Goldener Reis Deluxe

Parallele Anreicherung von Zink, Vitamin A und Eisen in Reis erstmals gelungen

17.08.2017 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die neue Reislinie im Gewächshaus. (Bildquelle: © ETH Zürich / zVg Navreet Bhullar)

Die neue Reislinie im Gewächshaus. (Bildquelle: © ETH Zürich / zVg Navreet Bhullar)

Goldener Reis und seine Varianten wurden bereits vor mehr als 25 Jahren entwickelt, um Menschen in armen Ländern von Nährstoffmangel zu schützen. Bisher konnten die Pflanzen aber lediglich einen Mikronährstoff anreichern. Eine neu entwickelte Reislinie reichert nun Zink, Vitamin A und Eisen auf einmal an und kann leicht in andere Reissorten eingekreuzt werden.

Reis stillt den Hunger jedes zweiten Menschen auf der Erde. Vor allem in Asien und Afrika deckt Reis den täglichen Kalorienbedarf der Bevölkerung. Reis ist zwar ein guter Sattmacher, der geschälte Reis enthält aber zu wenige lebenswichtige Spurenelemente. Wer Reis nicht durch andere Lebensmittel ergänzen kann, kann dem Körper nicht alle Spurenelemente und Vitamine zuführen, die er zum Gesundbleiben braucht – es kommt zu Mangelerscheinungen.

Mangelerscheinungen fördern Krankheiten

Fehlt dem Körper Eisen, kommt es zu Blutarmut, verzögerter Hirnreifung und erhöhter Mütter- und Säuglingssterblichkeit. Mangelt es Kindern an Vitamin A, können sie erblinden und ihr Immunsystem ist geschwächt. Sie erleiden deshalb häufiger Infektionskrankheiten wie Masern, Durchfall oder Malaria. Auch Zink ist ein wichtiges Spurenelement für den menschlichen Stoffwechsel. Zinkmangel schwächt das Immunsystem ebenfalls. Das begünstigt wiederum Infektionen und somit zahlreiche Krankheiten.

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Vitamin-A-Mangel weltweit: Die Farben verdeutlichen, welche Regionen wie stark betroffen sind. Rot zeigt, wo der Mangel klinische Auswirkungen hat; grün zeigt, dass der Mangel hier kein Problem darstellt. Die Daten stammen von der Weltgesundheitsorganisation von 1995.

Vitamin-A-Mangel weltweit: Die Farben verdeutlichen, welche Regionen wie stark betroffen sind. Rot zeigt, wo der Mangel klinische Auswirkungen hat; grün zeigt, dass der Mangel hier kein Problem darstellt. Die Daten stammen von der Weltgesundheitsorganisation von 1995.

Bildquelle: © Petaholmes/ Wikimedia.org/public domain

Vorzeigeprojekt oder Trojanisches Pferd?

Bereits im Jahr 1992 hatten Wissenschaftler eine Reislinie gentechnisch so verändert, dass sie Beta-Karotin, die Vorstufe von Vitamin A, im weißen Teil des Reiskorns produzierte. Die Reislinie wurde einige Jahre später als „Goldener Reis“ bekannt, weil die Reiskörner durch die Produktion von Beta-Karotin eine orange-gelbe Farbe annehmen.

Die private Bill und Melinda Gates Stiftung war der größte Geldgeber für die Entwicklung des Goldenen Reis. Während der Goldene Reis von seinen Befürwortern als Vorzeigeprojekt gefeiert wurde, sahen andere in ihm ein Trojanisches Pferd, mit dem die grüne Gentechnik durch die Hintertür in armen Ländern etabliert werden sollte.

Mittlerweile wird der goldene Reis in den Züchtungsprogrammen mehrerer Länder eingesetzt, hauptsächlich in Südostasien. Da Vitamin A Mangel jedoch nicht die einzige Mangelerscheinung vieler schlecht ernährter Menschen ist, entwickelten Wissenschaftler in den Folgejahren auch Reis- und Weizenlinien, die beispielsweise Eisen im Korn anreicherten.

