Mikroorganismen beeinflussen Heterosis

Das Bodenmikrobiom ist mitverantwortlich für den Ertrag von Hybridmais

30.07.2021 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Das Bodenmikrobiom spielt eine wichtige Rolle dabei, ob der Heterosis-Effekt auftritt. (Bildquelle: © Pexels / Pixabay)

Das Bodenmikrobiom spielt eine wichtige Rolle dabei, ob der Heterosis-Effekt auftritt. (Bildquelle: © Pexels / Pixabay)

Die Hybridzüchtung ist eine wichtige Methode, um gesunde und ertragsstarke Sorten zu erzeugen. Eine bislang übersehene Rolle scheinen dabei Bodenmikroorganismen zu spielen: Ohne sie treten bei Mais manche Vorteile der Hybridzüchtung nicht in Erscheinung.

Hybridpflanzen weisen einen sogenannten Heterosis-Effekt auf: Weil ihre Eltern jeweils reinerbig, aber genetisch sehr unterschiedlich sind, besitzt die F1-Generation einen hohen Anteil Mischerbigkeit. Das führt zu gesünderen und ertragreicheren Pflanzen. Zahlreiche Nahrungspflanzen werden daher heute als Hybridpflanzen gezüchtet, Mais beispielsweise fast ausschließlich.

Und obwohl die Pflanzenforschung heute eine Reihe von Faktoren gefunden hat, die die Vorteile des Heterosis-Effekts erklären – vor allem Dominanz, Überdominanz, Epistase und transkriptionelle Regulation –, blieb die Erklärung bislang unvollständig. Nun hat ein US- Forschungsteam diese Lücke vielleicht geschlossen: Die Fachleute konnten zeigen, dass das Bodenmikrobiom eine wichtige Rolle dabei spielt, ob der Heterosis-Effekt auftritt.

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Junge Maispflanzen, die unter sterilen Laborbedingungen wachsen.
Junge Maispflanzen, die unter sterilen Laborbedingungen wachsen.

Bildquelle: © Fernanda Salvato

Unterschiedliche Mikrobiome weckten Verdacht

Schon früher war beobachtet worden, dass abiotische Stressfaktoren wie Wasser- oder Nährstoffmangel den Heterosis-Effekt verändern. Das Forschungsteam hatte nun beobachtet, dass Maishybride Wurzelmikrobiome ausbilden, die sich deutlichen vom Mikrobiom bei Inzuchtlinien, einschließlich dem ihrer Elternpflanzen, unterscheiden. Das führte zu der Frage, inwieweit auch biotische Faktoren die Ausprägung des Heterosis-Effekts steuern.

In einem ersten Experiment pflanzten die Forscher:innen daher zwei Inzuchtlinien und deren F1-Hybrid jeweils in Säcke mit sterilisierter Erde. So konnten die Pflanzen nicht mit externen Mikroorganismen in Kontakt kommen. Vier Wochen später fanden sich überraschenderweise keine Unterschiede hinsichtlich des Gewichts der Wurzeln und der Sprosse bei allen Versuchspflanzen. Wurde die sterilisierte Erde jedoch mit sieben definierten Bakterienstämmen angeimpft, trat eine negative Veränderung ein, die den Heterosis-Effekt sichtbar machte: Die Bakterien bewirkten einen deutlich verringerten Wuchs und niedrigere Keimungsraten bei den Inzuchtlinien, bei der Hybridlinie war dieser Effekt nur abgeschwächt zu beobachten.

Als nächstes testeten die Fachleute, ob das gleiche Phänomen auch bei einer natürlichen Zusammensetzung des Bodenmikrobioms zu beobachten wäre. Anstelle von sieben ausgewählten Mikroorganismen erfolgte die Animpfung dazu mit gefiltertem Ackerschlamm, der im Parallelversuch sterilisiert wurde. Der lebende Ackerschlamm bewirkte einen stark negativen Effekt auf die Keimungsrate der beiden Inzuchtlinien, nicht jedoch bei der Hybridlinie. Beim sterilisierten Ackerschlamm war der negative Effekt bei einer der beiden Inzuchtlinien nicht, bei der anderen nur abgeschwächt zu beobachten.

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Der Wissenschaftler Peter Balint-Kurti sammelt Proben von Maispflanzen, auf einem Versuchsfeld in Clayton, North Carolina.

Der Wissenschaftler Peter Balint-Kurti sammelt Proben von Maispflanzen, auf einem Versuchsfeld in Clayton, North Carolina.

