Eine Frage des Pflügens

Konventionelle und konservierende Bodenbearbeitung im Vergleich

27.07.2021 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Pflügen oder nicht pflügen? Auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort. (Bildquelle: © Street Donkey / Pixabay)

Pflügen oder nicht pflügen? Auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort. (Bildquelle: © Street Donkey / Pixabay)

Eine neue Modellierungsstudie zeigt, dass je nach Pflanzenart oder Anbauregionen die eine oder andere Bodenbearbeitungsform die Nase vorne hat – wenn es um den Ertrag geht. Allerdings könnte die konventionelle Bodenbearbeitung ein Ass im Ärmel haben: Es hat sich gezeigt, dass mit dieser Methode sehr viel mehr Kohlenstoff in den Böden gespeichert werden könnte.

In Deutschland dominiert die konventionelle Bodenbearbeitung, bei der die Böden gepflügt werden. Das Pflügen wendet und lockert den Boden und arbeitet Erntereste sowie lästige Schädlinge und Unkräuter in die Erde ein. Es ist daher eine wichtige Maßnahme zur Unkrautbekämpfung und für die Feldhygiene. Am Ende bleibt eine „saubere“ Fläche zurück. Doch diese Methode hat auch Nachteile: Die Erosionsgefahr steigt, Kohlendioxid wird verstärkt freigesetzt und das Bodenleben durch die Umwälzung massiv gestört.

Konservierende Landwirtschaft folgt drei Grundsätzen

Auf der anderen Seite steht die konservierende Landwirtschaft (im Englischen „Conservation Agriculture“), die weltweit immer beliebter wird. Sie folgt drei Grundsätzen: Erstens werden Bodeneingriffe auf ein Minimum reduziert. Beim Direktsaatverfahren (auch „no-tillage“ genannt) wird gänzlich darauf verzichtet. In allen Fällen bleibt bei der konservierenden Bodenbearbeitung mindestens ein Drittel der Bodenoberfläche mit Pflanzenresten bedeckt. Der dritte Grundsatz lautet abwechslungsreiche Fruchtfolgen.

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Beim Direktsaatverfahren werden die Erntereste auf dem Feld belassen. Vor allem für Mais könnte dies auch zukünftig in tropischen Regionen eine gute Wahl zu sein, wie eine Studie herausfand.

Beim Direktsaatverfahren werden die Erntereste auf dem Feld belassen. Vor allem für Mais könnte dies auch zukünftig in tropischen Regionen eine gute Wahl zu sein, wie eine Studie herausfand.

Bildquelle: © iStock.com / mvburling

Es wird oft davon ausgegangen, dass die konservierende Bodenbearbeitung nachhaltiger ist. Da der Boden bedeckt bleibt, werden Erosionen und der Oberflächenabfluss von Wasser vermindert, auch verdunstet weniger Wasser. Durch die verbleibenden Pflanzenreste baut sich an der Oberfläche der Böden Humus auf. Weitere Vorteile sind eine höhere Bodenqualität und Biodiversität sowie weniger Arbeitszeitaufwand und Kraftstoffeinsatz. Da aber Pilze, Schädlinge und Unkräuter nicht mehr im Boden „verschwinden“, kommen öfters chemische Pflanzenschutzmittel zum Einsatz. Jedes System hat demnach Vor- und Nachteile.

Effekt auf Ernteerträge berechnet

Was aber die Landwirte meist vorrangig interessiert, ist die Produktivität der Anbaupraktiken. Wie wirkt sich nun die konservierende Landwirtschaft auf die Ernteerträge aus? Das ist keine einfache Frage, da Landwirtschaft immer ein Wechselspiel vieler Faktoren ist. Für die Auswirkungen auf die Ernteerträge gibt es in der wissenschaftlichen Literatur sehr unterschiedliche Werte. In der Tendenz sind die Erträge bei der konservierenden Bodenbearbeitung etwas geringer (vgl. Pittelkow et al. 2015). Feldexperimente zeigen, dass die Wirkung der Praktiken stark von den lokalen Klimabedingungen abhängt. Bisher ist aber auch noch unklar, welchen Einfluss der Klimawandel auf die Produktionsleistung konservierender Verfahren hat.

