Optimierte Photosynthese für höhere Erträge

Das Projekt „EnCroPho“

05.07.2022 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Weizen im Feld: Kann durch eine optimierte Photosynthese der Ertrag des wichtigen Getreides erhöht werden? Das erforscht das Projekt EnCroPho. (Bildquelle: © Dr. Jon Falk)

Weizen im Feld: Kann durch eine optimierte Photosynthese der Ertrag des wichtigen Getreides erhöht werden? Das erforscht das Projekt EnCroPho. (Bildquelle: © Dr. Jon Falk)

Der Ertrag einer Pflanze hängt maßgeblich von der Effizienz der Photosynthese ab. Das Problem ist nur, dass dieser Prozess bei den meisten Pflanzen nicht optimal läuft. Hier setzt das Forschungsprojekt „EnCroPho“ an, das neuartige Strategien zur Steigerung der Photosyntheserate entwickelt.

Das Problem ist bekannt: Immer mehr Menschen leben auf der Erde und alle müssen ernährt werden. Zudem sollen nicht nur Nahrungsmittel, sondern auch nachwachsende Rohstoffe angebaut werden, um unabhängiger von fossilen Rohstoffen wie Öl oder Gas zu werden. Aber zusätzliche  Anbauflächen für Nutzpflanzen stehen kaum zur Verfügung bzw. können nur auf Kosten von ökologisch wichtigen Naturräumen wie den Regenwäldern gewonnen werden.

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Hat auch die Blattform Einfluss auf die Photosyntheserate? Und wie genau beeinflusst die Form die Leistung? Im Projekt EnCroPho erforscht das Team des Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtungsforschung diese Fragen am Behaarten Schaumkraut.

Hat auch die Blattform Einfluss auf die Photosyntheserate? Und wie genau beeinflusst die Form die Leistung? Im Projekt EnCroPho erforscht das Team des Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtungsforschung diese Fragen am Behaarten Schaumkraut.

Bildquelle: © Dr. Bjorn Pieper

Eine simple Lösung: Mehr Ertrag auf der gleichen Fläche. Und das mit weniger Pflanzenschutzmitteln und Dünger, um der Umwelt nicht zu schaden. Kann das gelingen? Ja, sagt Prof. Peter Westhoff von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Er forscht an einem Prozess, der möglicherweise nicht die erste Stellschraube ist, an die man denkt: an der Photosynthese. Mit ihrer Hilfe können Pflanzen das Sonnenlicht nutzen, um aus dem Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre energiereiche Zucker zu produzieren – der Treibstoff für das pflanzliche Wachstum.

Doch Pflanzen nutzen nur einen relativ kleinen Teil des verfügbaren Lichts und es gibt noch weitere Schwachstellen im Prozess. „Will man also das Ertragspotenzial erhöhen, kommt man nicht daran vorbei, die Photosynthese zu verbessern“, sagt Professor Westhoff. Er leitet das Projekt „Enhancing Crop Photosynthesis“, kurz „EnCroPho“, das genau darauf abzielt.

Das Forschungsprojekt EnCroPho wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm „Pflanzenzüchtungsforschung für die Bioökonomie“ gefördert. Die erste Projektphase lief von 2016 bis 2019. Im Jahr 2020 startete die zweite Projektphase, die noch bis 2023 läuft.

Die Projektpartner und Ansatzpunkte

Im Projekt forschen folgende Partner:

  • Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU): Prof. Dr. Peter Westhoff (Projektkoordinator), Dr. Stefanie Schulze
  • Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung (MPI PZ): Prof. Dr. Miltos Tsiantis, Dr. Bjorn Pieper, Dr. Lukas Baumgarten
  • Forschungszentrum Jülich (FZJ): Dr. Fabio Fiorani
  • Saaten-Union Biotec GmbH: Dr. Jon Falk

Das Projekt betrachtet die Photosynthese auf ganz unterschiedlichen Ebenen, vom Blatt bis hin zum Zusammenspiel in einer Pflanzenpopulation. Die Forscher:innen suchen nach den entscheidenden Stellschrauben, um die Photosynthese zu optimieren. Dabei rückt auch eine spezielle Form der Photosynthese in den Fokus, die nur einige Pflanzenarten betreiben können – die aber unter bestimmten Umweltbedingungen deutlich effizienter ist.

