Gerste soll sich vor Pilzbefall schützen können

10.03.2010 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Das Projekt GABI-PHENOME erforscht die Interaktion von Gerste und Pilzen, um die Entwicklung resistenter Pflanzen zu ermöglichen. (Quelle: © Rainer Sturm_pixelio.de)

Das Projekt GABI-PHENOME erforscht die Interaktion von Gerste und Pilzen, um die Entwicklung resistenter Pflanzen zu ermöglichen. (Quelle: © Rainer Sturm_pixelio.de)

Pilzerkrankungen können bei Getreide zu schweren Ernteverlusten führen. Das Projekt GABI-PHENOME erforscht die Interaktion von Pilz und Gerste, um die Entwicklung resistenter Pflanzen zu ermöglichen. Gleichzeitig entwickelt das Projekt eine neue Methode, wie sich transgene Pflanzen selbst gegen die Schädlinge wehren könnten.

Blumeria graminis, besser bekannt als Mehltau, ist ein Pilz, der viele Pflanzen befallen und schädigen kann. Bei Gerste allerdings gibt es seit einigen Tausend Jahren Sorten, die gegen diese Krankheit resistent sind. Mitte der 1990er Jahre haben Pflanzenforscher herausgefunden, wie diese Sorten sich schützen: Üblicherweise manipuliert Mehltau ein Protein der pflanzlichen Zellmembran und blockiert so die Immunreaktion der Pflanze. In so genannten mlo-Mutanten ist jedoch das Gen verändert, das für das Membranprotein kodiert. Der Mehltau kann somit das Immunsystem der Gerste nicht austricksen und hat keine Chance.

Wann immer ein Pilz eine Pflanze befällt, kommt es zu Wechselwirkungen zwischen den Proteinen des Schädlings und denen der Pflanze. Doch bis auf das Beispiel der mlo-Mutanten ist darüber bislang wenig bekannt. Das Projekt GABI-PHENOME untersucht deshalb, welche Gene in Gerste und Pilz aktiv sind, wenn der Schädling versucht, die Pflanze zu infizieren. Neben Mehltau studieren die Forscher die Erreger der Braunfleckigkeit (Bipolaris sorokiniana) und der Blattfleckenkrankheit (Rhynchosporium secalis).

Rund 40.000 Gene hat die Gerste, hinzu kommen die Gene des jeweiligen Pilzes. Die Gesamtheit der daraus erzeugten RNA-Moleküle nennt man Interaktions-Transkriptom. Auf einem Chip testen die Forscher, wie sich dieses Transkriptom verändert, wenn sie gezielt eines der Gene in der Gerste oder einem der Pilze ausschalten. Zudem wolle sie wissen, wie sich die Anfälligkeit oder Resistenz gegenüber dem Mehltau verändert, wenn sie der Reihe nach bis zu 1000 Gerstengene in einem Schnelltest stilllegen. Dazu setzen sie auf die Methode der RNA-Interferenz: RNA-Moleküle können ein Gen so blockieren, dass von ihm keine Transkription erfolgen und somit kein Produkt erzeugt werden kann. Oder sie können die transkribierte RNA blockieren und an dieser Stelle unterbinden, dass das Zielprotein gebildet wird. Die ausgewählten Gene gehören zu etwa zehn Genfamilien, die dafür bekannt sind, bei Resistenzen eine Rolle zu spielen, beispielsweise die Peroxidasen oder so genannte WRKY Transkriptionsfaktoren.

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Phänotypisierung von Gerste in den Umweltsimulationsanlagen des Helmholtz-Zentrums München.

Phänotypisierung von Gerste in den Umweltsimulationsanlagen des Helmholtz-Zentrums München.

Bildquelle: © Andreas Albert, München

Dazu notwendige Methoden und geeignete Bioinformatik-Software standen zum Teil bereits aus dem Projekt GABI-NONHOST zur Verfügung. Zunächst mussten die Forscher daher die jeweiligen Gene sequenzieren und katalogisieren. Eine ganze Datenbank ist daraus entstanden. Verändert sich das Transkriptom oder die Interaktion nicht, wenn ein Gen stillgelegt wurde, ist dieses Gen nicht weiter von Interesse. Bewirkt die Stilllegung, dass bestimmte RNA-Moleküle nicht oder vermehrt entstehen und dass die Pflanze resistenter wird, haben die Forscher einen heißen Kandidaten für die weitere Forschung gefunden.

Handelt es sich bei dem Kandidaten-Gen um ein Gen der Gerste, erzeugen die Forscher transgene Pflanzen, um die Funktion dieses Gens im Detail untersuchen zu können. Dabei sind zwei Sorten Gene interessant: solche, die der Pflanze Schutz bieten gegen Pilzinfektionen, aber auch solche, die der Schädling nutzt, um die Abwehr der Pflanzen zu umgehen und um sie zu besiedeln.

Besonders spannend wird es, wenn das Gen von Interesse nicht zur Pflanze, sondern zum Pilz gehört. Klassisch bietet dieses Wissen dann die Grundlage, um ein Fungizid gegen den Pilz zu entwickeln. Doch GABI-PHENOME erforscht noch einen anderen Ansatz: Die Wissenschaftler wollen es der Gerste ermöglichen, bei einem Befall eigenständig das für den Pilz wichtige Pilz-Gen mittels RNA-Interferenz stillzulegen. Nötig dazu wäre es, die Gerste zu befähigen, eben jene passenden RNA-Moleküle zu produzieren, die die Angriffsmechanismen eines Pilzes lahmlegen – ein ehrgeiziges Ziel.

Erreicht haben die sechs Forschungspartner und ihr Industriepartner in den zehn Teilprojekten von GABI-PHENOME auf jeden Fall schon einiges. Allein das bessere Verständnis darüber, welche Gene Pflanze und Pilz bei ihrer Interaktion aktivieren, kann vielen weiteren Forschungsarbeiten als Grundlage dienen. Und auch wenn das Projekt durch Verzögerungen bei den Screenings etwas hinter dem Zeitplan liegt, existieren schon weit mehr als 500 transgene Events. Die Chancen stehen gut, dass sie Gene enthalten, die nachweislich eine Wirkung bei Pilzbefall haben. Doch wie genau diese aussieht, wird nun in Gewächshäuser genauer untersucht. Darüber hinaus haben die Forscher bereits rund zehn heiße Kandidaten-Gene bei den RNA-Interferenz-Tests gefunden, die eindeutig für den Pflanzenschutz relevant sind. Sie könnten die Grundlage für ein Anschlussprojekt bilden, das mehrere dieser viel versprechende Gene in einem transgenen Gerstenevent zusammenführt.


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Titelbild: Das Projekt GABI-PHENOME erforscht die Interaktion von Gerste und Pilzen, um die Entwicklung resistenter Pflanzen zu ermöglichen. (Quelle: © Rainer Sturm_pixelio.de)