Schon gewusst? Vom Regenwald zur Savanne
Destabilisierung des Amazonas-Regenwaldes durch Abholzung, Brandrodung und Klimawandel
Die Resilienz des Amazonas-Regenwaldes nimmt seit Anfang der 2000er Jahre ab. Der Wald erholt sich langsamer von Stresssituationen wie extremen Dürren oder Brandrodungen. Das haben Forscher:innen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und des Global Systems Institute der Universität Exeter durch die Auswertung von Satellitendaten herausgefunden.
Der Amazonas-Regenwald ist systemrelevant – nicht nur für die Erhaltung der weltweiten Artenvielfalt von Tieren und Pflanzen, sondern auch für das Klima. Denn das bedrohte Ökosystem gilt, wie die Strömungs- und Zirkulationssysteme von Atmosphäre und Meeren, als Kippelement. Erreicht der Regenwald durch den Klimawandel oder Stressfaktoren wie Brandrodungen den Kipppunkt, gehen seine Ökosystemleistungen für immer verloren: die großen CO2-Speicherkapazitäten ebenso wie der Beitrag zur Sicherung von Niederschlägen in Südamerika. Doch wie widerstandsfähig ist der Regenwald heute?
Besorgniserregender Resilienzverlust des Amazonas-Regenwaldes
Resilienz steht für die Fähigkeit eines Ökosystems, sich von Störfaktoren zu erholen. Im Amazonas-Regenwald sind das Abholzung, Brandrodung und perspektivisch der Klimawandel. Forscher:innen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und des Global Systems Institute der Universität Exeter haben die Widerstandsfähigkeit des Regenwaldes im Amazonas-Gebiet als Teil des EU-finanzierten Projekts „Tipping Points in the Earth System“ (TiPES) untersucht.
Die Wissenschaftler:innen nutzten Satellitendaten, die Biomasse und Grünanteil des Waldes zeigen sowie statistische Indikatoren, um die Reaktionsgeschwindigkeit des Ökosystems auf Veränderungen zu untersuchen. Ihre Erkenntnisse bieten Anlass zur Sorge: Die Systemdynamik des Regenwaldes hat sich kritisch verlangsamt. Drei Viertel der untersuchten Gebiete können sich nur noch eingeschränkt von Störungen erholen.
Trockenheit und menschliche Aktivitäten bedrohen den Amazonas-Regenwald
Trotz der Erkenntnis, dass die Widerstandsfähigkeit des Regenwaldes seit Anfang der 2000er Jahre abnimmt, bleiben Fragen offen: „Wir können nicht sagen, wann ein möglicher Übergang vom Regenwald zur Savanne stattfinden könnte“, sagt Niklas Boers vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Frühere Studien hätten gezeigt, dass „große Teile des Amazonasgebiets bereits zum Absterben verdammt sein könnten, bevor eine starke Veränderung des mittleren Zustands sichtbar wird“, ergänzt Chris Boulton vom Global Systems Institute.
Noch gibt es Hoffnung, das „Kippen“ des Ökosystems abzuwenden. Dafür müssen die Ursachen für die Destabilisierung des Regenwaldes bekämpft werden: die fehlenden Niederschläge, die laut Prognosen durch den menschengemachten Klimawandel weiter zurückgehen werden, und die Landnutzung durch Menschen. Konkret bedeutet das: Um den Amazonas-Regenwald langfristig zu schützen, müssen Abholzung und globale Treibhausgasemissionen stark begrenzt werden – und zwar sofort.
Quelle:
Boulton, C.A., Lenton, T.M. & Boers, N. (2022): Pronounced loss of Amazon rainforest resilience since the early 2000s. In: Nature Climate Change 12, 271–278, (7. März 2022), doi: 10.1038/s41558-022-01287-8.
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Titelbild: Die Rodung des Amazonas-Regenwaldes für die menschliche Landnutzung, zum Beispiel für die Landwirtschaft, bedroht die Stabilität des Ökosystems. (Bildquelle: © iStock / Phototreat)