Schwefelhaltige Arsenverbindungen in Reis niedrig halten

Das Projekt "Thio-As-Rice" will dieses Lebensmittel sicherer machen

07.09.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Reis ist ein wichtiges Grundnahrungsmittel, doch in den Körnern können sich giftige Arsenverbindungen ansammeln. (Bildquelle: © Sasin Tipchai / Pixabay)

Reis ist ein wichtiges Grundnahrungsmittel, doch in den Körnern können sich giftige Arsenverbindungen ansammeln. (Bildquelle: © Sasin Tipchai / Pixabay)

Reispflanzen können schwefelhaltige Arsenverbindungen aus dem Boden aufnehmen und in die oberirdischen Pflanzenorgane transportieren. Einige dieser Thioarsenate sind für Menschen möglicherweise giftig. Im BMBF-Projekt Thio-As-Rice wird erforscht, wie man diese Arsenverbindungen im Reis nachweisen und verringern kann.

Reis (Oryza sativa) ist ein wichtiges Grundnahrungsmittel für etwa die Hälfte der Weltbevölkerung. Schon lange gibt es ein Bewusstsein dafür, dass sich in den Reiskörnern giftige Arsenverbindungen ansammeln können. Für die bekanntermaßen krebserregenden anorganischen Arsenverbindungen, Arsenit und Arsenat, gibt es daher in der Europäischen Union seit 2016 strenge Grenzwerte.

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Die Geologin Britta Planer-Friedrich untersucht in ihrem Labor bereits seit mehr als 15 Jahren Thioarsenate.

Die Geologin Britta Planer-Friedrich untersucht in ihrem Labor bereits seit mehr als 15 Jahren Thioarsenate.

Bildquelle: © Tamara Worzewski

Die ebenfalls häufig vorkommende organische Arsenverbindung DMA (Dimethylarsenat) gilt hingegen als weniger bedenklich und ist nicht reguliert. Doch die Umweltgeochemikerin Prof. Dr. Britta Planer-Friedrich hat entdeckt, dass in Reisböden auch schwefelhaltige Arsenverbindungen vorkommen – und dass diese Thioarsenate von den Pflanzen aufgenommen und im Reiskorn angereichert werden können.

Eine organische Thioarsenatverbindung, das sogenannte DMMTA (Dimethylmonothioarsenat), zeigt in Zellstudien eine toxische Wirkung. Bisher konnte es jedoch mangels einer geeigneten Methode nicht in den Pflanzen nachgewiesen werden. Noch problematischer“ Routine-Analyseverfahren führen zu einer Umwandlung des mutmaßlich toxischen DMMTA und einer fälschlichen Bestimmung als weniger bedenkliches DMA. Auch das mechanistische Verständnis dafür, wie Thioarsenate, speziell DMMTA, aus dem Boden in die Pflanze gelangen und dort weiter transportiert werden, fehlte.

Gemeinsam mit dem Pflanzenforscher Prof. Dr. Stephan Clemens ging Planer-Friedrich diese Fragestellungen an. „Unsere Forschungsgruppen bilden eine ideale Partnerschaft“, erklärt Clemens, der sich schon seit langem damit beschäftigt, wie Pflanzen mit toxischen Elementen umgehen.

Die Projektpartner

Das Vorgehen

Das interdisziplinäre Team stand vor der Herausforderung, den Weg des DMMTA vom Boden ins Korn nachzuvollziehen sowie geeignete Nachweisverfahren für diese Arsenverbindung zu entwickeln.

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Besonders in Reiswaffeln fanden sich größere Mengen von DMMTA. Ob die Substanz giftig für Menschen ist, müssen Studien noch zeigen.

Besonders in Reiswaffeln fanden sich größere Mengen von DMMTA. Ob die Substanz giftig für Menschen ist, müssen Studien noch zeigen.

Bildquelle: © StockSnap / Pixabay

Wie kommt es rein, wo geht es hin?

Es ist bisher noch nicht genau geklärt, über welche Transporter das DMMTA in die Reiswurzeln aufgenommen wird und was damit in den Zellen passiert. „Wir sind immer noch mittendrin, die Mechanismen zu verstehen“, so Clemens. Denn bekannt ist auch, dass die einzelnen Arsenverbindungen in den Pflanzenzellen ineinander umgewandelt werden können.

In seiner Arbeitsgruppe vergleicht er daher Wildtyp-Reispflanzen mit solchen, bei denen einzelne Gene inaktiviert worden sind. Dank dieser Knock-out-Pflanzen kann er herausfinden, ob ein bestimmtes Gen wichtig ist für den Arsenmetabolismus. „Wir müssen die Mechanismen genau verstehen, um gezielt intervenieren zu können“, erklärt Clemens. Außerdem lässt er in seinem Gewächshaus Pflanzen unter unterschiedlichen Bedingungen wachsen, was sich auch auf die Arsengehalte auswirkt.

