„Heckenschau“

Biotope für Waldpflanzen und gut für die Landwirtschaft

03.02.2022 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Heckenlandschaft in Großbritannien: Hecken fördern den Artenreichtum. (Bildquelle: © iStock.com/leighcol)

Heckenlandschaft in Großbritannien: Hecken fördern den Artenreichtum. (Bildquelle: © iStock.com/leighcol)

Hecken sind artenreiche Lebensräume und bieten auch Pflanzen des Waldes Rückzugsräume. Um ihre Funktion auch in Zeiten des Klimawandels zu erfüllen, müssen sie breit genug sein und vor Beeinträchtigungen durch Landwirtschaft und falsche Pflegemaßnahmen geschützt werden.

Hecken sind vom Menschen angelegte Landschaftsstrukturen, die in früheren Zeiten eine wichtige Funktion als Windschutz, Brennholzlieferant und lebender Zaun hatten. Heute sind sie eher unter ökologischen Aspekten interessant, denn sie können viele Tier- und Pflanzenarten beherbergen. Welche Faktoren für eine hohe Artenvielfalt und insbesondere für das Vorkommen von Waldarten wichtig sind, haben Forscher:innen in einer neuen Studie unter Leitung des Instituts für Ökologie der Universität Bremen untersucht.

Lebensraum Hecke

Eine naturnahe Hecke bietet Lebensraum für viele Arten. Neben den typischen Heckenbewohnern (sogenannte „Saumarten“) nutzen sie auch viele Tier- und Pflanzenarten des Offenlandes und des Waldes als Rückzugsraum. Dazu kommt der sogenannte „Grenzlinien-Effekt“: Er beschreibt Bereiche, wo sich zwei Biotoptypen überschneiden, so dass sich eine besonders vielfältige Lebensgemeinschaft mit Arten aus beiden aneinander grenzenden Biotoptypen bilden kann. Außerdem vernetzt die Hecke verschiedene Biotope. Das wiederum hilft wandernden Tier- und Pflanzenarten.

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Hecken werden auch als lebende Zäune eingesetzt.

Hecken werden auch als lebende Zäune eingesetzt.

Bildquelle: © Manfred Antranias Zimmer/Pixabay

Aber auch die Landwirtschaft profitiert von Hecken: Sie verhindern hohe Windgeschwindigkeiten und verringern so die Winderosion und die Austrocknung des Bodens. Auch der Bodenabtrag durch Niederschläge wird vermindert. Dazu erhöhen sie die Bodenfruchtbarkeit, speichern CO2 und haben einen kühlenden Effekt an heißen Tagen. Doch im Zuge der Intensivierung der Landwirtschaft wurden Hecken in den letzten Jahrzehnten im großen Stil entfernt.

Hecken als Waldersatz?

Da Hecken auch ein wichtiges Ersatzhabitat für Pflanzenarten aus dem Wald sein können, untersuchten die Forscher:innen, welche Faktoren das Vorkommen von Waldarten in Hecken fördern oder behindern. Dazu werteten sie Daten aus Nordwest- und Westeuropa (von Südschweden über das Norddeutsche Tiefland und Belgien bis zu Teilen von Großbritannien und Nordwestfrankreich) aus – alles Regionen, in denen Hecken traditionell zum Landschaftsbild gehören. Dafür nutzten sie Daten von 1 109 Heckenstandorten aus elf Studien und verglichen sie mit Klima, Heckenbreite und angrenzender Nutzung.

Sie konnten zeigen, dass es in Hecken eine sehr hohe Anzahl an krautigen Waldpflanzen gibt. Der Wald-Ziest (Stachys sylvatica) war in nahezu allen Regionen häufig anzutreffen. Die Vielblütige Weißwurz (Polygonatum multiflorum), der Echte Wurm-Farn (Dryopterix filix-mas), das Busch-Windröschen (Anemone nemorosa), das Hain-Rispengras (Poa nemoralis) und der Gefleckte Aronstab (Arum maculatum) waren ebenfalls in den meisten Regionen häufig zu finden. Diese Arten waren effizient in der Samenausbreitung, resistent gegenüber Störungen durch Pflegemaßnahmen und kamen auch mit höheren Temperaturen noch zurecht.

