BMBF „Think-Tank“ fordert eine engere Verknüpfung von Pflanzen-, Ernährungs- und Gesundheitsforschung

16.12.2010 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Schnittstellen von Pflanzen-, Ernährungs- und Gesundheitsforschung im Blick (© Pflanzenforschung.de)

Die Schnittstellen von Pflanzen-, Ernährungs- und Gesundheitsforschung im Blick (© Pflanzenforschung.de)

Mangelernährung und ernährungsbedingte Krankheiten sind globale Herausforderungen unserer Zeit. Im Kampf gegen Hunger und Fehlernährung spielt die Pflanzenforschung eine zentrale Rolle. Doch nur ein breites Spektrum sich ergänzender Maßnahmen kann Erfolge erzielen. Daher müssen neue, interdisziplinäre Forschungsansätze erarbeitet und aufeinander abgestimmt werden. Zu diesem Schluss kommen die Teilnehmer des BMBF-Fachforums „Pflanzenforschung, Ernährung & Gesundheit“, das am 15. und 16. Dezember in Berlin stattfand.

Auf Initiative der BMBF-Fördermaßnahme „Pflanzenbiotechnologie der Zukunft“ und des BioÖkonomieRats diskutierten am 15. und 16. Dezember Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, NGOs und Politik Forschungsansätze zur Lösung globaler Ernährungs- und Gesundheitsprobleme. Im Rahmen verschiedener Vorträge und Workshops wurden Erkenntnisse der Pflanzen-, Ernährungs- und Gesundheitsforschung in einen breiten wissenschaftlichen Kontext gestellt und Schnittstellen zwischen den Forschungsfeldern definiert. Aspekte der Nachhaltigkeit flossen ebenso in die Diskussion ein wie gesellschaftliche und ethische Fragestellungen. Die Experten betonten, dass es zur Lösung der anstehenden Herausforderungen notwendig sei, ganzheitliche und interdisziplinäre Forschungsansätze zu etablieren. Die internationale Zusammenarbeit müsse dabei ebenso ausgebaut werden wie Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. 

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In drei Workshops erarbeiteten die Teilnehmer des Fachforums Visionen zur Lösung der globalen Ernährungs- und Gesundheitsprobleme.  

In drei Workshops erarbeiteten die Teilnehmer des Fachforums Visionen zur Lösung der globalen Ernährungs- und Gesundheitsprobleme.  

Bildquelle: © Pflanzenforschung.de

Die Pflanzenforschung steht vor enormen Herausforderungen: Zum einen muss sie Lösungen finden, um den steigenden Nahrungsmittelbedarf einer wachsenden Weltbevölkerung zu befriedigen und damit Hunger und Mangelernährung zurück zu drängen. Zum anderen kämpfen Industrieländer und zunehmend auch Schwellen- und Entwicklungsländer mit den Folgen von Überernährung bzw. anderen ernährungsbedingten Zivilisationskrankheiten. Diesen widersprüchlichen Anforderungen kann die Pflanzenforschung nur gerecht werden, wenn sie die externe Expertise der Ernährungs- und Gesundheitsforschung in die eigenen Forschungsansätze einbezieht. „Damit können mögliche Synergieeffekte zwischen Pflanzen-, Ernährungs- und Gesundheitsforschung frühzeitig genutzt werden“, erklärt Dr. Nils Stein, Pflanzenforscher am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben.

Die Ernährungsforscher forderten eine verbesserte Verbraucheraufklärung. Professor Dr. Hans-Georg Joost, Wissenschaftlicher Vorstand des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung, verweist in diesem Zusammenhang auf die Komplexität des Themas: „Um zu verstehen, warum Ernährungsempfehlungen bislang schwer umzusetzen sind, benötigen wir eine bessere Kenntnis darüber, welche Mechanismen die Nahrungsauswahl beeinflussen“.

