Forschung für unten
Gene aus der Stumpfblütigen Quecke verhelfen Weizen zu besseren Wurzeln
Lange Zeit haben Pflanzenzüchter hauptsächlich auf oberflächliche Merkmale wie die Korngröße geachtet und die Wurzel vernachlässigt. Was unter optimalen Anbaubedingungen kein Problem war, rächt sich heute. Viele Hochleistungssorten haben nur rudimentäre Wurzelsysteme und leiden sehr stark unter Trockenheit. Gene aus verwandten Arten verhelfen den verkümmerten Wurzeln wieder zum Sprießen.
Auf der Jagd nach neuen Sorten kreuzen Züchter verschiedene Elternpflanzen, bei denen sie erwünschte Eigenschaften beobachtet haben. Die Nachkommen werden dann nach dem Aschenputtelprinzip „Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen“ aussortiert. Nur die Pflanzen mit guten Kombinationen der elterlichen Merkmale kommen eine Runde weiter.
Lange Zeit ging es dabei vor allem um kurze, kräftige Stängel mit vielen großen Körnern. In den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurden während der grünen Revolution zahlreiche Zwergsorten mit genau diesen Eigenschaften gezüchtet. Unter optimalen Anbaubedingungen versprachen diese Pflanzen den Landwirten den größtmöglichen Ertrag.
Viele Eigenschaften sind aus den Kultursorten weggezüchtet
Doch mit den optimalen Anbaubedingungen ist es lange vorbei. Heutzutage wird Landwirtschaft auch auf Grenzertragsböden betrieben, auf denen die Pflanzen meist nicht genug Nährstoffe oder nur wenig Licht bekommen. Außerdem treten klimawandelbedingt vermehrt Trocken- und Hitzeperioden auf. Nur alte Landrassen oder Wildpflanzen mit großen Wurzelsystemen können unter solchen Bedingungen noch wachsen. Allerdings ist ihr Ertrag auch wesentlich geringer.
Forscher suchen deshalb in Wildpflanzen nach Genen, die den Hochleistungssorten durch Einkreuzung (Introgression) ein gutes Wurzelsystem zurückbringen könnten. Diese Methode an sich ist nichts Neues. Weizen wurde schon oft zu neuen Eigenschaften verholfen. Die Einkreuzung von Roggen-Genen zum Beispiel erhöhte seine Toleranz gegenüber Krankheiten wie Schwarzrost oder Mehltau. Bisher weiß aber niemand, welche Gene für ein gutes Wurzelwerk verantwortlich sind. Effektive Kreuzungen sind so nicht möglich.
Wildpflanzen sind Schatztruhen für Forscher und Züchter
Im Genom eines Wildgrases, der Stumpfblütigen Quecke (Agropyron elongatum) sind Wissenschaftler jetzt fündig geworden. Sie verglichen dazu eine bestimmte Weizen-Quecke-Kreuzung (Introgressionslinie) mit einer herkömmlichen Weizenlinie. Die Introgressionslinie bildete bei Trockenheit wesentlich mehr Wurzeln aus und konnte somit mehr Wasser und Nährstoffe aus dem Boden aufnehmen.
Die verbesserte Wasseraufnahme über die Wurzeln hat auch Einfluss auf die Photosynthese. Normalerweise bleiben bei Trockenheit die Spaltöffnungen an den Blattunterseiten der Pflanzen geschlossen, damit kein Wasser daraus verdunsten kann. Das hat den Nachteil, dass Pflanzen kein lebenswichtiges Kohlendioxid mehr aufnehmen können. Kommt aber über die Wurzeln ständig genug Wasser in die Pflanze, bleiben die Spaltöffnungen geöffnet und die Photosynthese läuft weiter.
Vermutlich spielt ein Hormonsignalweg dabei eine Rolle
Die Forscher vermuten, dass die Gene aus der Quecke in den Phytohormonhaushalt der Weizenpflanzen eingreifen, indem sie die Produktion sogenannter Brassinosteroide ankurbeln. Brassinosteroide spielen bei der Pflanzenabwehr eine Rolle. Sie beeinflussen jedoch auch das Zellwachstum und könnten somit die Ursache für das vergrößerte Wurzelwerk der neuen Kreuzung sein.
Als nächstes wollen die Wissenschaftler herausfinden, ob das bessere Wachstum bei Trockenheit auch für mehr Ertrag bei den Weizenpflanzen sorgt.
Quelle:
Placido, D.F. et al. (2013): Introgression of Novel Traits from a Wild Wheat Relative Improves Drought Adaptation in Wheat. In: Plant Physiology, (April 2013), doi: 10.1104/pp.113.214262.
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