Deubiquitinase ist Schlüsselenzym bestimmter Immunreaktionen

Zusammenhänge zwischen Infektionen und programmierten Zelltod entschlüsselt

19.12.2018 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) diente hier als Versuchspflanze. (Bildquelle: © sinitar / Fotolia.com)

Die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) diente hier als Versuchspflanze. (Bildquelle: © sinitar / Fotolia.com)

Pflanzen können Angriffe von Pathogenen auf ihr Immunsystem detektieren und sich dagegen verteidigen. Einen beispielhaften Mechanismus in der Ackerschmalwand haben deutsche und dänische Forscher nun aufgeklärt.

Jedes Jahr gehen rund 30 Prozent der globalen Ernteerträge durch Pflanzenkrankheiten verloren. Entsprechend intensiv beschäftigt sich die Pflanzenforschung mit der Interaktion zwischen Pflanze und Pathogen. Ein wichtiger Schutzmechanismus der Pflanzen besteht darin, die eigenen Zellkomponenten auf Veränderungen zu überwachen, die von Pathogenen verursacht werden. Einen bislang unbekannten Mosaikstein in diesem komplexen System hat nun ein deutsch-dänisches Forscherteam analysiert.

Zelltod als Abwehrmaßnahme

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Pflanzen können Zellen gezielt absterben lassen, wenn diese alt, nutzlos oder krank sind. Oder wenn Gefahr droht. Mehr dazu erfahren Sie auch in unserem Plantainment "Waffen der Pflanzen": Programmierter Zelltod

Pflanzen können Zellen gezielt absterben lassen, wenn diese alt, nutzlos oder krank sind. Oder wenn Gefahr droht. Mehr dazu erfahren Sie auch in unserem Plantainment "Waffen der Pflanzen": Programmierter Zelltod

Bildquelle: © Pflanzenforschung.de

Wenn Pathogene eine Pflanze infizieren, übertragen sie sogenannte Effektoren in die Zellen. Sie haben die Aufgabe, Komponenten des pflanzlichen Immunsystems ausschalten. Sogenannte „nukleotidbindende leucinreiche Wiederholungen“-Rezeptoren (NLRs) erkennen solche Angriffe und aktivieren über eine komplexe Signalkaskade die effektorgetriggerte Immunität (ETI). Hunderte von Genen können dabei aktiviert werden, oftmals ist der programmierte Zelltod die Konsequenz: Die infizierten Zellen werden von der Pflanze selbst abgetötet, um die Infektion zu stoppen. Für die Modellpflanze Arabidopsis thaliana ist aus früheren Screenings bekannt, dass die Proteine EDS1, PAD4 und NDR1 in dieser Signalreaktion eine zentrale Rolle spielen.

Das deutsch-dänische Team ist durch die A.-thaliana-Mutante pen1 syp122 auf ein weiteres wichtiges Molekül aufmerksam geworden. Die Mutante zeigt eine Autoimmunität, die auf die Deubiquitinase „associated molecule with the SH3 domain of STAM“, kurz AMSH3, zurückgeht. Das Enzym ist identisch mit dem „suppressor of syntaxin-related death 4“ (SSD4), wie sich im Laufe der Untersuchungen herausstellte.

Unabhängig von SA- und Pip-Signalsektoren

In ihrer Analyse haben sich die Pflanzenforscher die Mutante pen1 syp122 ssd4-1 näher angesehen und mittels unterschiedlicher Knock-out-Mutanten und Komplementierungen das Zusammenspiel mit weiteren Proteinen analysiert. So fand das Team heraus, dass die Funktion von AMSH3 unabhängig von den SA- und Pip-Signalsektoren ist. Diese Sektoren interessierten die Forscher, besonders, da sie funktional sein müssen, um den Autoimmunitätsphänotyp der Mutante pen1 syp122 entstehen zu lassen.

Anhand von lsd1-2- und acd11-2-Mutanten untersuchten die Wissenschaftler den Einfluss von AMSH3 auf den Zelltod. Dabei zeigte sich, dass AMSH3 auch für die Autoimmunität von lsd1-2 erforderlich ist, dass aber weder das amsh3-3- noch das amsh3-4-Allel die Autoimmunität von acd11 aufrecht erhalten konnten.