Bislang hatte die Ernährungsforschung in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem das Image einer „Versorgungswissenschaft“. Für die globale Sicherung einer gesunden Ernährung bleibt dies auch weiterhin so. „In hochentwickelten Gesellschaften mit Problemen der Fettsucht und den Folgeerkrankungen wird die Ernährungsforschung in Neubestimmung Teil der Gesundheitsforschung. In diesem neuen Auftrag bewegt sich die Ernährung in das Zentrum der Lebenswissenschaften. Wie diese nutzt sie die Genetik, Molekular- und Zellbiologie zum besseren Verständnis der Wechselwirkungen zwischen dem menschlichen Genom und der Ernährungsweise, auch in Hinblick auf die damit verbundenen Erkrankungen“, so Professor Dr. Hannelore Daniel, Ernährungsphysiologin an der Technischen Universität München. 

Die anwesenden Wissenschaftler forderten eine ganzheitliche Betrachtung der komplexen Beziehung zwischen Pflanzenforschung, Ernährung und Gesundheit. Alle Akteure der Wertschöpfungskette, von der landwirtschaftlichen Produktion über die Verarbeitung bis hin zur Vermarktung von Lebensmitteln, müssten gemeinsam Verantwortung übernehmen. Hierbei sei eine stärkere Kooperation zwischen Forschung und Wirtschaft essentiell. Um Hunger und Fehlernährung auf globaler Ebene einzudämmen, reiche nach Ansicht der Experten eine erhöhte Agrarproduktion allein nicht aus. 

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In der Podiumsdiskussion diskutierten Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik neue Lösungswege. Im Bild von links: Dr. Henk van Liempt (BMBF), Dr. Günter Strittmatter (KWS Saat AG), Dr. Thomas Kirchberg (Bundes-vereinigung der Deutschen Ernährungswirtschaft / Südzucker AG), Dr. Kristina Sinemus (genius - wissenschaft und kommunikation) sowie Prof. Dr. Hans-Georg Joost (Deutsches Institut für Ernährungsforschung). 

In der Podiumsdiskussion diskutierten Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik neue Lösungswege. Im Bild von links: Dr. Henk van Liempt (BMBF), Dr. Günter Strittmatter (KWS Saat AG), Dr. Thomas Kirchberg (Bundes-vereinigung der Deutschen Ernährungswirtschaft / Südzucker AG), Dr. Kristina Sinemus (genius - wissenschaft und kommunikation) sowie Prof. Dr. Hans-Georg Joost (Deutsches Institut für Ernährungsforschung). 

Bildquelle: © Pflanzenforschung.de

Um den Bedarf an gesunden Lebensmitteln auch langfristig zu sichern, müsse die Landwirtschaft und die Ernährungsindustrie zukünftig noch effizienter, ressourcenschonender und umweltverträglicher wirtschaften. Dass diese mit dem Schutz der Biodiversität und dem Umwelt- und Klimaschutz ebenso vereinbar sein sollten wie mit einem angemessenen Einsatz von Ressourcen, ist ein weiteres wichtiges Ergebnis des Fachforums. Das Leitbild einer nachhaltigen Landwirtschaft ist für die Ernährungssicherung in den Entwicklungs- und Schwellenländern ebenso wichtig wie für die intensive Landbewirtschaftung in den Industrieländern. Zudem müsse eine breite gesellschaftliche Debatte zur Technologieoffenheit angestoßen werden, betonten die Teilnehmer des Diskussionsforums.

Mit der Veranstaltung „Pflanzenforschung, Ernährung, Gesundheit“ fand bereits das zweite Fachforum statt, das die Pflanze als Lebensbasis begreift und die Pflanzenforschung mit anderen Forschungsbereichen verknüpft, um Lösungsansätze für herausragende Probleme unserer Zeit zu finden. „Mit unserer Forschung übernehmen wir auch international Verantwortung für die Welternährung, die Rohstoff- und Energieversorgung aus Biomasse sowie den Klima- und Umweltschutz. Die Fachforen erlauben durch ihren interdisziplinären Ansatz eine ganzheitliche Betrachtung der Herausforderungen Ernährung und Gesundheit. Sie liefern wichtige Impulse für nachhaltige Lösungsansätze“, betont Dr. Georg Schütte, Staatssekretär im BMBF anlässlich der Veranstaltung. Die Foren sind dabei zugleich Diskussionsplattform und Ideengeber. Unter Federführung des BMBF ist es gelungen, auch Vertreter des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) für die Denkfabrik „Pflanzenforschung, Ernährung, Gesundheit“ zu gewinnen.


Weitere Informationen:

Präsentationen der Referenten zum Download:

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