Speicherpotenzial von Treibhausgasen im Ökolandbau

17.10.2012 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Der Ökolandbau bindet mehr Kohlenstoff aus der Atmosphäre in die organische Bodensubstanz zurück. (Quelle: © iStockphoto.com/ hagit berkovich)

Der Ökolandbau bindet mehr Kohlenstoff aus der Atmosphäre in die organische Bodensubstanz zurück. (Quelle: © iStockphoto.com/ hagit berkovich)

Ökologisch bewirtschaftete Böden speichern mehr Kohlenstoff, als konventionell bewirtschaftete. Ein internationales Forscherteam wertete Daten aus 74 Vergleichsstudien in einer Metaanalyse aus. Sie betrachteten den Kohlenstoffgehalt der Böden unter den beiden Anbauweisen und fanden signifikante Unterschiede. Die Kohlenstoffvorräte waren beim Ökolandbau durchschnittlich 3,5 Tonnen pro Hektare höher.

Da Ackerböden organischen Kohlenstoff speichern wird ihre Rolle in globalen Kohlenstoffkreisläufen vielfach wissenschaftlich untersucht. Dabei werden auch klimatische Aspekte betrachtet. Speichern die Böden Kohlenstoff so geben sie weniger Kohlendioxid (CO2) als klimaschädliches Treibhausgas in die Atmosphäre ab. Eine Forschungsfrage lautet dabei, ob die landwirtschaftlichen Bewirtschaftungspraktiken Einfluss auf die Speicherfunktion der Böden nehmen. 

Hat der Ökolandbau ein höheres Speicherpotenzial?

Am ökologischen Landbau wird kritisiert, dass die Böden mit dem Pflug bearbeitet werden müssen. Herbizide, also Unkrautbekämpfungsmittel, stehen dem Ökolandbau nicht in der Form zur Verfügung, wie der konventionellen Landwirtschaft. Beim Wenden des Bodens mit dem Pflug kommt Sauerstoff in den Boden. Das Bodenleben und damit verbundene Umsetzungsprozesse werden beschleunigt und der im Boden gespeicherte Kohlenstoff entweicht. Folglich erhöhen sich die CO2-Emissionen. Konventionell arbeitende Landwirte hingegen verzichten bei einigen Kulturarten vermehrt auf das Pflügen, müssen dafür jedoch mehr Herbizide gegen Unkräuter einsetzen.

Andererseits wird angenommen, dass durch die nachhaltigen und naturnahen Anbaumethoden des Ökolandbaus die Speicherfunktion der Böden erhöht werden kann. 

Einige Studien belegen, dass beim Ökolandbau der Kohlenstoffgehalt in den Ackerböden höher ist, als beim konventionellen Landbau, der verbreitetesten Wirtschaftsform in der Landwirtschaft. Andere Studien fanden wiederum keine Unterschiede zwischen den Anbaumethoden. Aufgrund dieser inkonsistenten Ergebnisse, wird kontrovers darüber diskutiert, ob ökologische Anbaumethoden die Kohlenstoffspeicherung der Böden begünstigen.

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Vom belebten Humus, der äussersten Schicht der Erde, hängt das Leben von Pflanzen,Tier und Mensch ab. (Bild: Thomas Alföldi, © 2012 FiBL - Forschungsinstitut für biologischen Landbau)

Vom belebten Humus, der äussersten Schicht der Erde, hängt das Leben von Pflanzen,Tier und Mensch ab. (Bild: Thomas Alföldi, © 2012 FiBL - Forschungsinstitut für biologischen Landbau)

Umfassende quantitative Bewertung

Dies nahm ein internationales Forscherteam zum Anlass, die vorhandenen Daten in einer Metaanalyse genauer zu betrachten. Ziel der Analyse war es, über alle Studien hinweg Unterschiede im Kohlenstoffgehalt der landwirtschaftlich genutzten Böden zu identifizieren und daraus allgemeinere Aussagen ableiten zu können.

Dazu werteten die Forscher 74 Datensätze aus, die jeweils ökologischen und nicht-ökologischen, also konventionellen Landbau miteinander verglichen. Die betrachteten Studien lieferten Datensätze, zu landwirtschaftlichen Anbauflächen in Nord-, Mittel- und Südamerika, Europa, Asien und Australien.

Das Ergebnis: Verglichen mit konventionellem Landbau führen die Techniken des ökologischen Landbaus zu signifikant höheren Konzentrationen von Kohlenstoff in den obersten Bodenschichten sowie zu höheren Kohlenstoffvorräten. Beim Ökolandbau waren die Kohlenstoffvorräte durchschnittlich um 3,5 Tonnen pro Hektare höher als in konventionell bewirtschafteten Böden. Zudem errechneten sie, dass im Ökolandbau bis zu 450 kg mehr atmosphärischer Kohlenstoff pro Hektare/Jahr gespeichert werden kann. Allerdings basiert diese Rechnung nur auf 20 der betrachteten Vergleichsstudien, bei den übrigen fehlten die dafür nötigen Angaben.

