Kuriose Pflanzenwelt: Die Spritzgurke

Die giftige Samenschleuder aus dem Mittelmeerraum

12.07.2021 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Spritzgurke bildet kleine stachelige Früchte aus. (Bildquelle: © Katja Schulz / flickr / CC BY 2.0)

Die Spritzgurke bildet kleine stachelige Früchte aus. (Bildquelle: © Katja Schulz / flickr / CC BY 2.0)

Die Spritzgurke ist, anders als ihr Name vermuten lässt, hochgiftig und hat eine sehr ungewöhnliche Art, sich zu verbreiten: Sind ihre Früchte reif, spritzen sie ihre Samen bis zu 12 Meter weit heraus. Die weitere Verbreitung des Samens übernehmen dann oft sechsbeinige Helfer.

Die Spritzgurke (Ecballium elaterium) ist im Mittelmeerraum zuhause. An ihr wachsen wenige Zentimeter lange Früchte, die wie die stacheligen Verwandten von Gurken aussehen. Die Ähnlichkeit und auch ihr Name sind kein Zufall, denn Spritzgurken gehören zur Familie der Kürbisgewächse (Cucurbitaceae), zu denen auch unsere Salatgurke gehört. Aber ihr Name verrät auch bereits etwas anderes: Die mediterrane Pflanze hat eine besondere Schleudertechnik für die Verbreitung ihrer Samen entwickelt. Das ungewöhnliche Schauspiel ist ein Grund, warum sie als Zierpflanze beliebt ist.

Wie schleudert sie ihre Samen heraus?

Wenn die Früchte reifen, entwickelt sich in ihrem Inneren durch Osmose ein hoher Turgordruck von bis zu 15 bar. Ihre harte Außenschicht – die Früchte zählen zur Kategorie Panzerbeere – kann diesen Druck aushalten und dehnt sich nur leicht aus.

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So sehen die Samen der Spritzgurke aus, die sich im Innern der Früchte befinden und nach dem Abbrechen der Früchte vom Stil bis zu 12 Meter weit weggeschleudert werden.

So sehen die Samen der Spritzgurke aus, die sich im Innern der Früchte befinden und nach dem Abbrechen der Früchte vom Stil bis zu 12 Meter weit weggeschleudert werden.

Bildquelle: © iStock.com / Nahhan

Sind sie aber reif, reicht der kleinste Windhauch und die Früchte reißen vom Stil ab, an dem sie hängen. Dabei feuern sie aus dem so entstandenen Loch blitzschnell den wässrigen Fruchtinhalt samt Samen heraus. Die Samen werden mit einer Anfangsgeschwindigkeit von rund 60 km/h (Wolters, 1963) bis zu 12 Meter weggeschleudert und auch die Frucht fliegt durch den Rückstoß durch die Luft. Saftdruckstreuer werden diese Pflanzen daher auch genannt.

Diese aktive Samenverbreitung (Autochorie) kommt im Pflanzenreich recht selten vor. Doch noch einen weiteren Trick hat die Pflanze zur Samenverbreitung auf Lager. Sie „kooperiert“ zusätzlich mit tierischen Transporthelfern: Ameisen.

Wieso helfen die Ameisen bei der Samenverbreitung?

Die Samen enthalten ein fettreiches Ölkörperchen (Elaiosom), das Ameisen als Leckerbissen schätzen. Die Ameisen tragen daher ihre Beute davon und fressen nur dieses Anhängsel – der Samen bleibt im Ameisennest liegen und kann dort keimen. Ein Verbreitungsvorteil, der es der Spritzgurke erlaubt, auch weiter entfernte Gebiete für ihren Nachwuchs zu erschließen. Obwohl für Ameisen köstlich, sind Spritzgurken für Menschen ungenießbar, da alle Pflanzenteile für uns hoch giftig sind.

Was kann die Pflanzenforschung von den Pflanzen lernen?

Neben dem ungewöhnlichen Ausbreitungsmechanismus interessieren sich Pflanzenforscher:innen auch für die giftigen Inhaltsstoffe. In der Spritzgurke befinden sich unter anderem Cucurbitacine. Diese giftigen Bitterstoffe können auch in essbaren verwandten Arten vorkommen, etwa in Gurken, Speisekürbisse, Zucchini oder Wassermelonen. Das gefährliche: Sie sind hitzebeständig und schwer in Wasser löslich. Kein guter Inhaltsstoff für Lebensmitteln. Erst durch gezielte Züchtung konnten Sorten entwickelt werden, die keine oder kaum noch Cucurbitacine enthalten und daher für uns unbedenklich genießbar sind.

Ähnlich war es beim Raps. Auch er enthielt gesundheitlich bedenkliche bzw. bittere Stoffe (Erucasäure und Glucosinolate), weshalb er nicht zur Herstellung von Speiseöl verwendet werden konnte. Erst die Züchtung von sogenannten Null- und Doppelnull-Rapssorten ohne diese Inhaltsstoffe in den 1970er Jahren brachte den Durchbruch. Man forscht aber auch daran, Lebensmittel wie Raps noch gesünder zu machen. Wer mehr darüber erfahren möchte, kann hier weiterlesen.


Quellen:

  • Erbar, C. und Leins, P. (2018): Wie mobil sind Pflanzen? In: Perspektiven der Mobilität (Heidelberger Jahrbücher Online), DOI: 10.17885/heiup.hdjbo.2018.0.23818.
  • Trautmann, A. (2018): Geheimnisvolle Pflanzenwelt – Verborgenes in der Natur entdecken. Mainz: Andrea Michaela Trautmann, ISBN 978-1-9770-1914-1.
  • KIT: Ecballium elaterium - die Spritzgurke. (Abgerufen am: 05.07.2021)

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Titelbild: Die Spritzgurke bildet kleine stachelige Früchte aus. (Bildquelle: © Katja Schulz / flickr / CC BY 2.0)