Kühlere Felder ohne Pflügen
Direktsaatverfahren mildert lokale Hitzewellen
Der Klimawandel wird Europa in Zukunft immer wieder Hitzewellen bescheren. Unter sommerlicher Hitze leiden Ökosysteme und Landwirtschaft. Doch Forscher haben nun eine Möglichkeit gefunden, die Temperatur lokal deutlich abzuschwächen: die Feldbewirtschaftung nach dem Direktsaatverfahren.
Eigentlich ist das Prinzip simpel und schon lange bekannt: Dunkle Gegenstände heizen sich in der Sonne leichter auf als helle. Wahrscheinlich einer der Gründe, warum sich Menschen in heißen Gebieten gerne in helle Gewänder hüllen. Wissenschaftler konnten nun zeigen, dass sich diese Erkenntnis auch auf die Landwirtschaft übertragen lässt. Denn die Farbe eines Feldes wirkt sich offenbar auf dessen Umgebungstemperatur aus.
Auf die Farbe kommt es an
Ob ein Feld hell, also beispielsweise mit Getreiderückständen, oder dunkel, wenn es gepflügt wurde, erscheint, kann an heißen Tage bis zu zwei Grad der Umgebungstemperatur des Feldes ausmachen. Das zeigten computergestützte Simulationsprogramme, in die die Forscher Daten aus Rückstrahlungsmessungen eingegeben hatten. Die Rückstrahlung von verschieden farbigen Feldern hatten die Wissenschaftler zuvor in Südfrankreich gemessen und erwartungsgemäß folgendes festgestellt: Das Rückstrahlvermögen – wissenschaftlich auch als Albedo bezeichnet - eines Feldes ist umso größer, je heller das Feld ist. Die Folge davon: An heißen Tagen kann es über einem hellen Feld bis zu zwei Grad kühler sein als über einem dunklen. Bei moderaten Temperaturen liegt der Unterschied nur bei etwa einem Grad.
Temperaturspitzen während Hitzewellen vermeiden
Ein Getreidefeld ist bei uns gewöhnlich aber nur dann hell, wenn das Getreide reif ist. Das ist gewöhnlich im Juli der Fall. Sobald das Getreide abgeerntet wurde, stehen nur noch kurze Stroh-Stoppeln aus dem dunkelbraunen Boden hervor. Werden diese auch noch in den Boden eingepflügt, erscheint das Feld gänzlich in braun und ist ein hervorragender Wärmespeicher. Im Zuge des Klimawandels und der Erderwärmung sei auch in Europa mit zunehmenden Hitzewellen zu rechnen und extreme Hitze wirke sich besonders schädlich auf Ökosysteme und die Landwirtschaft aus, so die Forscher. Bereits wenige Grad Temperaturunterschied könnten in solchen Zeiten einen großen Einfluss auf die Natur haben. Daher sei es wichtig, über Maßnahmen zu verfügen, um diese Temperaturspitzen zu umgehen. Wie könnten diese Maßnahmen in der Praxis aussehen?
Direktsaat sorgt für kühlere Felder
Im Wesentlichen geht es darum, die Getreidefelder so hell wie möglich zu erhalten. Dies ist aber nur möglich, wenn die Strohhalme nach der Ernte auf dem Feld belassen und nicht in den Boden gepflügt werden. Diese Anbaumethode wir auch als Direktsaat bezeichnet, da die neuen Feldfrüchte direkt auf dem nahezu unbehandelten Boden ausgesät werden. Vorrichtungen an speziellen Sähmaschinen öffnen lediglich schmale Furchen, die nach der Saatgutablage wieder mit Boden bedeckt werden. Vorteile dabei: Die Pflanzenrückstände der Vorkultur bilden den ganzen Anbauzeitraum über eine Art Mulch auf dem Acker. Dieser schützt den Acker vor Bodenerosion und bindet große Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid.
Die weniger aufwändige Feldbestellung bringt außerdem geringere Maschinen- und Lohnkosten als beim konventionellen Anbau mit sich. Auch die Bodenorganismen profitieren von der Direktsaat. Besonders effektiv sei diese Anbaumethode für Feldfrüchte in den mittleren Breiten, die im Juli geerntet werden, so die Wissenschaftler. Denn das Feld sei den restlichen Sommer lang der Sommerhitze überlassen. Dazu gehören vor allem die verschiedenen Getreidearten wie Weizen, Roggen, Hafer und Gerste. Die Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass Weizenfelder, die nach der Direktsaat-Methode bestellt wurden, in der Sommersonne 50 Prozent mehr Albedo besitzen als konventionell bewirtschaftete Felder. Dies hatte zwar auch eine geringere Verdunstung und damit Bodenkühlung zur Folge, doch die intensive Abstrahlung besitzt den Forschern zufolge einen deutlich größeren Effekt.
Zunächst sinkende Erträge schrecken europäische Bauern bisher ab
In Nord- und Südamerika ist dieses Verfahren bereits weit verbreitet – in Europa jedoch bisher nicht, denn die Methode birgt auch Nachteile. Zu Beginn dieser Feldbearbeitungsmethode sinken nämlich die Erträge, denn die günstigen Effekte kommen erst langfristig zum Tragen. Dafür verantwortlich ist der Anteil von organischem Kohlenstoff, der kurz nach der Umstellung zunächst abnimmt, und erst zu einem späteren Zeitpunkt wieder ansteigt. Nach der Direktsaat bestellte Felder sind außerdem empfänglicher für Schädlingsbefall, der wiederum zu erheblichen Ernteausfällen führen kann. Durch die Umverteilung des Bodens beim Pflügen werden Pflanzenrückstände und daran anhaftende Keime in tiefere Bodenschichten eingebracht und dadurch unschädlich gemacht. Auch die Belüftung des Bodens durch die wendende Bodenbearbeitung kann standortabhängig vorteilhaft wirken.
Neben den beschriebenen lokalen Wirkungen kann die Direktsaat auch überregional positive Auswirkungen haben: Verzichten Landwirte aufs Pflügen, bleibt mehr Kohlenstoff im Boden gespeichert, was sich wiederum positiv auf das globale Klima auswirkt. Das funktioniert allerdings nur, wenn viele Landwirte auf das Direktsaatverfahren umstellen.
Quelle:
Davin, E.L. et al. (2014): Preferential cooling of hot extremes from cropland albedo management. In: Proc Natl Acad Sci USA. (23. Juni 2014), pii: 201317323
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Titelbild:Helle Böden, auf denen die Erntereste im Direktsaatverfahren verbleiben erhitzen die Luft wesentlich weniger, als gepflügte und dunkle Böden. (Bildquelle: Volker Prasuhn/ wikimedia.org/ CC BY-SA 3.0)