Bedeutung der Kohlenstoffspeicherung für das Klima

Beim Ökolandbau wird also mehr organischer Kohlenstoff im Boden (Humus) gespeichert und mehr atmosphärischer Kohlenstoff gebunden. Die Kohlenstoffrückbindung ist eine Maßnahme zur Minderung der landwirtschaftlichen Treibhausgas-Emissionen. 2010 war die Landwirtschaft mit Emission von rund 67 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent der zweitgrößte Verursacher von Treibhausgasen in Deutschland (Vlg. Umweltbundesamt). Weltweit gehen über 10 Prozent der CO2-Emissionen auf das Konto der Landwirtschaft. CO2-Freisetzungen in die Atmosphäre zu reduzieren wäre ein guter Schritt in die richtige Richtung, allerdings nur ein Anfang. Der größte Anteil an den Emissionen klimarelevanter Gase aus den Böden fällt hingegen auf Lachgas (N2O), das hauptsächlich durch die Düngung des Ackerbodens entsteht. N2O trägt circa 300-mal so stark zum Treibhauseffekt bei wie ein Kilogramm CO2.

Die entscheidenden Variablen der Kohlenstoffbindung  

Die Forscher vermuten, dass Düngung und Fruchtfolge für die Kohlenstoffbindung ausschlaggebend sind: „Dass biologisch bewirtschaftete Böden organische Substanz anreichern und so Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre rückbinden, führen wir vor allem auf Praktiken zurück, die für gemischt wirtschaftende Betriebe typisch sind“, sagt Andreas Gattinger, Hauptautor der Studie vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL). Also solche Betriebe, bei denen neben dem Anbau von Nutzpflanzen auch Tiere gehalten werden.

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Gemischt wirtschaftende Betriebe halten Tiere und bauen Pflanzen an. (Quelle: © M. Großmann / pixelio.de)

Gemischt wirtschaftende Betriebe halten Tiere und bauen Pflanzen an. (Quelle: © M. Großmann / pixelio.de)

Die Forscher sehen hier einen Vorteil der vom Ökolandbau angestrebten geschlossenen Nutzungskreisläufe, bei denen mit organischem Material, wie Kompost oder Abfallprodukte aus der Tierhaltung in Form von Gülle, gedüngt wird und somit alle anfallenden Reststoffe wieder in den landwirtschaftlichen Betrieb einfließen.

Auch die Fruchtfolge scheint hier von Bedeutung zu sein. Der Anbau von Futterleguminosen wurde hier herausgestellt. Die Tiere können die Leguminosen als eiweißreiche Pflanze verzehren, wobei die Pflanzen zudem die Bodenfruchtbarkeit durch Symbiosen mit stickstofffixierenden Bakterien (Rhizobien) verbessern.

Die Forscher betonen dabei, dass diese erfolgversprechenden Praktiken zwar originär dem ökologischen Landbau zugeschrieben werden, jedoch auch in der konventionellen Landwirtschaft angewendet werden können. Teilweise ist dies bereits geschehen. So halte Leguminosen beispielsweise langsam wieder Einzug in die Fruchtfolge konventionell arbeitender Betriebe. Durch die Fähigkeit Stickstoff zu fixieren können so teure industriell hergestellte Stickstoffdünger gespart werden.

Ausblick

Es ist weiterführende Forschung nötig, um die Ergebnisse der Forscher zu untermauern und fehlende Datenlücken zu schließen. So müssten weitere Daten aus Entwicklungsländern erhoben werden, die bisher nicht im Fokus der Betrachtung lagen, wie beispielsweise Afrika. Ebenso ist eine wichtige Komponente nicht zu unterschätzen, die des Ertrags pro Flächeneinheit. Bei den meisten Fruchtarten liegen die Erträge der Bio-Landwirtschaft unter denen einer intensiv betriebenen. Den globalen Trends folgend wird zukünftig deutlich mehr Biomasse benötigt. Eine ungehemmte Ausdehnung von Produktionsflächen würde zu Lasten wichtiger Refugien gehen und stellt somit keine Lösung dar. In jedem Fall liefert die Metastudie Ansätze zur Weiterentwicklung der Landwirtschaft im Sinne einer nachhaltigeren Produktion.


Quelle:
Gattinger, A. et al. (2012): Enhanced top soil carbon stocks under organic farming. In: PNAS, 15. Oktober 2012, doi: 10.1073/pnas.1209429109.

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