Bisher keine Multinährstoff-Reislinien verfügbar

Das Problem dieser neu geschaffenen Reis- und Weizenlinien: Sie können jeweils nur den Bedarf eines einzigen Spurenelements oder Vitamins decken. Bisher war es nicht gelungen, einen Multivitamin- und Mehrfachnährstoffreis gentechnisch herzustellen.

Doch dieses Dilemma konnten Wissenschaftler nun aus der Welt schaffen. Ihre neue Reislinie enthält ausreichende Mengen Eisen und Zink in ihren polierten Körnern, sowie Beta-Karotin. „Unsere Resultate zeigen, dass es möglich ist, in einer einzigen Reispflanze mehrere wichtige Mikronährstoffe für eine gesunde Ernährung – Eisen, Zink und Beta-Karotin – zu kombinieren“, erklärten die Forscher in einer Pressemeldung.

Leichtes Einkreuzen in andere Reissorten möglich

Auch für Züchter kann die neue Multi-Nährstoff-Vitamin Reislinie ein Erfolg sein, da sich alle vier Gene für die Anreicherung der Mikronährstoffe als sogenannte Genkassette an einem einzigen Ort (Locus) im Reiserbgut befinden. Dies hat den Vorteil, dass der Gehalt von Eisen, Zink und Beta-Karotin in anderen Reissorten durch Kreuzung mit dem Multi-Nährstoff-Vitamin-Reis relativ unkompliziert weltweit erhöht werden kann.

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Die neuen Reislinien wurden bisher noch nicht im Freiland getestet, sondern nur im Gewächshaus angepflanzt.

Die neuen Reislinien wurden bisher noch nicht im Freiland getestet, sondern nur im Gewächshaus angepflanzt.

Bildquelle: © iStock.com/Studio1One

Um dieses Resultat zu erzielen, haben die Wissenschaftler mehrere Jahre intensive Forschungsarbeit investiert. Die Körner der veränderten Reislinie enthalten nun zwar mehr Beta-Karotin als die unveränderte Ausgangssorte (japonica-Varietät), aber je nach Linie bis zu zehnmal weniger als der Goldene Reis 2, die verbesserte Variante des Goldenen Reis. „Würde man aber 70 Prozent des derzeit verzehrten weißen Reises durch unsere Multinährstoff-Linie ersetzen, könnte zusätzlich zur verbesserten Versorgung mit Eisen und Zink jetzt auch schon die Vitamin-A-Versorgung markant verbessert werden“, betont Navreet Bhullar, Entwicklerin der neuen Reislinien im Labor für Pflanzenbiotechnologie an der ETH Zürich.

Freilandversuche im nächsten Jahr

Bisher wurden die neuen Reislinien nur im Gewächshaus angepflanzt. Nach einer weiteren Optimierungsphase soll sich das jedoch ändern. Ausgewählte Linien sollen im nächsten Jahr unter kontrollierten Bedingungen auch im Freiland getestet werden. Die Versuche sollen zeigen, ob die gewünschten und auch die agronomischen Eigenschaften erhalten bleiben und im Freiland genauso gut funktionieren wie im Gewächshaus. Bevor der Multinährstoff-Vitamin-Reis jedoch bei der Eindämmung des sogenannten versteckten Hungers zum Einsatz kommt, werden nach Schätzungen der Entwickler noch mindestens fünf Jahre vergehen.


Quelle:
Singh, S.P. et al. (2017): Single genetic locus improvement of iron, zinc and β-carotene content in rice grains. In: Scientific Reports 7(1): 6883, (31. Juli 2017), doi: 10.1038/s41598-017-07198-5.

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Titelbild: Die neue Reislinie im Gewächshaus. (Bildquelle: © ETH Zürich / zVg Navreet Bhullar)