Die Mischung macht’s!

Bienenfreundlicher Mischanbau von Hirse und Blühpflanzen zur Biogasproduktion

08.09.2020 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Sorghum: Biene beim Blütenbesuch. (Bildquelle: © Steffen Windpassing)

Sorghum: Biene beim Blütenbesuch. (Bildquelle: © Steffen Windpassing)

Neu gezüchtete Hirsesorten sollen den kombinierten Anbau mit Blühpflanzen zur Biogasproduktion optimieren. Der Clou dabei: Bienen können auf diesen Feldern mehr Pollen und Nektar sammeln und gleichzeitig den Kornertrag der Hirse steigern.

Ein Forscherteam der Justus-Liebig-Universität setzt in ihrem jüngst gestarteten Projekt auf einen neu gezüchteten Hirsetyp, dem ‚Sorghum Bicolor Dualtyp‘. Die Züchtung des neuen Hirsetyps hatte zum Ziel, die Methanerträge bei der Biogasgewinnung zu erhöhen. Möglich wird dies durch einen hohen Kornanteil der Pflanzen, der bis zu 50 Prozent der Gesamttrockenmasse beträgt. Herkömmliche Biogashirse-Sorten sind gänzlich kornlos. Einziges Manko: Die ursprünglich aus Afrika stammende Pflanze reagiert kurz vor der Blüte im Hochsommer empfindlich auf Temperaturen unter 10 Grad, was dann zu hohen Ertragsverlusten führen kann.

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Biogas: Zur Gewinnung von Methan werden auch Hirsesorten verwendet.

Biogas: Zur Gewinnung von Methan werden auch Hirsesorten verwendet.

Bildquelle: © iStock.com/LianeM

Win-Win-Situation für Energieerzeuger und Bienen

Hier kam die Idee ins Spiel, Mischkulturen aus Hirse und Blühpflanzen anzubauen, die Nahrungsgrundlage für Insekten und speziell für Bienen sind. Denn die WissenschaftlerInnen hatten schon früher festgestellt, dass sich der Kornansatz der Hirsepflanzen durch die Bestäubung der Bienen bei Kältestress verbessert.

Und auch die Bienen hätten einen Vorteil: Durch großflächige Monokulturen der modernen Landwirtschaft entsteht im Sommer eine sogenannte Trachtlücke, in der das Nahrungsangebot für Insekten stark eingeschränkt ist. Dies ist besonders bedrohlich, da in der gleichen Zeitspanne Bienenvölker ihre maximale Volksstärke erreichen. Den Pollen der Hirse sowie den Nektar von anderen Blühpflanzen könnten die Bienen also gut als zusätzliche Nahrungsquelle nutzen.

Anbauvarianten im Test

In ihrem aktuellen Vorhaben untersucht das Forscherteam nun, welche Blühpflanzen idealerweise als Mischungspartner infrage kommen. Zwei Anbauvarianten werden dabei einander gegenübergestellt: Die einjährige Variante „Gemenge“, bei der Hirse und Blühpflanzen zeitgleich im Herbst geerntet werden, um sie als Biogassubstrat zu verwenden. Hierbei werden je zwei Sorghum-Dualtyp-Hybriden in Kombination mit 20 Sorten Blühpflanzen wie Buchweizen, Leindotter oder Sonnenblumen getestet.

Schließlich noch die zweijährige Variante „Untersaat“, bei der die ForscherInnen je zwei Sorghumhybriden mit Esparsette, Steinklee, Schwedenklee und Luzerne kombinieren. Letztere bleiben nach der Hirseernte über den Winter stehen und sind im Folgejahr die Hauptfrucht. In einer abgewandelten Form dieser Variante werden die blühenden Arten schon im Sommer des Vorjahres ausgesät und die Hirse im zweiten Jahr via Strip-Till Verfahren direkt in die im Vorfeld beschnittene Untersaat gedrillt.

Ansatz auch gut für Gewässer- und Bodenschutz

Projektleiter Dr. Benjamin Wittkop von der Universität Gießen erklärt: „Unser Ansatz könnte helfen, Beiträge zum Boden- und Gewässerschutz zu leisten, wenn die Blühmischungen als überwinternde Zwischenfrüchte stehen bleiben.“ Dies bietet den zusätzlichen Vorteil, dass die überwinternde Pflanzendecke Bodenerosionen verhindert und Nährstoffe wie Nitrat binden.

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Die Mischung macht´s: Es wurden Kombinationen mit Blühpflanzen wie Sonnenblumen getestet.

Die Mischung macht´s: Es wurden Kombinationen mit Blühpflanzen wie Sonnenblumen getestet.

Bildquelle: © Walter Bichler / Pixabay / CC0

Mithilfe von Bodenproben wollen die Forscher untersuchen, wie stark der Effekt genau ausgeprägt ist. „Wir prüfen, welche Kombinationen aus pflanzenbaulicher Sicht überzeugen und wie attraktiv sie für die verschiedenen Insektenarten sind. Das analysieren wir auch auf der molekulargenetischen Ebene“, so der Bienenkundler Dr. Reinhold Siede.

Mit dem sogenannten ‚metabarcoding-Verfahren‘ untersuchen sie die Pollenpakete der Bienen, um festzustellen, an welchen Pflanzenarten sie diese gesammelt haben. „Uns interessiert auch, über welche Distanzen die Insekten unsere Flächen anfliegen.“, so Siede.

Weitere Forschung zur Pflanzenarchitektur

Die Forschung soll aber auch an der Hirse weiter gehen: Ein wichtiger Aspekt bezüglich der Mischanbautauglichkeit von Biogas-Hirsetypen stellt ihre Blatt- und Wurzelarchitektur dar. Die zukünftigen Pflanzen sollen eine möglichst vertikale Wurzelstruktur erhalten, damit auch die Untersaaten noch genügend Wasser erhalten – und ihre Blätter sollen aufrecht stehen, um eine Beschattung der Untersaaten zu minimieren. Mittels genomweiter Assoziationsstudien und QTL-Kartierung wird nun bald die züchterische Basis geschaffen, diese Eigenschaften bei den Hirsepflanzen zu erzeugen.