Eine Genomverdopplung führte zur Symbiose

21.11.2011 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Der Schneckenklee, Medicago truncatula, hat ein verdoppeltes Genom. (Quelle: © Ninjatacoshell / wikimedia.org;CC BY-SA 3.0)

Der Schneckenklee, Medicago truncatula, hat ein verdoppeltes Genom. (Quelle: © Ninjatacoshell / wikimedia.org;CC BY-SA 3.0)

Forscher haben das Erbgut des Schneckenklees entschlüsselt und dabei die Ursprünge des Zusammenlebens von Stickstoff bindenden Bakterien und Hülsenfrüchtlern entdeckt.

Es geschah vor 58 Millionen Jahren: Erstmals konnten Pflanzen elementaren Stickstoff aus der Luft verwerten – wenn auch nur mithilfe von Bakterien, denen sie in ihrem Wurzelraum eine spezielle Herberge einrichteten. Damals, so berichtet jetzt ein internationales Forscherteam in „Nature“, verdoppelte der Schneckenklee, Medicago truncatula, sein gesamtes Genom. Das ermöglichte der Pflanze, die ursprüngliche Funktion aller Gene aufrecht zu erhalten, und gleichzeitig durch zahlreiche Mutationen neue Funktionen zu erwerben. Eine dieser Funktionen war es, Wurzelknöllchen auszubilden, in die bald Rhizobien einzogen, Stickstoff fixierende Bakterien.

Das neue Wissen über die Evolution der Symbiose, die fast allen Hülsenfrüchtlern (Leguminosen) eigen ist, verdanken die Pflanzen-forscher der Entschlüsselung des Genoms des Schneckenklees. Aus Deutschland waren daran das Münchener Helmholtz-Zentrum für Bioinformatik und Systembiologie, die Universität Bonn und das Kölner Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung beteiligt. Bei ihrer Analyse stellten die Forscher fest, dass erstaunlich viele Abschnitte des Erbguts doppelt vorliegen, ein klarer Hinweis auf eine Genom-verdopplung. Durch den Vergleich der Proteine des Schneckenklees mit anderen Pflanzenarten, darunter Sojabohne und Lotus (Hornklee), konnten die Forscher die Funktion zahlreicher Gene zuordnen. Besonders viele der verdoppelten Gene stehen demnach in einem Zusammenhang mit den Stickstoff bindenden Bakterien.

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Wurzelknöllchen an Schneckenklee-Wurzeln mit Rhizobien.

Wurzelknöllchen an Schneckenklee-Wurzeln mit Rhizobien.

Bildquelle: © Ninjatacoshell / wikimedia.org;CC BY-SA 3.0

Die Symbiose zwischen Hülsenfrüchtlern und Rhizobien ist ein Mechanismus, der sonst kaum noch in der Pflanzenwelt zu beobachten ist: Die Bakterien finden in den Wurzelknöllchen der Pflanzen eine nährstoffreiche und vor allem sauerstoffarme Umgebung vor – der Luftsauerstoff ist für Rhizobien in seiner normalen Konzentration tödlich. Im Gegenzug liefern die Bakterien der Pflanze Stickstoffdünger, den sie erzeugen, indem sie aus der Luft elementaren Stickstoff binden – ein Trick, der keiner höheren Lebensform gelingt, und der für die Landwirtschaft von großer Bedeutung ist. Schließlich benötigen Hülsenfrüchtler wie Klee und Lupine keine Zufuhr von Stickstoffdünger; im Gegenteil: als Zwischenfrucht regenerieren sie den Nährstoffgehalt des Bodens.

Speziell für die mit dem Schneckenklee nah verwandte Luzerne, aber auch für andere Hülsenfrüchtler könnten sich nun neue Züchtungs-ansätze eröffnen. Die Entschlüsselung des Genoms der Modell-Leguminose Schneckenklee hat zudem die Grundlage gelegt, um zu erforschen, weshalb andere Pflanzen nicht die Fähigkeit der Hülsenfrüchtler besitzen, Wurzelknöllchen auszubilden. Vor allem aber gibt es noch immer offene Fragen, wie genau diese Symbiose funktioniert – Fragen, deren Beantwortung nun näher gerückt ist.


Quelle:

Nevin D. Young et al. (2011) The Medicago genome provides insight into the evolution of rhizobial symbioses; Nature, Online publication 16 October; doi: 10.1038/nature10625.

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