Aktivierendes Wasser

Wird Gerste mit plasmabehandeltem Wasser versorgt, ist sie besser gegen Dürre gewappnet

23.05.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Studie zu plasmabehandeltem Wasser führte das Forschungsteam am Beispiel der Gerste durch. (Bildquelle: © NickyPe / Pixabay)

Die Studie zu plasmabehandeltem Wasser führte das Forschungsteam am Beispiel der Gerste durch. (Bildquelle: © NickyPe / Pixabay)

Eine Plasmabehandlung reichert in Wasser Substanzen an, die Gerste bei oxidativem Stress helfen. Ob der im Stoffwechsel nachweisbare Effekt auch in der Praxis relevant ist, muss sich jedoch noch zeigen.

Es klingt etwas esoterisch. Doch was ein Forschungsteam der Universität Greifswald jetzt berichtet, ist biochemisch zumindest plausibel und im Versuch dokumentiert: Wird Wasser einer Plasmabehandlung unterzogen, ist eine damit gegossene Pflanze besser gegen den oxidativen Stress infolge von Dürre gewappnet. Kaltes Atmosphärendruckplasma ist ein ionisiertes Gas, das sich aus Elektronen, Ionen, neutralen Atomen und Molekülen, Radikalen, reaktiven Spezies, elektromagnetischer Strahlung und elektrischen Feldern zusammensetzt.

Mehrere Hinweise auf Nutzen von plasmabehandeltem Wasser

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Da plasmabehandeltes Wasser auf die Pflanzen aufgebracht werden muss, dürfte sich die Methode primär für den Anbau in Gewächshäusern eignen.

Da plasmabehandeltes Wasser auf die Pflanzen aufgebracht werden muss, dürfte sich die Methode primär für den Anbau in Gewächshäusern eignen.

Bildquelle: © Jolande / Pixabay

Frühere Studien haben bereits Hinweise darauf gefunden, dass plasmabehandeltes Wasser Phytopathogene inaktivieren, Keimung und Wachstum begünstigen und das antioxidative System beeinflussen kann. Letzteres könnte Pflanzen bei Umweltstress stärken: Umweltstress kann dazu führen, dass Pflanzen reaktive Sauerstoffspezies und auch reaktive Stickstoffspezies anreichen, was im schlimmsten Fall im programmierten Zelltod endet. 

Dass plasmabehandeltes Wasser andere Effekte haben kann als gewöhnliches Wasser, ist kein Hokuspokus: Infolge der Plasmabehandlung bilden sich im Wasser in geringen Konzentrationen unter anderem Wasserstoffperoxid und Stickstoffmonoxid. Beide Moleküle beeinflussen das Signalnetzwerk, das in Pflanzen die Produktion enzymatischer wie nicht-enzymatischer Antioxidantien reguliert. Tatsächlich fand das Greifswalder Forschungsteam Hinweise auf diese Zusammenhänge.

Veränderter Stresspegel infolge von Dürre

Die Fachleute untersuchten am Beispiel der Gerste (Hordeum vulgare), wie sich weitgehend entmineralisiertes und dann plasmabehandeltes Wasser auf das antioxidative System der Pflanze auswirkt, verglichen mit unbehandeltem entmineralisiertem Wasser. Die Studie betrachtete sowohl Blätter als auch Wurzeln und Bedingungen mit und ohne Trockenstress. 

Zunächst stellten die Forscher:innen fest, dass das plasmabehandelte Wasser wie erwartet Wasserstoffperoxid und Stickstoffmonoxid in mikromolarer Konzentration enthielt. In Gerste, die mit entmineralisiertem Wasser versorgt wurde, maß das Team in Blättern einen infolge von Trockenstress um den Faktor 150 erhöhten Gehalt an Prolin. Das war zu erwarten, denn die Aminosäure gilt als Maß für Stress. Bei Versorgung mit plasmabehandeltem Wasser erhöhte sich der Prolingehalt nach Trockenstress um das 136-fache und damit etwas weniger. Umgekehrt war die Situation in den Wurzeln: Hier steigerte der Trockenstress den Prolingehalt im Fall des entmineralisierten Wassers um den Faktor 5,4. Beim Versuch mit plasmabehandeltem Wasser war der Prolingehalt 7,6-fach erhöht. Zwei Wochen nach Ende der Dürre sank der Prolingehalt wieder auf das Normalniveau.

