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Anthocyane zersetzen sich schon im Mund

07.02.2013 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Anthocyane sind z.B. in Beeren enthalten, werden aber bereits im Mund teilweise zersetzt. (Quelle: © iStockphoto.com / Tracy Hebden)

Anthocyane sind z.B. in Beeren enthalten, werden aber bereits im Mund teilweise zersetzt. (Quelle: © iStockphoto.com / Tracy Hebden)

Dunkle Pflanzenfarbstoffe (Anthocyane) sollen sich positiv auf unsere Gesundheit auswirken. Allerdings entdeckten Forscher, dass diese bereits im Mund, beim Kontakt mit Speichel, zum Großteil zersetzt werden. Sorgen womöglich deren Abbauprodukte für die positive Wirkung?

Anthocyane sind dunkle Farbstoffe, die in vielen Pflanzen enthalten sind. Sie verleihen beispielsweise Heidelbeeren ihre dunkelblaue oder Kirschen ihre dunkelrote Farbe. Ihnen wird aber auch eine gesundheitsfördernde Wirkung zugesprochen. Die dunklen Pflanzenfarbstoffe sollen den Menschen vor freien Radikalen bewahren, Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen und sogar vor Krebs schützen. Diese Wirkungen wurden mit Tierversuchen oder mit kultivierten menschlichen Zellen im Labor bereits mehrfach nachgewiesen.

Wie genau die Farbstoffe aber im Körper ihre förderliche Wirkung entfalten, ist bisher noch nicht geklärt. Allerdings zeigen Forschungsergebnisse, dass es wohl vorschnell war, die positive Wirkung den Farbstoffen als solche zuzuschreiben. Denn die Pigmente werden anscheinend schon abgebaut, bevor sie den Magen erreichen.

Schon im Mund, der ersten Station des Verdauungssystems, werden sie zersetzt. Zu diesem Ergebnis kamen Wissenschaftler, die den Abbau der Pigmente im Speichel untersuchten.

Speichelproben für die Forschung 

Hierzu testete ein Forscherteam, wie sich Extrakte aus fünf Früchten (Heidelbeere, Erdbeere, rote Trauben, Apfelbeeren und schwarze Himbeeren) bzw. die enthaltenen Farbstoffe beim Kontakt mit menschlichem Speichel verhalten. Dies ermöglichte es den Forschern, sechs verschiedene Familien von Anthocyanpigmenten zu analysieren.

Sie sammelten dafür Speichelproben von 14 gesunden Personen im Alter zwischen 21 und 55 Jahre. Die Versuchspersonen mussten dabei direkt nach dem Aufstehen - noch vor dem Frühstück und dem Zähneputzen - eine Probe abgeben; Eine zweite vor und eine dritte nach einer Spülung mit antibakteriellem Mundwasser. Die Forscher fügten den entnommenen Speichelproben anschließend den Extrakt einer Frucht zu und untersuchten, wie die jeweils enthaltenen Anthocyane die erste Hürde des menschlichen Verdauungssystems meistern.

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Schwarze Himbeeren (Rubus occidentalis) stammen ursprünglich aus Nordamerika und sind bei uns eher selten zu sehen.

Schwarze Himbeeren (Rubus occidentalis) stammen ursprünglich aus Nordamerika und sind bei uns eher selten zu sehen.

Bildquelle: © Nyttend / Wikimedia.org; gemeinfrei

Abbau im menschlichen Speichel

Bereits nach einer Stunde hatten sich alle Anthocyane im menschlichen Speichel teilweise oder sogar vollständig zersetzt. Dabei ist vor allem die chemische Struktur der einzelnen Pigmentfamilien entscheidend: Zwei Pigmentfamilien (Delphinidin und Petunidin) der Anthocyangruppe waren in den Untersuchungen anfälliger und zwischen 60 bzw. 65- 100 Prozent dieser Pigmente wurden zersetzt. Wohingegen die anderen vier Pigmentfamilien in den Tests widerstandsfähiger waren.

Die Forscher entdeckten zudem, dass die Zersetzung wesentlich langsamer abläuft, wenn die Probanden vorher eine antibakterielle Mundspülung nutzten. Die Farbstoffe werden demnach vor allem von Bakterien im Mundraum zersetzt.

Sind die Stoffwechselprodukte biologisch aktiv?

Die Forscher vermuten daher, dass die Abbauprodukte und nicht die Farbstoffe selbst, biologisch aktiv werden. Die Frage auf welcher Abbaustufe Anthocyane gesundheitsfördernd wirken ist auch für die Nahrungsmittelindustrie interessant. Wären es die Farbstoffe, die erst im Magen aktiv werden, müsste man Lebensmittel dahingehen verändern, dass die Anthocyane im Mund nicht so schnell abgebaut werden. Wären es hingegen die Abbauprodukte der Farbstoffe, könne man sich darauf konzentrieren, diesen Zersetzungsprozess zu beschleunigen.

Zukünftig wollen die Wissenschaftler nicht nur die positive Wirkung von Anthocyanen untersuchen, sondern auch welche Verdauungsprozesse notwendig sind, damit die Stoffe ihre Wirkung in der Blutbahn entfalten können.


Quelle:
Kamonpatana, K. et al. (2012): Susceptibility of anthocyanins to ex vivo degradation in human saliva. In: Food Chemistry 135 (2012) 738–747, (15. November 2012), http://dx.doi.org/10.1016/j.foodchem.2012.04.110.

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