SiFo-Projekt: Fruktan-Kartoffeln - Auswirkungen auf Schadorganismen

Futter für die Freßmaschinen.

„Die sind echt fit. Allenfalls Spinnen machen ihnen zu schaffen.“ Pia Roppel hat fast ein wenig Respekt vor den Kartoffelkäfern. In den Schalen auf dem Tisch krabbeln Hunderte von Larven. Sie fressen unablässig. Alle zwei Tage legt Pia Roppel ein frisches Bündel Kartoffelkraut nach. Sie will herausfinden, ob sich Käfer und Larven bei bestimmten Kartoffeln anders entwickeln.

Anbauversuche mit transgenen Fruktan-Kartoffeln. Auf jeder Parzelle werden 12 Kartoffel-Linien getestet: sechs transgene Linien, zwei unveränderte Wildtypen und vier konventionelle Kartoffelsorten.

Mitarbeiterin Pia Roppel zählt Kartoffelkäfer-Larven ab und füllt sie in ein Netz.

Größere Kartoffelkäfer? Pia Roppel zählt zwanzig Larven ab und füllt sie in ein Netz. Dies wird an die Kartoffelpflanzen gebunden. Alle zwei Tage wird das Gewicht der Larven bestimmt. Untersucht wird, ob die Larven sich auf den Fruktan- Kartoffeln besser entwickeln.

Eiablage. Nach der Paarung (links) legen die Kartoffelkäfer-Weibchen an der Unterseite der Blätter ihre Eier ab, insgesamt etwa 1200.

Kartoffelkäferlarve

Zuerst verspeisen die Larven ihre Ei-Hüllen, dann wandern sie fressend die Blatt-Sprossen hoch. Bei starkem Befall kommt es zu einem Kahlfraß und dadurch zu starken Ertragseinbussen.

Pia Roppel vor einem der Holzkäfige, die jeweils eine Parzelle mit Kartoffelkäfern und den Kartoffel-Varianten umschließen.

Larven des Kartoffelkäfers lassen sich Kartoffelblätter schmecken.

Kartoffelkäfer-Larven werden im Labor mit Blättern verschiedener Kartoffeln gefüttert.

Nematoden zählen. Das Auftreten der Fadenwürmer im Wurzelraum der Kartoffelpflanzen wird in durchsichtigen Töpfchen beobachtet.

Blattscheiben der verschiedenen Kartoffel-Varianten wurden mit dem Phytophthora-Pilz infiziert. Nach ein paar Tagen wird bestimmt, wo sich das Pilz- Myzel am besten entwickelt hat.

Blattscheiben der verschiedenen Kartoffel-Varianten wurden mit dem Phytophthora-Pilz infiziert. Nach ein paar Tagen wird bestimmt, wo sich das Pilz- Myzel am besten entwickelt hat.

Die Schalen stehen in einem Sicherheitslabor der Biologischen Bundesanstalt in Kleinmachnow am Rande Berlins. Einige der Blätter, an denen die Larven fressen, stammen von gentechnisch veränderten Pflanzen.

Entwickelt wurden diese Kartoffeln am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Golm. Sie produzieren Fruktan, ein spezielles Kohlenhydrat, dem eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben wird. Zwei Gene sind neu in die Kartoffel eingeführt. Sie sorgen für die Bildung von Enzymen, welche die kartoffeleigenen Zuckerstoffe zu Fruktan verknüpfen.

Zwar ist fraglich, ob diese Kartoffeln jemals auf den Markt kommen werden. Dennoch interessiert es die Wissenschaftler der BBA, welche Folgen es haben könnte, sollten die Fruktan-Kartoffeln tatsächlich angebaut werden.

„Für die Tiere, die auf der Kartoffel leben, ist Fruktan ein neuer Nahrungsbestandteil“, erklärt Projektleiter Bernd Hommel. Es könnte sein, dass sich dadurch bestimmte Schädlinge besser entwickeln. Die Folge: es müssten mehr chemische Pflanzenschutzmittel gespritzt werden. Eine solche „Nebenwirkung“ wäre für Hommel und seine Gruppe ein gravierender Nachteil.

Mehrere Schaderreger sind in die Versuche einbezogen, darunter auch die gefräßigen Kartoffelkäfer. Dieser um 1920 aus den USA eingeschleppte Schädling ist mittlerweile auf der ganzen Welt verbreitet.

Larven im Netz

Siebzig Kilometer vom Institutsgebäude entfernt, im brandenburgischen Dahnsdorf liegt das Versuchsgelände der BBA. Inmitten unzähliger Parzellen werden dort seit 2001 Versuche mit gentechnisch veränderten Fruktan-Kartoffeln durchgeführt: Auf jedem der vier Felder stehen sechs verschiedene Varianten der Fruktan-Kartoffeln (Linien), dazu zwei unveränderte Wildtypen und vier konventionelle Sorten zum Vergleich. Insgesamt wurden jeweils 96 Knollen nach einem bestimmten Muster gepflanzt.

Im Laborversuch hatten einige der transgenen Linien den Kartoffelkäfern offenbar besser geschmeckt. Nun soll dieser Befund im Freiland überprüft werden.

Pia Roppel und Bernd Hommel haben dazu einen neuen Versuch vorbereitet. Zwanzig Käferlarven aus der Instituts-eigenen Zucht werden in jeweils ein Netz gesetzt und darin an Pflanzen der verschiedenen Linien gebunden. Alle zwei Tage wird das Gewicht der Larven gewogen. Nun wird sich zeigen, ob Käfer, die von den Fruktan-Kartoffeln fressen, schneller wachsen.

Mehr Zucker, mehr Eier

Ein ähnlicher Versuch läuft schon länger. Er ist an den großen Holzkäfigen gut zu erkennen, die kleine Versuchsparzellen mit den zwölf Kartoffel-Varianten umschließen. In jeden der sechs Käfige wurden 240 Käfer ausgesetzt, direkt nachdem sie aus dem Boden geschlüpft waren. Gezählt wird die Anzahl der Eigelege, welche die Weibchen über mehrere Tage auf den verschiedenen Pflanzen ablegen.

„Es scheint so, dass bestimmte Kartoffel-Varianten wegen ihrer Nahrungszusammensetzung von den Weibchen bevorzugt werden,“ sagt Pia Roppel. „Es ist bekannt, dass Kartoffeln mit hohen Saccharose-Gehalten einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der Käfer haben.“

Unfreiwillige Versuchsverlängerung

Auch andere Schädlinge wie Nematoden oder Phytophthora-Pilze, die Erreger der Kraut- und Knollenfäule, könnten von den Fruktan-Kartoffeln profitieren. Systematisch werden Hunderte von Blattscheiben mit dem Pilz infiziert. Diese Versuche finden ausschließlich im Labor statt. Im Freiland wäre das Risiko einer _Phytophthora-_Epidemie zu groß.

Systematisch fahnden die BBA-Wissenschaftler nach weiteren möglichen Auffälligkeiten der Fruktan-Kartoffeln. Unter praxisnahen Anbaubedingungen werden deren Aussehen und Knollengröße, Ertrag und Stärkegehalt, aber auch ihr Überwinterungsvermögen im Boden untersucht und mit konventionellen Knollen verglichen.

Noch sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen. Denn die Datenbasis ist bisher schmal - auch deswegen, weil die Versuchsfelder im vergangenen Jahr zerstört wurden. Bernd Hommel hofft, dass die Freilandversuche um ein Jahr verlängert werden. „Um unsere Ergebnisse gut abzusichern, brauchen wir eine dreijährige Vegetationsperiode.“