Wie aufgrund der züchterischen Entwicklung erwartet, wies O. sativa bei stabiler Lichtversorgung die beste Photosyntheserate in Relation zur Blattmasse auf – 40 Prozent höher als die Wildreis-Akzessionen. Bezogen auf die Blattfläche waren die Photosyntheseraten vergleichbar, da die Blätter der kultivierten Sorte deutlich dünner waren. Der RuBisCO-Gehalt war trotz der geringeren Blattmasse in der modernen Akzession unverändert – vermutlich jedoch auf Kosten anderer Proteine wie der RuBisCO-Aktivase, so die Annahme der Forschenden.

Auch bei der nicht-photochemischen Löschung und deren Regulierung lag der kultivierte Reis vorne – vermutlich, weil er durch den strukturierten und konkurrenzarmen Anbau auf Feldern intensiver dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt ist. Die kultivierte Akzession schloss zudem ihre Stomata schneller beim Übergang von hell zu dunkel und verlor dadurch weniger Wasser. Die Bedeutung dieser Eigenschaft wird weiter steigen, da Klimafachleute infolge des Klimawandels erwarten, dass Dürren häufiger werden.

Wildreis bei photosynthetischer Induktion durchweg überlegen

Beim Wildreis waren jedoch die induktionsabhängigen Merkmale durchweg schneller als bei O. sativa – was dazu führte, dass der Wildreis während der Induktionsphase eine höhere Photosyntheserate erzielte. Wildreis – nicht nur diese beiden Akzessionen – könnte also ein wertvolles genetisches Reservoir sein, um kultiviertem Reis ein höheres Tempo bei der photosynthetischen Induktion anzuzüchten.

Dazu passt, dass O. rufipogon einen höheren RuBisCO-Aktivase-Gehalt hat als O. sativa. Allerdings bedeutet das in den meisten Pflanzenarten einen niedrigeren Gehalt an RuBisCO, was wiederum die Rate der CO2-Aufnahme während der Induktion begrenzt. Das zeigten auch die Versuche an allen drei Reisvarianten: Bei guter Lichtversorgung erwies sich stets die RuBisCO-Aktivität als limitierender Faktor der CO2-Bindung. Frühere Studien fanden je nach untersuchter Reissorte entweder biochemische Zusammenhänge oder die Stomataregulierung als begrenzende Faktoren der Photosynthese. Anders als bei manchen anderen Pflanzenarten scheint dieser Effekt bei Reis somit nicht klar definiert zu sein.


Quelle:
Acevedo-Siaca, L.G. et al. (2021): Dynamics of photosynthetic induction and relaxation within the canopy of rice and two wild relatives. In: Food and Energy Security, Volume 10, Issue 3, (August 2021), doi: 10.1002/fes3.286.

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Titelbild: Moderne Reissorten reagieren langsamer auf wechselnde Lichtverhältnisse als ihre wilden Verwandten. Darin liegt züchterisches Potenzial. (Bildquelle © Pexels / Pixabay)