Mit einer neuen Modellierungsstudie sollte nun diese Lücke geschlossen werden. Sie verglich die Produktivität der verschiedenen Anbauformen auf globaler Ebene mithilfe von maschinellem Lernen. Die Berechnungen basierten auf aktuellen (2011-2020) und zukünftigen (2051-2060) klimatischen Bedingungen. Dabei wurden acht Hauptkulturen betrachtet: Baumwolle, Gerste, Mais, Reis, Sojabohne, Sonnenblume, Sorghum und Weizen. Das Forschungsteam griff dabei auf Ertragsdaten aus vorherigen Meta-Studien zurück und ergänzte sie durch Daten aus aktuellen Publikationen zum Thema sowie zahlreiche Klimavariablen aus externen Datenbanken, wie Temperatur, Niederschlag oder Evapotranspiration in der Vegetationsperiode.

Es kommt auf die Klimazone an

Heraus kam ein gemischtes Bild. Aber das Ergebnis untermauert den Effekt des Klimas: Bei den meisten Kulturpflanzen schnitten konservierende Landwirtschaftspraktiken in kontinentalen, trockenen und gemäßigten Regionen besser ab als in tropischen. In trockenen Gebieten haben konservierende Anbauformen wegen ihrer höheren Wassernutzungseffizienz die Nase vorn, aber nicht in feuchten Regionen. Besonders schlecht schnitten sie beim Reisanbau ab. Hier sind geringere Erträge quasi vorprogrammiert, vor allem in den Tropen.

Die Studie zeigt aber auch, dass unter zukünftigen klimatischen Bedingungen die relative Produktionsleistung für mehrere Pflanzenarten voraussichtlich für konservierende Anbauformen steigen wird.

Mais könnte profitieren

So soll bei dieser Anbauform vor allem der Maisertrag in tropischen Gebieten zunehmen. Andere Kulturpflanzen wie Weizen schnitten schlechter ab: Das Model prognostiziert, dass die Produktionsleistung in Zukunft weltweit niedriger sein wird als aktuell.

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Bodenprobe: Böden speichern große Mengen an Kohlenstoff.

Bodenprobe: Böden speichern große Mengen an Kohlenstoff.

Bildquelle: © Carsten W. Müller

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die abnehmende Produktionsleistung vor allem mit zwei Klimavariablen in der Vegetationsperiode verbunden sein könnte: eine höhere durchschnittliche Lufttemperatur sowie Niederschlagsbilanz.

Keine allgemeingültigen Antworten

Die Studie identifiziert für verschiedene Pflanzenarten sowohl günstige als auch ungünstige klimatische und geographische Regionen für konservierende Anbaupraktiken – und das auch für die Zukunft. Klar ist dabei vor allem, dass es keine allgemeingültigen Aussagen für alle Pflanzenarten oder Anbauregionen geben kann.

Auch Speicherung von Bodenkohlenstoff erforscht

Die Wirkung der pfluglosen Bodenbearbeitung auf die Speicherung von Bodenkohlenstoff wurde bereits intensiv erforscht. Während es bei konservierenden Praktiken an der Bodenoberfläche mehr Humus gibt, nimmt der Humusgehalt in den tieferen Schichten der Ackerkrume ab (vgl. Luo et al., 2010). Der Bodenkohlenstoffvorrat wird also nicht erhöht, sondern nur umverteilt.

Um den Klimawandel wirksam zu bremsen, müsste mehr Kohlenstoff längerfristig gebunden werden. Vor allem landwirtschaftliche Böden könnten hier einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Das hat man erkannt: So will beispielsweise die „4-Promille-Initiative“ der französischen Regierung den Anteil organischer Substanz in landwirtschaftlichen Böden gezielt erhöhen.

