Herbizidresistenzen schon natürlicherweise vorhanden
Anpassungsmechanismen gegen Herbizide beim Ackerfuchsschwanz
Der Ackerfuchsschwanz ist ein weit verbreitetes Unkraut und verursacht aufgrund von Herbizidresistenzen große wirtschaftliche Schäden. Wissenschaftler:innen haben nun herausgefunden, dass diese Resistenzen bereits seit sehr langer Zeit in den Pflanzen schlummern – und nicht erst durch Verwendung von Herbiziden auf den Äckern entstanden sind. Das hat Konsequenzen für den Pflanzenschutz.
Der einjährige Ackerfuchsschwanz (Alopecurus myosuroides) ist für Landwirte ein lästiges und mittlerweile auch bedrohliches Unkraut. Eigentlich ist die Pflanze auf feuchten Wiesen und in Laubwäldern beheimatet, aber daran hält sich die Pflanze nicht mehr: Sie hat den Acker erobert. Und zwar so massiv, dass so manches Weizen- oder Gerstenfeld sprichwörtlich vom Unkraut überwuchert wird. Die Kulturpflanzen haben dann das Nachsehen und die Erträge sinken dramatisch. Alleine in Großbritannien wird der wirtschaftliche Schaden auf nahezu eine halbe Milliarde Euro pro Jahr geschätzt.
Herbizide nur noch bedingt wirksam oder unwirksam
Seit einigen Jahrzehnten haben Landwirt:innen versucht, den Ackerfuchsschwanz mit immer neuen Herbizidwirkstoffen einzudämmen – mit mäßigem Erfolg. Immer mehr herbizidresistente Pflanzen des Ackerfuchsschwanzes lassen sich nicht mehr mit diesen Maßnahmen kontrollieren.
Die Strategie des Fuchsschwanzes: Er baut die Wirkstoffe ab oder verhindert auf andere Weise, dass die Herbizidwirkstoffe ihre pflanzlichen Zielproteine erreichen, die sie deaktivieren sollen. Bei dieser Resistenz-Variante können Landwirt:innen noch durch die Erhöhung der Dosis bei den Herbizidbehandlungen entgegensteuern. Aber die Pflanze hat noch eine andere Strategie parat: Sie verändert die Struktur der Zielproteine, die sogenannten Target-Site-Resistenzen. Hier helfen auch keine höheren Herbizid-Dosen mehr – und diese Form der Herbizidresistenz überwiegt nun beim Ackerfuchsschwanz.
Verursachen Spontanmutationen die Target-Site-Resistenzen?
Dieser Frage ging ein Forscherteam der Abteilung für Molekularbiologie am Max-Planck-Institut (MPI) für Biologie in Tübingen und der Abteilung für Nutzpflanzenbiodiversität und Züchtungsinformatik an der Universität Hohenheim (Stuttgart) nach.
Die Antwort war nach Sequenzierung zahlreicher Pflanzen aus ganz Europa schnell gefunden: „Die Variation, die wir in den meisten resistenten Populationen des Ackerfuchsschwanzes gefunden haben, deutet darauf hin, dass sich die Resistenz durch bereits vorhandene Genvarianten verbreitet hat und nur in einem geringeren Maße durch spontane Mutationen entstanden ist" erklärt Fernando Rabanal vom MPI, der die Studie leitete. Die für die Target-Site-Resistenzen nötigen Genvariationen existierten somit sehr wahrscheinlich schon, bevor die Herbizide ihren Selektionsdruck ausübten.
Nicht auf Herbizide allein verlassen!
Simulationen der Durchsetzungsfähigkeit der herbizidtoleranten Ackerfuchsschwänze deuten darauf hin, dass die natürlichen Resistenzgene noch jahrzehntelang selbst auf unbehandelten Feldern zu finden sein werden. Das hat praktische Konsequenzen für den Pflanzenschutz: Unkrautkontrolle dürfe sich nicht allein auf Herbizide stützen, sondern müsse auch mechanische Bekämpfung und Fruchtwechsel beinhalten, um das Unkrautvorkommen auf dauerhaft niedrigem Niveau zu halten, so die Wissenschaftler:innen.
Quelle:
Kersten, S. et al. (2023): "Deep haplotype analyses of target-site resistance locus ACCase in blackgrass enabled by pool-based amplicon sequencing". In: Plant Biotechnology Journal (2023). Online ahead of print. doi: 10.1111/pbi.14033
Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:
- „Hormesis“: Die Dosis macht das Gift - Herbizide können die Fitness von Pflanzen fördern
- Resistenzen verstehen - Wichtige Unkraut-Genome entschlüsselt
- Schon gewusst? Unkräuter sind „Kinder“ der Landwirtschaft
Titelbild: Der Ackerfuchsschwanz überwuchert immer häufiger Getreidefelder (Bildquelle: © Gerd Kraemer / BASF)