Bedrohliche Verwandtschaftsverhältnisse

Genom-Überwachung enthüllt Ursprung und Anpassungsfähigkeit des Weizenbrand-Erregers in Afrika

09.05.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Weizenfeld im Sonnenuntergang: Der Weizenanbau ist global zunehmend durch den Erreger des Weizenbrandes bedroht. (Bildquelle: © Petra / Pixabay)

Weizenfeld im Sonnenuntergang: Der Weizenanbau ist global zunehmend durch den Erreger des Weizenbrandes bedroht. (Bildquelle: © Petra / Pixabay)

Wie bekämpft man einen Erreger, der mittlerweile weltweit großflächige Ernteausfälle verursacht? Indem man seine genetische Herkunft und seine Anpassungsfähigkeit beobachtet und ihm so schneller auf die Schliche kommt.

Aktuell sind wir bei unserer Lebensmittelversorgung abhängig von wenigen Süßgräsern: Weizen, Roggen, Hafer, Gerste, Hirse, Mais und Reis. Umso gefährlicher ist es, wenn Schädlinge und Pflanzenkrankheiten verstärkt diese Arten attackieren - so auch der Weizenbrand, der in Südamerika, Asien und Afrika in letzter Zeit für enorme Ernteausfälle gesorgt hat. In einer neuen Studie haben Forscher:innen den Erreger des letzten Ausbruchs in Sambia genetisch analysiert.

Weizenbrand

Der Weizenbrand (Magnaporthe oryzae) ist ein Pilz, der bevorzugt Reis (Oryza sativa) und Weizen (Triticum aestivum) befällt. Er benötigt hohe Luftfeuchtigkeit und warme Temperaturen, also klimatische Bedingungen, wie sie in den Tropen und Subtropen herrschen.

1985 trat eine Mutante von M. oryzae erstmals in Brasilien auf, die größere Schäden anrichtete. Dort war zuvor eine neue Weizensorte eingeführt worden, der ein Abwehr-Gen fehlte: das Resistenzgen RWT3, das zusammen mit RWT4 auf die Pilz-Effektorproteine PWT3 und PWT4 von M. oryzae reagiert. Doch die Pilz-Mutante besaß nur noch einen der beiden Effektoren, PWT3. Dadurch konnte der Pilz einen klassischen Wirtswechsel vollziehen: vom Weidelgras auf den nun wehrlosen Weizen.

Aber damit noch nicht genug: Durch den benachbarten Anbau von Weizensorten mit und ohne RWT3-Gen passte sich der Pilz schließlich durch eine Loss-of-function-Mutation von PWT3 weiter an. Ohne PWT3 und PWT4, so zeigten Studien, wurde er auch für Weizensorten mit einem RWT3-Gen hochansteckend. Ein weiterer großen Ausbruch mit einer Vernichtung von etwa 90 Prozent der Weizenernte trat 2016 in Bangladesch auf, den letzten großen Ausbruch gab es schließlich 2018 in Sambia. Der Erreger aus Bangladesch stammte ursprünglich aus Südamerika, die Herkunft des Erregers in Sambia war bislang noch unbekannt.

Alles eine Sippe

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Auch Reis wird vom Weizenbrand (Magnaporthe oryzae) befallen.

Auch Reis wird vom Weizenbrand (Magnaporthe oryzae) befallen.

Bildquelle: © consoler safari / Pixabay

Die Forscher:innen bestimmten daher zunächst die Abstammungsverhältnisse zwischen den einzelnen Linien aus Südamerika, Bangladesch und Sambia. Dazu untersuchten sie 84 SNPs (Single Nucleotide Polymorphisms, Einzelnukleotid-Polymorphismen) und sequenzierten die Genome von 71 unterschiedlichen Proben aus Südamerika, Asien und Afrika. Sie konnten nachweisen, dass die Erreger aus Bangladesch und Sambia zu unterschiedlichen Zweigen des gleichen Pilzstammes (B71) aus Bolivien gehörten. Außerdem waren beide Ableger anscheinend unabhängig voneinander nach Asien bzw. Afrika gelangt.

Die Forscher:innen fanden außerdem heraus, dass alle Pilzproben das Effektorgen AVR-Rmg8 besaßen, aber nicht den PWT4-Effektor. Während AVR-Rmg8 das Weizenresistenzgen Rmg8 aktiviert, also eine Immunantwort der Pflanze induziert, kann PWT4 wiederum das Resistenzgen und damit die Immunreaktion des Weizens unterdrücken. Infektions-Versuche mit 14 isolierten Proben (mit AVR-Rmg8, aber ohne PWT4) zeigten, dass der Erreger Weizenpflanzen mit dem Resistenzgen Rmg8 nicht infizieren konnte.

Weitere Versuche deckten auf, dass die meisten Pilzproben noch mit dem Fungizid Strobilurin bekämpft werden können. Die Forscher:innen konnten aber in einer Probe schon eine spontane Resistenz gegen das Mittel nachweisen. Auch die Fähigkeit zur sexuellen Fortpflanzung zwischen den untersuchten Erregern und einer anderen in Afrika vorkommenden M. oryzae-Linie, die hauptsächlich die ebenfalls dort angebaute Fingerhirse (Eleusine coracana) befällt, konnte im Labor beobachtet werden.

Globale Überwachung notwendig

Der Weizenbrand ist daher aktuell eine der größten Bedrohungen für die globale Lebensmittelversorgung. Durch seine Anpassungsfähigkeit und weltweite Verbreitung kann er Ernteausfälle in bedrohlicher Höhe verursachen. Um die in Afrika nun vorherrschende Linie des Weizenbrands einzudämmen, empfehlen die Forscher:innen als kurzfristige Maßnahme, bevorzugt Weizensorten mit dem Resistenzgen Rmg8 anzubauen.

Sie betonen aber auch, dass damit das Problem nicht gelöst ist. So besteht die Gefahr, dass die Pilze Resistenzen gegenüber Strobilurin-Fungizide entwickeln, ebenso könnten weitere Mutationen mit möglichen Anpassungen an das Rmg8-Resistenzgen des Weizens entstehen. Daher sei eine globale genomische Überwachung des Pilzes notwendig, ebenso eine präventive Weizenresistenzzüchtung.


Quelle:
Latorre, S. M. et al (2023): Genomic surveillance uncovers a pandemic clonal lineage of the wheat blast fungus. In: PLoS Biol 21 (4), 11. April 2023. dx.doi.org/10.1371/journal. pbio.3002052

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Titelbild: Weizenfeld im Sonnenuntergang: Der Weizenanbau ist global zunehmend durch den Erreger des Weizenbrandes bedroht. (Bildquelle: © Petra / Pixabay)