Der Unterschied zwischen C3- und C4-Photosynthese

Die klassische Form der Photosynthese betreiben die meisten höheren Pflanzen in klimatisch gemäßigten Regionen. Man nennt sie aufgrund des ersten stabilen Zwischenproduktes, einem Molekül mit drei Kohlenstoffatomen, auch C3-Photosynthese. Bei der C3-Photosynthese wird CO2 in den Chloroplasten durch das Enzym RuBisCO (kurz für Ribulose-1,5-bisphosphat-carboxylase/-oxygenase) gebunden und zu Zuckern reduziert – dabei entsteht auch Sauerstoff, der in die Atmosphäre gelangt.

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Steckbrief: „EnCroPho“


	Versuchspflanzen: Ackerschmalwand, Behaartes Schaumkraut, Raps, Weizen
	Förderprogramm: „Pflanzenzüchtungsforschung für die Bioökonomie“, BMBF
	Laufzeit: Phase 1: 2016 - 2019; Phase 2: 2020 - 2023
	Projektpartner: HHU, MPI PZ, FZJ, SU Biotec
	Eintrag in unserer Projektdatenbank: EnCroPho I, EnCroPho II

Steckbrief: „EnCroPho“

„Doch RuBisCo entstand zu einer Zeit, als es praktisch noch keinen Sauerstoff in unserer Atmosphäre gab. Das hat sich aber durch die Zunahme an photosynthetisch aktiven Organismen schlagartig gewandelt – der Sauerstoffanteil in der Atmosphäre stieg und stieg. Das Problem dabei ist, dass RuBisCO nicht nur an Kohlendioxid, sondern auch – als Konkurrenzreaktion – an Sauerstoff binden kann, was zur Freisetzung von Kohlendioxid führt. Dieser Vorgang heißt Lichtatmung“, erklärt Westhoff. RuBisCO bindet also häufig an das „falsche“ Molekül und senkt damit letztendlich die Photosyntheseeffizienz.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Lichtatmung mit höheren Temperaturen zunimmt. In wärmeren Regionen der Erde hat die Natur daher eine besondere Lösung gefunden: C4-Photosynthese. Hier ist eine zusätzliche CO2-Fixierung in den Mesophyllzellen der Blätter vorgeschaltet, die nicht mit Sauerstoff konkurriert. Es entsteht eine C4-Verbindung, die anschließend in die Bündelscheidenzellen transportiert wird – der Ort der Photosynthese. Hier wird das Kohlendioxid wieder freigesetzt. Für die RuBisCO in den Bündelscheidenzellen bedeutet das: Die in diesen Zellen nun deutlich erhöhte Kohlendioxidkonzentration reduziert die Sauerstoffbindung an das Enzym und verlangsamt so die Lichtatmung. C4-Pflanzen haben dadurch nicht nur höhere Photosyntheseraten, sie können Stickstoff auch besser nutzen und weisen eine höhere Wassernutzungseffizienz auf.

Interessanterweise hat sich diese Form der Photosynthese im Laufe der Zeit in unterschiedlichen Regionen der Erde unabhängig voneinander entwickelt. Diese Photosyntheseart könnte auch Kulturpflanzen wie Weizen oder Raps „beigebracht“ werden, die bisher nur C3-Photosynthese betreiben können. Aber auch Pflanzen, die eine Mischung aus C3- und C4-Photosynthese betreiben und damit eine verbesserte Photosyntheseleistung haben, wären ein verlockendes Züchtungsziel – ein Ansatz, den das Projekt EnCroPho verfolgt.

