Gewinner der Globalisierung
Wie Weizenmehltau sich weltweit ausbreitete
Weizenmehltau ist ein weltweit gefürchteter Krankheitserreger. Sein Erfolg ist eng mit menschlichem Handeln verknüpft: Wie Genomanalysen zeigten, entstand der Pilz gemeinsam mit Kulturweizen im Fruchtbaren Halbmond und breitete sich dank Handel und Migration über die ganze Welt aus.
Weizen ist nicht nur bei uns Menschen ein beliebtes Nahrungsmittel – auch Pilze nisten sich gern ein, saugen die Nährstoffe aus dem Getreide und verursachen so teils erhebliche Ertragseinbußen. Der Erreger des Echte Weizenmehltaus (Blumeria graminis) ist weltweit anzutreffen. Doch wie konnte er sich so erfolgreich verbreiten? Und warum sind neue Weizensorten nicht lange vor ihm sicher? Ein interdisziplinäres Forschungsteam widmete sich nun diesen Fragen und klärte die Verbreitungsgeschichte anhand von Genomanalysen auf.
Weizen und Mehltau haben einen gemeinsamen Ursprung
Das Team unter der Leitung von Thomas Wicker und Beat Keller von der Universität Zürich verglich das Erbgut von über 170 Mehltauproben aus 13 Ländern und fünf Kontinenten. „Mit unseren Analysen können wir belegen, dass der Mehltau vor über 10.000 Jahren im Nahen Osten entstand, wo auch die Landwirtschaft und der moderne Weizen ihren Ursprung haben“, erklärt Erstautor Alexandros Sotiropoulos. Vom Fruchtbaren Halbmond aus breitete er sich zunächst in Eurasien und dann auf anderen Kontinenten aus. Doch alleine mit der Sporen-Verbreitung durch Wind kann diese extrem lange „Wanderung“ des Schaderregers nicht erklärt werden. Wie kam er also so weit?
Der Mensch ist selbst schuld
Das Fazit der Studie: Migration und Handel waren die Ursache, dass der Pilz sich ebenfalls weltweit ausbreiten konnte. In China wurde der Mehltau möglicherweise über den Handel auf der Seidenstraße bereits früh eingeschleppt. In Amerika wurde Weizen im 16. bis 17. Jahrhundert von europäischen Siedlern eingeführt. Mit an Bord war auch der Schaderreger. Die Intensivierung des Handels zwischen Japan und den USA nach dem Zweiten Weltkrieg ist höchstwahrscheinlich der Grund für die Einführung des Mehltaus auf der asiatischen Insel.
Schnelle Anpassung durch genetische Vermischung
Was ihn aber dann so erfolgreich machte, war seine schnelle Anpassungsfähigkeit. Die Forschenden fanden Beweise dafür, dass Weizenmehltau mehrfach mit anderen Mehltaustämmen hybridisierte, d. h. er vermischte sich mit verwandten Stämmen vor Ort. Entlang der Handelsrouten konnten die so entstandenen „Mischlinge“ sich schnell an lokale Landrassen und neu gezüchtete Weizensorten anpassen. Nach der Einschleppung führte das zu unterschiedlichen Abstammungslinien in Amerika, Japan und China.
Wettrennen: Züchtung vs. Evolution
Das sind schlechte Neuigkeiten für die Züchtung: Denn man will mit resistenten Sorten dem Schadpilz erfolgreich begegnen. Die schnelle Anpassungsfähigkeit des Pilzes an genetische Veränderungen beim Weizen macht das Unterfangen zu einer Sisyphusarbeit. Die neuen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass der Pilz so der Züchtung immer einen Schritt voraus ist. Neue Wege zur nachhaltigen Schädlingsbekämpfung müssen daher gefunden werden. Auf Seiten der Züchtung könnten auch neue genomische Methoden unterstützen, um dem Weizen einen zeitlichen Vorteil gegenüber seinem ärgsten Widersacher zu verschaffen.
Quelle:
Sotiropoulos, A.G. et al. (2022): Global genomic analyses of wheat powdery mildew reveal association of pathogen spread with historical human migration and trade. In: Nature Communications, (26. Juli 2022), doi: 10.1038/s41467-022-31975-0.
Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:
- Wer rastet, der rostet - Pilzkrankheiten, ihre Bedeutung und Geschichte
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- Die „Ökologie“ des globalen Agrarhandels - Positive Effekte werden durch „Cash Crops“ stark verringert
Titelbild: Weizenmehltau: Weltweit sind Ernten durch Schädlingsbefall bedroht. (Bildquelle: © Agronom / wikimedia.org; CC BY-SA 4.0)