Bei den Gehölzen konnten die Stiel-Eiche (Quercus robur), die Gemeine Hasel (Corylus avellana), der Weißdorn (Crataegus spec.) und die Brombeere (Rubus fruticosus agg.) in allen Regionen häufig gefunden werden. In der Bretagne kamen noch der Stechginster (Ulex europaeus) und die Europäische Stechpalme (Ilex aquifolium) dazu.

Hitze und intensive Landwirtschaft verringern Artenvielfalt

Einschränkungen in der Artenvielfalt fanden die Forscher:innen in Hecken in warmen Regionen. Noch stärker war der Artenrückgang in Regionen, wo in den vergangenen Jahren Hitzewellen und Dürren auftraten. Die Forscher:innen werteten das als Hinweis, dass im Zuge des Klimawandels ein größerer Artenverlust in den betroffenen Hecken stattfinden könnte.

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Wichtig für eine große Artenvielfalt: Wallhecken zwischen Äckern und Wiesen. Um im Klimawandel bestehen zu können, sollten sie breit genug sein.

Wichtig für eine große Artenvielfalt: Wallhecken zwischen Äckern und Wiesen. Um im Klimawandel bestehen zu können, sollten sie breit genug sein.

Bildquelle: © Kathrin Litza / Universität Bremen

Einen ebenfalls negativen Einfluss konnte das Team bei angrenzender landwirtschaftlicher Nutzung feststellen. Düngerdrift, das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln, direkt an die Hecke heranreichendes Pflügen oder Verbiss durch Weidetiere schädigten die Heckenstruktur und verringerten die Artenvielfalt. Bei Hecken, die an ökologisch bewirtschaftete Felder angrenzten, konnte im Vergleich eine höhere Artenvielfalt nachgewiesen werden.

Auf die Breite kommt es an

Ein sehr wichtiger Faktor für eine ökologisch intakte Hecke ist ihre Breite, stellten die Beteiligten fest. Hecken haben aufgrund ihrer schmalen, linienförmigen Struktur ein veränderliches Mikroklima in ihrem Inneren. Daher können sie klimatische Extremereignisse wie Hitzewellen nicht so gut abpuffern wie ein Wald.

Aber: Je breiter eine Hecke ist, desto eher ist sie in der Lage, in ihrer Kernzone ein stabiles Mikroklima mit weniger stark schwankender Temperatur und Luftfeuchtigkeit zu erzeugen, dass auch für Waldarten zuträglich ist. In breiteren Hecken konnten die Forscher:innen mehr Waldarten beobachten als in schmalen Heckenstreifen. Breitere Hecken und dafür angepasste Pflege- und Managementmaßnahmen seien daher in Zukunft dringend erforderlich, um die Artenvielfalt in den Hecken zu erhalten, folgerten sie daraus.

Hecken sind aufgrund ihres Artenreichtums besonders schützenswerte Biotoptypen und bieten auch der Landwirtschaft viele Vorteile wie Bodenschutz, Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und als Habitat für Nützlinge – und damit für eine natürliche Schädlingsbekämpfung. Für eine zukunftsorientierte Landwirtschaft und Artenschutz sind Hecken inklusive angrenzender Wildkräutersäume daher ein wichtiger Baustein – aber oftmals nicht im Fokus der landwirtschaftlichen Praxis.


Quelle:
Litza, K. et al. (2022): Hedgerows as a habitat for forest plant species in the agricultural landscape of Europe. In: Agriculture, Ecosystems and Environment 326, (online Dezember 2021), doi: 10.1016/j.agee.2021.107809.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Heckenlandschaft in Großbritannien: Hecken fördern den Artenreichtum. (Bildquelle: © iStock.com/leighcol)