Das Vorgehen

Kandidatengene für eine optimierte Blattanatomie

Blätter sind die wichtigsten Organe der Photosynthese. Durch ihre Spaltöffnungen diffundiert CO2 in das Blattinnere. Doch bis es seinen Weg durch die Zellmembranen und in die Chloroplasten findet, können viele Hindernisse lauern. Über diese Hindernisse weiß man noch recht wenig. Daher werden Sie im Projekt vom Team der Universität Düsseldorf an der Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) mithilfe genetischer Ansätze genauer untersucht.

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Das Team der Universität Düsseldorf hat ein Reportergen in Pflanzen übertragen. Es führt zur Produktion eines grün fluoreszierenden Proteins in den Chloroplasten. Hier sieht man exemplarisch diese Fluoreszenz: Referenzlinie (oben), Blätter mit verringerter Fluoreszenz (mitte) und mit höherer Fluoreszenz (unten). 

Das Team der Universität Düsseldorf hat ein Reportergen in Pflanzen übertragen. Es führt zur Produktion eines grün fluoreszierenden Proteins in den Chloroplasten. Hier sieht man exemplarisch diese Fluoreszenz: Referenzlinie (oben), Blätter mit verringerter Fluoreszenz (mitte) und mit höherer Fluoreszenz (unten). 

Bildquelle: © Dr. Stefanie Schulze

Das Team um Professor Westhoff sucht dabei nach noch unbekannten Genen, die die photosynthetische Leistung des Blattes mitbeeinflussen. Dazu erzeugen die Forscher:innen eine Vielzahl von Pflanzen, die durch die Übertragung eines Promotors zufällige Mutationen enthalten. Dieses Steuerelement kann die Expression einzelner Gene verstärken oder hemmen, aber auch Veränderungen der Proteinstruktur hervorrufen.

Um die Wirkung einzelner Genmutationen auf die Photosyntheseleistung messen zu können, haben die Forschenden zusätzlich ein Reportergen in die Pflanzen übertragen. Es führt zur Produktion eines grün fluoreszierenden Proteins in den Chloroplasten. Dadurch lässt sich unter dem Mikroskop das Volumen der Chloroplasten und damit die photosynthetische Aktivität der verschiedenen Mutanten bestimmen. Bei Mutanten mit erhöhter Photosyntheserate wird anschließend untersucht, welches Gen durch den fremden Promotor beeinflusst wird.

In der ersten Projektphase wurde die Machbarkeit dieser Ansätze überprüft. In der zweiten Projektphase sollen damit konkrete Kandidatengene für eine optimierte Blattanatomie identifiziert werden. Dann wird es spannend: Können die Forscher:innen mit den neuen Erkenntnissen dann auch die Photosyntheserate von Raps und damit einer wichtigen Kulturpflanze steigern?

Die äußeren Werte: Blattform und Photosyntheseleistung

Hat auch die Blattform Einfluss auf die Photosyntheserate? Und wie genau beeinflusst die Form die Leistung? Das erforscht das Team des Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln am Behaarten Schaumkraut (Cardamine hirsuta). Die Blätter dieser Pflanze sind zunächst rund und im Laufe des Wachstumsprozesses entwickeln sich komplexe, gefiederte Blätter daraus.

Das Team um Professor Miltos Tsiantis fand heraus, dass die gefiederte Blattform die Photosyntheseleistung und den Samenertrag der Pflanze erhöht. Die Beteiligten wollten dann wissen, ob die Photosyntheseleistung noch gesteigert werden kann, wenn sie die Wachstumsübergänge verändern, d. h. die Blätter sich noch schneller zu gefiederten Blättern entwickeln. Auch dies bestätigte sich.

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Weizen-Mutanten nach zwei Wochen Wachstum bei 50 ppm CO2 (oben, Beispielschale) und während der Samenreife im Gewächshaus am FZJ-IBG2 (unten). Zu den gemessenen Merkmalen erwachsener Pflanzen gehörten: Sprossbiomasse, Anzahl der Ähren, Samenmasse pro Pflanze und 1.000-Korn-Gewicht.

