Klimaresistenter Kaffee

Neues Referenzgenom der Arabica-Kaffeepflanze ist eine Schatzkarte für Züchter

07.03.2024 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Auch Kaffee ist durch den Klimawandel bedroht. Schon in wenigen Jahrzehnten könnte Extremwetter den Anbau in weiten Teilen Afrikas und Südamerikas sehr schwierig machen. (Bildquelle: © Ri Butov / Pixabay)

Auch Kaffee ist durch den Klimawandel bedroht. Schon in wenigen Jahrzehnten könnte Extremwetter den Anbau in weiten Teilen Afrikas und Südamerikas sehr schwierig machen. (Bildquelle: © Ri Butov / Pixabay)

Ein italienisches Forschungsteam hat die bislang genaueste Genomkarte für die Arabica-Kaffeepflanze erstellt. Sie kommt zur rechten Zeit, denn Kaffee-Plantagen leiden schon jetzt stark unter dem Klimawandel. Das neue Referenzgenom bietet Züchtern neue Möglichkeiten, die Kaffeepflanzen an Extremwetter anzupassen.

Kaffee ist das zweithäufigste konsumierte Getränk weltweit, täglich werden über zwei Milliarden Tassen getrunken. So hat er auch enorme wirtschaftliche Bedeutung. 2023 betrug sein Marktwert über 93 Milliarden US-Dollar.

Mit seinem „glatten“ Geschmack ist Arabica-Kaffee (Coffea arabica) die beliebteste Kaffeevariante, sein Marktanteil beträgt knapp 70 Prozent. Vom Kaffeeanbau leben 25 Millionen meist kleinbäuerliche Familien, weitere 100 Millionen Menschen haben ein Einkommen durch Kaffeeverarbeitung und Verkauf.

Kaffeeanbau unter Klimadruck

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Eine Arabica-Kaffeepflanze (Coffea arabica). Der Anstieg der Durchschnittstemperaturen, die Änderung der jahreszeitlichen Verteilung der Niederschläge und Extremwetterereignisse machen es den Kaffeebauern zunehmend schwer.

Eine Arabica-Kaffeepflanze (Coffea arabica). Der Anstieg der Durchschnittstemperaturen, die Änderung der jahreszeitlichen Verteilung der Niederschläge und Extremwetterereignisse machen es den Kaffeebauern zunehmend schwer.

Bildquelle: © KENPEI / Wikipedia, CC BY 3.0

Eine Schweizer Studie aus dem Jahr 2022 hat aber deutlich gemacht, dass der Anbau von Arabica-Kaffee vom Klimawandel stark bedroht ist. Betroffen sind auch die wichtigsten Anbauregionen wie Brasilien und Äthiopien. Größere Teile dieser Anbauflächen könnten aufgrund erhöhter Dürre sowie Befall durch neue Schädlinge oder Krankheiten bis zum Jahr 2050 für den Kaffeeanbau ungeeignet sein. Daher werden dringend neue Arabica-Sorten benötigt, die mit den neuen Klimabedingungen besser zurechtkommen.

Blaupause für die Züchtung

Im Gegensatz zu essbaren Kulturen wie Weizen oder Kartoffel, die über Jahrzehnte oder Jahrhunderte intensiv züchterisch bearbeitet wurden, hinkt Kaffee in der Anwendung moderner Züchtungsmethoden hinterher. Dies schließt auch die Verwendung präziserer DNA-basierter Techniken wie Genomeditierung ein. Ein Grund: zu wenige oder ungenaue Genomdaten.

Für Züchter ist daher die jetzt unter Leitung der Universität Udine in Italien neuerstellte Genomkarte für die Arabica-Kaffeepflanze ein Glücksfall: Sie ist viel genauer als Genkarten aus vorangegangenen Studien. Das erreichte das Team mit Hilfe der Long-Read-Technologie, die eine akkurate Assemblierung des Genoms auf Chromosomenebene ermöglichte. Solche vollständigen Referenzgenome sind notwendig, um die gesamte Komplexität der Genome einer Art zu entschlüsseln und mittels referenzbasierten Resequenzierungsanalysen auch zuverlässige populationsgenetische Daten zu erhalten – sprich die genetische Vielfalt innerhalb einer Kulturart (wie Mutationen, Variationen in der Anzahl von Kopien bestimmter Gene, Insertionen und Deletionen sowie strukturelle Variationen) zu erkennen und für die Züchtung zu nutzen.