Bildquelle: © Shannon Sermons

Die Hybridlinie bildete zudem im „lebenden“ Ackerschlamm eine größere Wurzelbiomasse aus als beide Inzuchtlinien. In sterilen Ackerschlamm traten keine relevanten Unterschiede auf. Bezüglich der Sprossbiomasse war die Hybridlinie in beiden Szenarien überlegen.

Einfluss auch unter Anbaubedingungen bestätigt

Abschließend erfolgten zwei Versuche unter Praxisbedingungen. Die Maiskörner wurden dazu oberflächensterilisiert und der Boden in vier unterschiedlichen Weisen vorbehandelt, um die Gemeinschaft der Bodenmikroorganismen zu stören: mit Wasserdampf, mit dem Keimhemmungsmittel Allyl-Senföl, mit beiden Methoden oder mit dem Bodensterilisierungsmittel Chlorpikrin.

Alle vier Behandlungen führten dazu, dass die Häufigkeit parasitischer Eipilze im Boden abnahm. Nach zwei Wochen hatte sich die Menge der kultivierbaren Bakterien – außer in der Kombinationsbehandlung – normalisiert. Die Zusammensetzung der Bakterien und Pilze veränderte sich jedoch signifikant. Alle Behandlungen führten dazu, dass sich der Heterosis-Effekt bei der Hybridpflanze abschwächte: Die Wurzelbiomasse, Wuchshöhe und Blattzahl verringerten sich. Unbeeinflusst blieb die Heterosis jedoch beim Sprossgewicht und bei der Keimungsrate.

Um zu beurteilen, wie nachhaltig der Effekt des Mikrobioms ist, wurden im zweiten Feldversuch die Pflanzen an einem anderen Standort in nach unten offene, 15 Zentimeter tiefe Töpfe gepflanzt. Auf diese Weise wuchsen die Pflanzen zunächst in dampfsterilisierter Erde bzw. im Kontrollversuch in lebendiger Erde im Topf an, später erreichten die Wurzeln dann den natürlichen, lebendigen Ackerboden.

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Hier wird gerade die Höhe eines Maiskeimlings aus dem Feldversuch gemessen.

Hier wird gerade die Höhe eines Maiskeimlings aus dem Feldversuch gemessen.

Bildquelle: © Shannon Sermons

Der negative Einfluss der Sterilisierung auf die Stärke der Heterosis blieb dabei während des gesamten achtwöchigen Versuchs bestehen. Demnach hat bereits das Mikrobiom, dem die ganz jungen Pflanzen begegnen, nachhaltigen Einfluss auf den Heterosis-Effekt. Der fiel in diesem Experiment zur Abwechslung mal positiv aus, denn die Hybridlinie im nicht sterilisierten Topf erfuhr ein klares Plus bei der Biomasse und auch bei der Chlorophyllkonzentration der Blätter.

Große Relevanz für Forschung – und später auch Züchtung

Es ist die erste Studie ihrer Art, die einen so klaren Zusammenhang zwischen dem Bodenmikrobiom und der Heterosis nahelegt. Weitere Forschung ist daher unerlässlich, um diesen Effekt zu bestätigen. Doch allein der Umstand, dass alle Experimente trotz der sehr unterschiedlichen Bedingungen robust das gleiche Resultat erbracht haben, unterstützt die Hypothese stark.

Eine mögliche Erklärung für den beobachteten Zusammenhang könnte sein, dass Hybride resistenter gegenüber schwach pathogenen Bodenmikroorganismen sind, weil ihre allelische Variation es ihnen erleichtert, Pathogene zu erkennen und zu bekämpfen. Eine zweite mögliche Erklärung wäre, dass das Immunsystem von Inzuchtlinien auf harmlose Mikroorganismen leichter überreagiert, was an anderer Stelle Ressourcen für das Wachstum abzieht. Ein genetischer Trade-off zwischen Krankheitsresistenzen und Wachstumsparametern ist in der Forschung durchaus bekannt.

Da die Effekte jedoch von der Zusammensetzung des Mikrobioms und sicher von weiteren Umweltfaktoren abhängen, ist es schwierig, schon jetzt Implikationen für die Pflanzenzüchtung abzuleiten. Für die Pflanzenforschung unterstreichen sie jedoch die Bedeutung, bei der Verknüpfung von Genotyp und Phänotyp die mikrobiellen Einflüsse immer mitzubetrachten.


Quelle:
Wagner, M.R. et al. (2021): Microbe-dependent heterosis in maize. In: PNAS, Vol. 118 No. 30, (19. Juli 2021), doi: 10.1073/pnas.2021965118.

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Titelbild: Das Bodenmikrobiom spielt eine wichtige Rolle dabei, ob der Heterosis-Effekt auftritt. (Bildquelle: © Pexels / Pixabay)