„Aufputschmittel“ Artenvielfalt

Die Kombination ausgewählter Wildpflanzenarten macht müde Böden munter

21.12.2021 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Wildblumen auf der Prärie: Je größer die Artenvielfalt, desto besser das Nährstoffangebot im Boden. (Bildquelle:  © iStock.com/Tee-roy)

Wildblumen auf der Prärie: Je größer die Artenvielfalt, desto besser das Nährstoffangebot im Boden. (Bildquelle: © iStock.com/Tee-roy)

Forscher:innen haben erforscht, wie man ausgelaugte Böden mit Hilfe pflanzlicher Artenvielfalt wieder fruchtbar machen kann – ganz ohne Dünger.

Der Verlust der Bodenfruchtbarkeit durch intensive Landwirtschaft ist neben Klimawandel und Verlust der Biodiversität ein großes Thema unserer Zeit. Monokulturen stören das feine Nährstoffgleichgewicht im Boden. Die Folge sind Nährstoffverluste, die durch immer mehr Dünger ausgeglichen werden müssen. Noch schwerer ist es, ausgelaugte Böden wieder in ihren fruchtbaren Zustand zurückzuversetzen. Allerdings gibt es Hilfe von pflanzlicher Seite: Je artenreicher die Vegetation ist, desto schneller regenerieren sich die Böden, so das Ergebnis verschiedener Studien. Warum das so ist, hat jetzt ein Forschungsteam untersucht.

Pflanzen und Nährstoffe

Damit Pflanzen auf einem Boden gut wachsen können, benötigen sie die sogenannten Makronährstoffe Stickstoff (N), Kalium (K), Phosphor (P), Kalzium (Ca) und Magnesium (Mg) aus dem Boden, die sie je nach Pflanzenart auch aus tieferen Bodenschichten nach oben holen. Sterben diese Pflanzen ab, gelangen die Nährstoffe durch Zersetzung in die obere Bodenschicht und stehen anderen Pflanzen zur Verfügung. So erhalten Pflanzen in einem Ökosystem die Fruchtbarkeit des Bodens. Pflanzt man hingegen nur eine Pflanzenart an, kommt es im oberen Bodenbereich oft zu Nährstoffdefiziten, der Boden wird langfristig ausgelaugt (Bodenverarmung).

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Monokulturen laugen die Nährstoffe des Bodens einseitig aus.

Monokulturen laugen die Nährstoffe des Bodens einseitig aus.

Bildquelle: © Violetta - Fotolia.com

23 Jahre Wachstum

Dies haben Forschende auf einer ehemaligen Ackerfläche in Minnesota (USA) nun näher untersucht. Im Jahr 1993 wurde die obere Bodenschicht des Sandbodens entfernt, um die Samen von einjährigen Ackerbegleitkräutern zu beseitigen. Zu Beginn des Experiments waren die Bodengehalte von C und N gering, von P aus geologischen Gründen hoch. Ein Jahr später wurden auf insgesamt 150 Parzellen jeweils eine, zwei, vier, acht oder 16 verschiedene mehrjährige Wildpflanzenarten gesät.

Die Pflanzenarten entstammten drei für die Prärie Nordamerikas typischen „funktionellen Gruppen“: Süßgräser (Poaceae), Hülsenfrüchtler (Fabaceae) und weitere Stauden (Korbblütler (Asteraceae), Lippenblütler (Lamiaceae) sowie Hundsgiftgewächse (Apocynaceae)). Die Flächen wurden nicht gedüngt, aber jedes Jahr im Frühling abgebrannt. 23 Jahre später (2017) wurden Proben von Pflanzen und Böden aller Parzellen genommen und auf ihre Nährstoffgehalte und die Biomasseproduktion untersucht.

Sieg der Biodiversität

Die Auswertungen ergaben, dass auf der Fläche mit 16 verschiedenen Pflanzenarten die Nährstoffe N, K, Ca und Mg sowie die Kohlenstoffgehalte in der oberen Bodenschicht (0 bis 20 cm) gegenüber den Flächen mit nur einer Pflanzenart deutlich erhöht waren (N = +29 Prozent, K = +95 Prozent, Ca = +30 Prozent, Mg = +29 Prozent, C = +34 Prozent). Der für die dortigen Böden natürlich hohe Phosphorwert blieb nahezu unverändert. Zudem verbesserten sich der pH-Wert und die Kationenaustauschkapazität (KAK), ein Maß für die Fähigkeit des Bodens, Nährstoffe zu binden.