Weizen-Mutanten nach zwei Wochen Wachstum bei 50 ppm CO2 (oben, Beispielschale) und während der Samenreife im Gewächshaus am FZJ-IBG2 (unten). Zu den gemessenen Merkmalen erwachsener Pflanzen gehörten: Sprossbiomasse, Anzahl der Ähren, Samenmasse pro Pflanze und 1.000-Korn-Gewicht.

Bildquelle: © Dr. Fabio Fiorani

Im nächsten Schritt sollen die gewonnenen Erkenntnisse auf eine wichtige Nutzpflanze, den Raps (Brassica napus), übertragen werden. Denn auch die Blätter von Raps sind fiederblattartig gelappt und könnten durch schnellere Wachstumsübergänge somit ebenfalls effizienter werden.

Kann man den Ertrag von Nutzpflanzen durch eine Zwischenform aus C3- und C4-Photosynthese optimieren?

Diese Frage beschäftigt die Teams um Fabio Fiorani vom Forschungszentrum Jülich und Jon Falk von der Saaten-Union Biotec GmbH. Sie wollen überprüfen, ob sich der Ertrag von Weizen (Triticum aestivum) durch „experimentelle Evolution“ steigern lässt. Das evolutionäre Konzept stützt sich auf das gegenwärtige Modell der C4-Evolution: Es besagt, dass der Übergang von der C3- zur C4-Photosynthese in kleinen Schritten verlief und dass jeder Schritt die Photosyntheseleistung etwas erhöhte.

Dafür wurde Weizen zunächst durch zufällige chemische Mutagenese verändert. Anschließend ließen sie die Mutanten in einer Kammer mit niedriger CO2-Konzentration wachsen – also einer Konzentration deutlich unterhalb der Atmosphärenkonzentration. Unter diesen Bedingungen haben Pflanzen mit einem C4-ähnlichen CO2-Vorfixierungsmechanismus deutliche Wachstumsvorteile.

Zwei Pflanzenlinien mit erhöhter Biomasse, Ährenanzahl und höherem Korngewicht konnte das Team selektieren. Ihre mutmaßlich gesteigerte Photosyntheseleistung könnte durch die Entstehung von C3-C4-Zwischenformen erklärt werden. In nächsten Schritt muss noch überprüft werden, welche Mutationen dafür verantwortlich sind. In der zweiten Phase des Projektes will das Team die Kandidatenlinien auch im Freiland testen.

Weitere Untersuchungen der Mutanten

Darüber hinaus analysiert das Team um Jon Falk die im Projekt erzeugten Weizen-Mutanten noch eingehender: Die Gruppe sucht dafür in Weizen-Genbibliotheken nach Genen, die bekanntermaßen eine Rolle bei der Photosynthese spielen. Bei den Mutanten wird dann überprüft, ob sie Varianten dieser Gene (Allele) enthalten und welche phänotypischen Auswirkungen dadurch in punkto Wachstum und Ertrag entstehen.

Die verschiedenen Projektteile können jeweils entscheidende Mosaiksteine dazu beitragen, wie sich die Photosynthese züchterisch optimieren ließe. In Zeiten von Klimawandel und globalen Lebensmittelkrisen wäre das eine bahnbrechende Entwicklung für Ernährungssicherheit und Biodiversitätsschutz.


Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:

Titelbild: Weizen im Feld: Kann durch eine optimierte Photosynthese der Ertrag des wichtigen Getreides erhöht werden? Das erforscht das Projekt EnCroPho. (Bildquelle: © Dr. Jon Falk)

PLANT 2030 vereint die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsaktivitäten im Bereich der angewandten Pflanzenforschung. Derzeit umfasst dies die nationalen Förderinitiativen: „Pflanzenzüchtungsforschung für die Bioökonomie“ und „Bioökonomie International“. Weitere Informationen finden Sie unter: PLANT 2030