Manche Veränderung ohne statistische Signifikanz

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Projektvideo „Physics for Food“. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt erprobt verschiedene physikalische Technologien, um innovative Anwendungen für die Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung zu entwickeln – darunter auch Plasmen zur Förderung der Stresstoleranz bei Getreiden.

Projektvideo „Physics for Food“. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt erprobt verschiedene physikalische Technologien, um innovative Anwendungen für die Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung zu entwickeln – darunter auch Plasmen zur Förderung der Stresstoleranz bei Getreiden.

Bildquelle: © Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V.

Der Chlorophyllgehalt gilt als Maß für photooxidativen Stress. Ohne Stress wiesen Pflanzen mit plasmabehandeltem Wasser signifikant höhere Chlorophyllwerte auf als jene, die entmineralisiertes Wasser erhalten hatten. Das Forschungsteam vermutet hinter dem erhöhten Chlorophyllgehalt einen direkten Effekt von Wasserstoffperoxid und Stickstoffmonoxid. Unter Stressbedingung war die Erhöhung jedoch nicht mehr signifikant. Der Quantenertrag des Photosystems II bestätigte diese Beobachtung. 

Betrachteten die Forscher:innen die gesamte antioxidative Kapazität der Pflanzen, war diese ohne Stress durch plasmabehandeltes Wasser verringert, bei Stress jedoch in Blättern und noch deutlicher in Wurzeln signifikant erhöht. Ein Maß für oxidativen Stress ist außerdem die sogenannte Thiobarbitursäurezahl. Sie war im Fall des plasmabehandelten Wassers in Blättern mit und ohne Stress leicht, jedoch nicht signifikant erhöht. In den Wurzeln zeigte sich hingegen unter Trockenstress eine signifikante Steigerung. 

Mit weiteren Messungen konnte die Studie nachweisen, dass plasmabehandeltes Wasser auch Komponenten des Ascorbat-Gluthation-Zyklus’ beeinflusst, sowohl mit als auch ohne Trockenstress. Ascorbat ist ein wichtiger antioxidativer Metabolit und Gluthation ist wesentlich, um die Redox-Homöostase zu bewahren.

Potenzielle Priming-Mittel gegen Trockenstress

Bemerkenswert ist an der Studie vor allem, dass eine Benetzung der Blätter mit plasmabehandeltem Wasser auch das antioxidative System in den Wurzeln beeinflusste - ein Hinweis darauf, dass dieses Wasser systemische Signale aktiviert. Allerdings zeigte die Studie auch, dass das plasmabehandelte Wasser die Prozesse der Dürretoleranz nicht vor Eintritt des Stressereignisses verbessert, sondern der Effekt erst infolge des Stresses aktiviert wird. Plasmabehandeltes Wasser könnte sich daher den Studienautor:innen zufolge bei Gerste als Priming-Mittel gegen Trockenstress eignen. Anwendbar wäre die Methode wohl vor allem im Gewächshaus – wenn sie sich in weiteren Studien tatsächlich als ertragsrelevant erweist.


Quelle:
Bussmann, F., et al. (2022): Long-Term Effects of Cold Atmospheric Plasma-Treated Water on the Antioxidative System of Hordeum vulgare. In: Journal of Plant Growth Regulation, (2023) 42:3274–3290. doi: 10.1007/s00344-022-10789-w.

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Titelbild: Die Studie zu plasmabehandeltem Wasser führte das Forschungsteam am Beispiel der Gerste durch. (Bildquelle: © NickyPe / Pixabay)