Auch in der Blattbiomasse der Pflanzen aus dieser Versuchsfläche lagen die Nährstoffe K, Ca und Mg zwischen 150 und 370 Prozent höher im Vergleich zu den Monokulturen, wobei Kalium mit 370 Prozent die höchste Steigerung zeigte. In der Wurzelmasse lagen die Werte zwischen 90 und 150 Prozent höher als in den Pflanzen aus den Monokulturflächen.

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Boden im Fokus: Die Auswertungen ergaben, dass auf der Fläche mit 16 verschiedenen Pflanzenarten die Nährstoffe N, K, Ca und Mg sowie die Kohlenstoffgehalte in der oberen Bodenschicht gegenüber den Flächen mit nur einer Pflanzenart deutlich erhöht waren.

Boden im Fokus: Die Auswertungen ergaben, dass auf der Fläche mit 16 verschiedenen Pflanzenarten die Nährstoffe N, K, Ca und Mg sowie die Kohlenstoffgehalte in der oberen Bodenschicht gegenüber den Flächen mit nur einer Pflanzenart deutlich erhöht waren.

Bildquelle: © Jing / Pixabay

Viele Pflanzenarten, viele Nährstoffe

Auf Flächen mit Süßgräsern, Hülsenfrüchtlern und anderen Stauden zeigte sich die größte Zunahme der Nährstoffe (N, K, Ca, Mg und C im Boden und N, K, Ca und Mg in der Biomasse). Auf den Flächen, wo lediglich eine oder zwei dieser Pflanzengruppen vorkamen, war die Zunahme der Nährstoffe signifikant geringer. Im Vergleich der einzelnen Nährstoffe untereinander konnten die Forscher:innen feststellen, dass vor allem hohe Bodengehalte von N, C und K mit einer erhöhten Biomasseproduktion in Verbindung standen.

Weitere Untersuchungen zeigten, dass die verschiedenen funktionellen Pflanzengruppen für die Erhöhung einzelner Nährstoffe im Boden verantwortlich waren: Vor allem C4-Gräser hatten einen hohen Biomassezuwachs in den Wurzeln, was die Forscher:innen als Begründung für den gestiegenen C-Gehalt im Boden vermuteten. Sie hatten dafür aber wenig Ca, Mg, N und K in den Blättern. Hülsenfrüchtler hatten dagegen erhöhte N- und Ca-Gehalte in den Blättern, dafür weniger K, Stauden hatten deutlich erhöhte Werte von K, Ca und Mg in den Blättern, aber niedrige N-Gehalte. Beide Gruppen hatten zudem weniger Wurzelbiomasse als die C4-Gräser.

Gute Teamplayer

Die Forscher:innen schlossen daraus, dass die einzelnen Gruppen mit ihren speziellen „Nährstoff-Vorlieben“ sich ideal ergänzen und so den Boden mit allen nötigen Nährstoffen versorgen. Damit könne dementsprechend auch ein ausgelaugter Boden langfristig wieder fit gemacht werden. Wichtig sei dafür allerdings das Wissen, welche Pflanzenarten welche Nährstoffe im Boden anreichern, so dass eine passgenaue Kombination von Pflanzen gesät werden kann. Eine gut gewählte Kombination von Wildpflanzenarten könne beispielsweise in eine rotierende Fruchtfolge eingebaut oder als Zwischenfrucht ausgesät werden. Neben dieser „Bodenpflege“ könne so auch der Düngerverbrauch gesenkt werden, betonen die Forscher:innen.


Quelle:
Furey, G.N. und Tilman, D. (2021): Plant biodiversity and the regeneration of soil fertility. In: PNAS, Vol 118 (49), (7. Dezember 2021), doi: 10.1073/pnas.2111321118.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Wildblumen auf der Prärie: Je größer die Artenvielfalt, desto besser das Nährstoffangebot im Boden. (Bildquelle:  © iStock.com/Tee-roy)