Schwefel im Boden – nicht immer eine gute Idee

Gibt es bestimmte pH-Bereiche oder Bodenzusammensetzungen, die den Boden anfälliger machen für die Bildung von Thioarsenaten? Und was lässt sich mit Boden- und Wassermanagement erreichen? „Das sind zwei ganz wichtige Fragen, die wir jetzt klären müssen“, erläutert Planer-Friedrich.

Es gibt zunehmend die Idee, Sulfatdünger auf Reisfeldern einzusetzen. Der Vorteil davon wäre, dass dadurch weniger klimaschädliches Methan freigesetzt wird. Allerdings erhöht sich durch Sulfatdünger auch der Gehalt an Thioarsenaten im Boden. „In Zukunft sollten die landwirtschaftlichen Praktiken die Möglichkeit der Thioarsenatbildung berücksichtigen“, so Planer-Friedrichs Ziel.

Wenig natürliche Variation

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Stephan Clemens erforscht schon lange, wie Pflanzen mit toxischen Verbindungen umgehen.

Stephan Clemens erforscht schon lange, wie Pflanzen mit toxischen Verbindungen umgehen.

Bildquelle: © Tamara Worzewski

Dass DMMTA es irgendwie ins Reiskorn schafft, ist klar. Im Rahmen des Forschungsprojekts ist es gelungen, eine Methode zu entwickeln, die das Molekül in unterschiedlichen Organen der Reispflanze nachweisen kann.

Kooperationspartner aus China haben weltweit 250 kommerzielle Reislinien gesammelt und auf ihre DMMTA-Gehalte untersucht. Das Ergebnis: Fast in allen findet sich die mutmaßlich toxische Arsenverbindung.

„Das bedeutet, dass es quasi unmöglich ist, durch klassische Züchtungsmethoden dahin zu kommen, dass die Reispflanzen kein Arsen mehr aufnehmen“, erläutert Clemens. Präzisionszüchtung mit Hilfe von biotechnologischen Methoden, wie der Genschere CRISPR-Cas, könnte hingegen helfen.

Ist Reis giftig und gefährlich?

Kurz und knapp: Nein. Die beiden Wissenschaftler raten bisher nicht davon ab, Reis zu essen, wünschen sich aber eine Neubewertung der zu regulierenden Arsen-Spezies in Reis, die auch DMMTA mit einschließt. Speziell für Reiswaffeln wäre dies dringend notwendig, da diese viel höhere Mengen DMMTA enthalten. „Das scheint am Herstellungsprozess zu liegen“, mutmaßt Clemens. Seine Empfehlung ist daher tatsächlich, Reiswaffeln auch jetzt schon zu meiden.


Publikationen aus dem Projekt

Eingereicht/in Vorbereitung:

  • León Ninin JM, Muehe EM, Kölbl A, Higa Mori A, Nicol A, Gilfedder B, Pausch J, Urbanski L, Lüders T, Planer-Friedrich B Changes in arsenic mobility and speciation across a 2000-year-old paddy soil chronosequence, revised version submitted to Environmental Science and Technology (04.08.2023)
  • Colina Blanco AE, Pischke E, Clemens S, Kerl C, Planer-Friedrich B Porewater is not the only source for thioarsenate accumulation in rice grains – in planta arsenic thiolation, in preparation for Environmental Science and Technology

Publiziert:

  • Pischke E, Barozzi F, Colina Blanco AE, Kerl CF, Planer-Friedrich B, Clemens S: Dimethylmonothioarsenate (DMMTA) is highly toxic for plants and readily translocated to shoots, Environmental Science and Technology, 56, 14, 10072–10083 (2022), DOI: 10.1021/acs.est.2c01206
  • Dai J, Tang Z, Gao A-X, Planer-Friedrich B, Zhao F-J, Wang P: Widespread occurrence of the highly toxic dimethylated monothioarsenate (DMMTA) in rice globally, Environmental Science and Technology, 56, 6, 3575-3586 (2022) [Titelseite], DOI: 10.1021/acs.est.1c08394
  • Planer-Friedrich B, Kerl C, Colina Blanco A, Clemens S: Dimethylated thioarsenates - a potentially dangerous blind spot in current worldwide regulatory limits for arsenic in rice. Journal of Food and Agricultural Chemistry, 70, 31, 9610-9618 (2022), DOI: 10.1021/acs.jafc.2c02425
  • Wang J., Halder D., Wegner L., Brüggenwirth L., Schaller J., Martin M., Said-Pullicino D., Romani M. and Planer-Friedrich B. (2020a) Redox Dependence of Thioarsenate Occurrence in Paddy Soils and the Rice Rhizosphere. Environmental Science and Technology 54, 3940-3950, DOI: 10.1021/acs.est.9b05639.

Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:

Titelbild: Reis ist ein wichtiges Grundnahrungsmittel, doch in den Körnern können sich giftige Arsenverbindungen ansammeln. (Bildquelle: © Sasin Tipchai / Pixabay)