Schon gewusst? Die „Pflanzenuhr“ kann man verstellen
Mögliche Anpassung der Gerste an den Klimawandel
Forscher:innen haben ein Gerstengen identifiziert, das maßgeblich die innere Uhr von Pflanzen mitbeeinflusst – und damit auch den Blühzeitpunkt. Ist es mutiert, können Gerstenpflanzen viel früher blühen – ein erfolgsversprechender Ansatz für die Züchtung von Sorten, die besser an wärmere Winter und trockene Sommer angepasst sind.
Wer hat an der Uhr gedreht …? In diesem Fall wissen wir es. Ein Forschungsteam der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) hat ein Gen entdeckt, dass die sogenannte zirkadiane Uhr (oder auch innere Uhr) von Pflanzen mitsteuert.
Innere Uhr synchronisiert Pflanze mit der Jahreszeit
Ein Zeitmesser ist für Pflanzen überlebensnotwendig. Damit sie zu einer günstigen Jahreszeit blühen und sich so erfolgreich fortpflanzen können, messen sie u.a. die Tageslänge. Erst ab einer bestimmten Tageslänge nach den Wintermonaten gibt die innere Uhr „grünes Licht“ für den Beginn der Blütenentwicklung. So können sie einigermaßen sicher sein, dass zur Blühte das Risiko für Frost gering ist und die kälteempfindlichen Blüten überleben.
Standort- und Klimaanpassung durch „Verstellen“ der inneren Uhr
Für Züchter:innen wäre es sehr gute Stellschraube, wenn sie die innere Uhr beeinflussen könnten. So könnten sie Sorten entwickeln, die an unterschiedliche Anbaugebiete, Klimazonen und den Veränderungen durch den Klimawandel angepasst wären. So führt der Klimawandel in Mitteleuropa dazu, dass die Winter wärmer und die Sommer heißer und trockener werden. Kulturpflanzen wie Gerste würde es daher guttun, wenn sie früher blühen könnten und so schädlichen Trockenperioden zur Jahresmitte quasi ausweichen könnten.
Phasenverschiebung der Uhr durch mutiertes Gen
Die Forschungsgruppe der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat nun ein Regulatorgen im Gerstengenom gefunden, dessen mutierte Form die innere Uhr verstellt. Sein Name: LIGHT-REGULATED WD1 (LWD1). Diese veränderte Genvariante ermöglicht es den Pflanzen, ihre Entwicklung bereits bei wenigen Stunden Licht pro Tag zu beschleunigen, obwohl sie normalerweise Tage mit mehr als zwölf Stunden Licht zum Blühen benötigen. Wie genau dieser „Verstellmechanismus“ funktioniert, ist noch nicht bekannt. Die Forscher:innen gehen davon aus, dass das mutierte LWD1-Gen die Verarbeitung von Lichtsignalen zur Synchronisation der inneren Uhr verändert – „im Ergebnis wird die Signalweiterleitung, die normalerweise nur im Langtag induziert wird, angeschaltet und die Pflanze blüht“, so die Arbeitsgruppenleiterin von Korff Schmising.
Mit Genomeditierung die Uhr neuprogrammieren
Für die Anpassung von Sorten an den Klimawandel oder für den Anbau auf anderen Breitengraden mit anderer Tageslichtrhythmik könnten Züchter:innen nun einen neuen und sehr praktikablen Ansatz haben: Denn die Düsseldorfer Forschungsgruppe hat auch gezeigt, dass durch gezielte Genomeditierung des Gens LIGHT-REGULATED WD1 mit der Genschere CRISPR/Cas die Gerste schnell zu einem Frühblüher gemacht werden kann – das könnte bei allen Gerstensorten funktionieren.
Quelle:
Helmsorig, G. et al. (2024): „Early maturity 7 promotes early flowering by controlling the light input into the circadian clock in barley.” In: Plant Physiology, Volume 194, Issue 2 (February 2024).doi: 10.1093/plphys/kiad551
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Titelbild: Eine neue Studie hat gezeigt, wie die innere Uhr von Gerstenpflanzen „verstellt“ werden kann. (Bildquelle: © Pflanzenforschung.de)