Einige Geheimnisse der Kaffeegenetik gelüftet

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Der Klimawandel führt auch zur Verbreitung einer Pilzerkrankung: Kaffeerost.

Bildquelle: © Carvalho CR, Fernandes RC, Carvalho GMA, Barreto RW, Evans HC (2011): Cryptosexuality and the Genetic Diversity Paradox in Coffee Rust, Hemileia vastatrix. PLoS ONE 6(11): e26387. 

Der Klimawandel führt auch zur Verbreitung einer Pilzerkrankung: Kaffeerost.

Bildquelle: © Carvalho CR, Fernandes RC, Carvalho GMA, Barreto RW, Evans HC (2011): Cryptosexuality and the Genetic Diversity Paradox in Coffee Rust, Hemileia vastatrix. PLoS ONE 6(11): e26387. 

Die Arabica-Kaffeepflanze ist eine tetraploide Art und enthält somit vier Kopien jedes Gens. Die italienische Studie konnte zeigen, dass das Arabica-Genom elf Gruppen von Chromosomen mit jeweils zwei Kopien von jedem seiner jeweiligen Elternteile enthält: Coffea canephora und Coffea eugenioides. In einigen Fällen haben sich Segmente beider Chromosomensätze vermischt.

Die Resequenzierung zahlreicher Arabica-Sorten belegte eine geringe intraspezifische Diversität im Ursprungszentrum der Art. Über eine begrenzte Anzahl genetischer Regionen hinweg erhöht sich aber die Vielfalt in einigen kultivierten Genotypen auf ein Niveau, das ähnlich dem einer der Vorfahrenarten, Coffea canephora, ist. Hier vermuten die Forscher:innen Introgressionen als Ursache, die vom sogenannten Timor-Hybrid stammen. Es zeigte sich auch, dass zusätzlich zu einigen früh entstandenen Austauschen zwischen homologen Chromosomen zahlreiche jüngere chromosomale Aberrationen vorhanden sind, einschließlich Aneuploidien, Deletionen und Duplikationen.

Genetische Vielfalt erhöhen

Mit den nun vorliegenden Informationen über die genetische Zusammensetzung der Kaffeepflanze können Forscher nun deutlich systematischer die Kaffeepflanze züchterisch optimieren. Ein Problem ist offensichtlich: die zu geringe genetische Variabilität von Arabica-Kaffee. Es werden „frische Gene“ benötigt, um Sorten z.B. mit einer verbesserten Schädlings- und Klimaresistenz zu erzeugen. Die Einkreuzung von wilden Kaffeearten, die genetisch vielfältiger sind, bietet hier große Chancen. Tatsächlich haben frühere Arbeit in Portugal und Lateinamerika bereits gezeigt, dass neuartige Hybridvarianten aus Osttimor nützliche Eigenschaften wie erhöhte Krankheitsresistenz und Vitalität zeigen.  

Nebenbei erwähnt: Das neue genetische Wissen könnte auch zur Entwicklung von Sorten mit neuartigen Geschmacksrichtungen führen. Kaffee ist schließlich ein Genussmittel.


Quellen:

  • Scalabrin, S., Magris, G., Liva, M. et al. (2024): “A chromosome-scale assembly reveals chromosomal aberrations and exchanges generating genetic diversity in Coffea arabica germplasm.” In: Nature Communications 15, 463 (23. Januar 2024). doi: 10.1038/s41467-023-44449-8
  • Grüter, R. et al. (2022): “Expected global suitability of coffee, cashew and avocado due to climate change.” In: Plos One (26. Januar 2022). doi: 10.1371/journal.pone.0261976

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Titelbild: Auch Kaffee ist durch den Klimawandel bedroht. Schon in wenigen Jahrzehnten könnte Extremwetter den Anbau in weiten Teilen Afrikas und Südamerikas sehr schwierig machen. (Bildquelle: © Ri Butov / Pixabay)