Pflanzenreste sind Kohlenstoffspeicher

Bei der konservierenden Bodenbearbeitung werden die Erntereste einfach an der Oberfläche belassen. Bei konventionellen Methoden gelangen die Reste beim Pflügen in tiefere Bodenschichten. Dass letzteres besser fürs Klima ist, konnte eine Studie nun zeigen.

Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung der Technischen Universität München (TUM) hat dabei die Rolle von Pflanzenresten für die Kohlenstoffspeicherung in Böden analysiert. Organischer Bodenkohlenstoff entsteht durch ein kompliziertes Wechselspiel von pflanzlichem Kohlenstoffeintrag, mikrobieller Aktivität und der Bodenbeschaffenheit.

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Bodenforscher bei der Arbeit: Eine Studie analysierte, welche Rolle Pflanzenreste bei der Speicherung von Kohlenstoff im Boden einnehmen.

Bodenforscher bei der Arbeit: Eine Studie analysierte, welche Rolle Pflanzenreste bei der Speicherung von Kohlenstoff im Boden einnehmen.

Bildquelle: © Carsten W. Müller

Durch Experimente fanden sie heraus, dass Pflanzenreste selbst Kohlenstoff speichern können. Direkt an deren Oberfläche spielen sich wichtige Prozesse ab, die zur langfristigen Speicherung von organischem Material beitragen.

Mikroorganismen sind dabei die Hauptakteure bei der Umwandlung von Pflanzenkohlenstoff in organischen Bodenkohlenstoff. „Kleine Teile von abgestorbenen Pflanzen werden oft nur als Fast Food für Bakterien und Pilze im Boden gesehen. Wir haben gezeigt, dass Pflanzenreste tatsächlich eine größere Rolle bei der Bildung und Speicherung von Kohlenstoff im Boden spielen als bisher angenommen“, beschreibt Erstautorin Kristina Witzgall, vom Lehrstuhl für Bodenkunde an der TUM.

Pilze als wichtige Helfer

Überraschenderweise spielen Pilze bei der Zersetzung der Pflanzenreste eine größere Rolle als Bakterien. Das hat auch Auswirkungen auf den organischen Bodenkohlenstoff: „Wir konnten sehen, dass eine Verlagerung von pflanzlichem Kohlenstoff tiefer in den Boden stattfindet. Dies geschieht als Folge der Ausdehnung der Hyphen-Netzwerke von Pilzen“, sagt Witzgall.

Die Forschenden fordern daher, Pflanzenreste in Zukunft viel kalkulierter einzusetzen. Auch weitere Forschung ist vorgesehen: „Wir planen in Zukunft auch Versuche, bei denen wir verrottende Pflanzen tiefer in den Boden einbringen, damit der Kohlenstoff dort länger gespeichert werden kann“, sagt Studien-Mitautor Carsten Müller, Professor an der Universität Kopenhagen.


Quellen:

  • Su, Y., Gabrielle, B. und Makowski, D. (2021): The impact of climate change on the productivity of conservation agriculture. In: Nature Climate Change, Volume 11, 628–633, (Juli 2021), doi: 10.1038/s41558-021-01075-w.
  • Witzgall, K. et al. (2021): Particulate organic matter as a functional soil component for persistent soil organic carbon. In: Nature Communications, Volume 12: 4115, (5. Juli 2021), doi: 10.1038/s41467-021-24192-8.
  • Don, A. et al. (2018): Die 4-Promille-Initiative „Böden für Ernährungssicherung und Klima“ – Wissenschaftliche Bewertung und Diskussion möglicher Beiträge in Deutschland. Braunschweig: Johann Heinrich von Thünen-Institut, Thünen Working Paper 112, (Dezember 2018), doi:10.3220/WP1543840339000.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Pflügen oder nicht pflügen? Auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort. (Bildquelle: © Street Donkey / Pixabay)