AMSH3 keine lebenswichtige Komponente

Die Keimlingssterblichkeit von AMSH3-Knock-out-Pflanzen konnten die Forscher auf einen EDS1-abhängigen programmierten Zelltod zurückführen. Auch die Akkumulation von Ubiquitinkonjugaten in amsh3-4-Pflanzen, die mit Bentothiadiazol behandelt wurden, resultierte aus dem EDS1-abhängigen Zelltod und war keine direkte Folge einer verringerten Deubiquitinaseaktivität. AMSH3 scheint somit keine lebenswichtige Komponente der zellulären Maschinerie zu sein. Das Enzym könnte stattdessen von ein oder mehreren immunitätsaktivierenden TNL (Toll-like/interleukin-1 receptor NLRs) überwacht sein. Diese können in A. thaliana die effektorgetriggerte Immunität aktivieren.

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Die unscheinbare Pflanze Arabidopsis thaliana ist die wichtigste Modellpflanze in der Pflanzenforschung. Warum das so ist erfahren Sie in dieser Bildstrecke.
Bildstrecke: Ein Unkraut steht Modell

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Bildquelle: © Jörg Abendroth / MPl für Entwicklungsbiologie

Um zu testen, ob AMSH3 für die effektorgetriggerte Immunität erforderlich ist, infizierten die Pflanzenforscher amsh3-3- und amsh-3-4-Pflanzen mit Pseudomonas syringae. Die resultierenden Bakterientiter wiesen darauf hin, dass AMSH3 für die Resistenz durch RPM1 und RPS2 erforderlich ist, nicht aber für jene durch RPS4 und RPS5. Weitere Analysen ergaben, dass der von RPM1 und RPS2 ausgelöste programmierte Zelltod von der katalytischen Deubiquitinaseaktivität von AMSH3 abhängt.

Intaktes ESCRT-System erforderlich

Ebenfalls untersuchten die Forscher, ob die ASMH3-Aktivität ein intaktes ESCRT-System verlangt, indem sie dessen Funktion durch SKD1 blockierten. Tatsächlich blieb in diesem Fall der sonst von RPM1 getriggerte Zelltod aus.

„Wir haben die ESCRT-III-assoziierte Deubiquitinase AMSH3 als Regulator der pen1 syp122 Autoimmunität identifiziert“, resümieren die Forscher. „Unsere Daten legen nahe, dass AMSH3 erforderlich ist für den durch die coiled-coil NLRs RPM1, RPS2 und ADR1 vermittelten programmierten Zelltod.“ Auslöser für den Zelltod sei ein NLR (nucleotide-binding oligomerization domain-like receptor), dessen Stabilität von AMSH3 abhänge. Überwacht würden die Komponenten dieses Signalwegs wohl durch TNLs.

Bemerkenswerter Unterschied zu Hefe

Allerdings hat die Studie auch neue Fragen aufgeworfen. Ob die ESCRT-Proteine essenziell sind, obwohl ihre Inhibierung schwere Veränderungen in Bläschenkörpern bewirkt, müssen künftige Untersuchungen zeigen. Denkbare wäre auch, dass die Proteine alternativ durch ein oder mehrere immunitätsaktivierende NLRs überwacht werden. Bemerkenswert sei zudem, dass der ESCRT-Signalweg in Hefe verzichtbar ist. Angesicht der positiven Rollen von AMSH3 und SKD1 für die Immunität könne es demnach biologisch bedeutsam sein, dass NLRs den ESCRT-III-Signalweg in Pflanzen überwachen.


Quelle:
Schultz-Larsen, T. et al. (2018): The AMSH3 ESCRT-III-Associated Deubiquitinase Is Essential for Plant Immunity. In: Cell Reports 25, 2329–2338, (27. November 2018), doi: 10.1016/j.celrep.2018.11.011.

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Titelbild: Die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) diente hier als Versuchspflanze. (Bildquelle: © sinitar / Fotolia.com)