Die Abwehr der Abwehr der Abwehr

12.12.2011 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Arabidopsis-Pflanzen geben einen Einblick in die pflanzliche Immunabwehr. (Quelle: © GABI)

Arabidopsis-Pflanzen geben einen Einblick in die pflanzliche Immunabwehr. (Quelle: © GABI)

Forscher entschlüsseln, wie das Protein EDS1 in den ewigen Kampf zwischen Pflanzen und Bakterien eingreift. Profitieren könnte die Resistenzzüchtung.

Es ist ein Jahrtausende alter Kampf, der zwischen Bakterien und Pflanzen ausgetragen wird. Entsprechend komplex sind die Mechanismen geworden, mit denen beide Seiten agieren: Pflanzen haben ein Immunsystem entwickelt, das eindringende Fremdkörper – wie eben Bakterien – erkennt und diese dann gezielt attackiert. Bakterien blockieren diese Abwehr, indem sie Effektorproteine in die pflanzliche Zelle einschleusen, die Schlüsselstellen in der Signal-kaskade des Immunsystems blockieren. Dagegen wiederum wehren sich Pflanzen, indem sie Überwachungsmoleküle einsetzen, die eine solche Manipulation aufspüren und Verteidigungsmechanismen auslösen – beispielsweise den programmierten Tod infizierter Zellen.

Eine zentrale Rolle in der Aktivierung dieses Überwachungssystems spielt offensichtlich das EDS1-Protein (Enhanced Disease Susceptibility 1): Mutationen des zugrunde liegenden Gens lassen die Pflanzen ihre Immunität gegen bakterielle Infektionen verlieren. Bislang jedoch blieb weitgehend unklar, wie genau EDS1 funktioniert. Jetzt berichten gleich zwei Forschergruppen in der Fachzeitschrift „Science“, mit welchen Molekülen das Abwehrprotein interagiert – und wie die Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) diese Kommunikationszentrale gegen bakterielle Störangriffe schützt.

Die Forscher um Jane Parker vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln und um Walter Gassmann von der University of Missouri-Columbia haben gezeigt, dass EDS1 nicht nur eine zentrale Funktion in der unspezifischen Immunreaktion hat, sondern auch an der Erkennung der Pathogene beteiligt ist.

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An der Modellpflanze Arabidopsis gelang es den Wissenschaftlerteams, neue Einblicke in die Funktionsweise der Pflanzenabwehr zu erlangen.

An der Modellpflanze Arabidopsis gelang es den Wissenschaftlerteams, neue Einblicke in die Funktionsweise der Pflanzenabwehr zu erlangen.

Bildquelle: © iStockphoto.com/ Jayson Punwani

So interagiert EDS1 mit dem Protein SRFR1, das mit Mikrosomen assoziiert ist, kleinen Membranvesikeln. SRFR1 dämpft die Immunität, indem es die drei Überwachungsproteine RPS4, RPS6 und SNC1 aus der Gruppe der sogenannten TIR-NB-LRR-Proteine bindet. Trifft beispielsweise RPS4 auf ein bakterielles Effektorprotein, löst es eine Immunreaktion aus. Dazu löst sich der Komplex aus EDS1, RPS4 und dem Effektorprotein von SRFR1. Der jetzt mobile Komplex kann den programmierten Zelltod vermitteln oder im Zellkern bestimmte Immunproteine hochregulieren und das Wachstum begrenzen.

Da die untersuchten bakteriellen Effektorproteine direkt an EDS1 binden, nicht aber die Überwachungsproteine, kann EDS1 als Korezeptor eines Überwachungskomplexes betrachtet werden. Das überrascht, weil EDS1 bislang eine Funktion in der abwärts gerichteten Signalgebung der Immunantwort zugeordnet worden war. Gleichzeitig konnten die Forscher zeigen, dass die Effektorproteine, die mit EDS1 interagieren, im Laufe der Evolution unabhängig voneinander entstanden sein müssen. In der Folge sind demnach auch unabhängig voneinander mehrere Überwachungsproteine entstanden, die die Funktion von EDS1 schützen.

Ob die Funktion als Korezeptor EDS1 durch die bakteriellen Effektorproteine aufgenötigt wurde und die ursprüngliche Funktion tatsächlich in der Signalgebung liegt – ob also heute beide Funktionen parallel existieren – müssen weitere Untersuchungen zeigen. Für Pflanzenzüchter ist bereits das neue Verständnis von EDS1 bedeutsam, da es nicht nur in der Modellpflanze Ackerschmal-wand existiert. EDS1 ist vor allem deshalb wichtig, weil es nicht die Immunität gegen ein spezifisches Bakterium beeinflusst, sondern Teil der unspezifischen Immunreaktion ist, die eine breite Gruppe von Erregern an evolutionär konservierten Mustern erkennt.


Quellen:

  • Bhattacharjee et al. (2011). Pathogen Effectors Target Arabidopsis EDS1 and Alter Its Interactions with Immune Regulators. Science, DOI: 10.1126/science.1211592.
  • Heidrich et al. (2011). Arabidopsis EDS1 Connects Pathogen Effector Recognition to Cell Compartment–Specific Immune Responses. Science, DOI: 10.1126/science.1211641.

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