Sinnvoll essen ist nicht einfach – oder doch?
Forscher berechnen den Ressourcenverbrauch bei einer gemüse- und obstbetonten Ernährung
Dass Fleischessen nicht gut für das Klima ist, dürfte hinlänglich bekannt sein. Besonders Rindfleisch aus der Massentierhaltung verursacht nicht nur erhebliche Mengen an Treibhausgasen, sondern benötigt viel Fläche und hohe Stickstoffgaben zum Anbau des Getreides für die Tierfütterung und hat zudem einen hohen Wasserverbrauch. Daher wird empfohlen, statt Fleisch mehr Obst und Gemüse zu essen. Beides ist gesünder. Ob es aber auch besser für die Umwelt ist, dieser Frage gingen die Forscher in ihrer Meta-Studie nach und erweiterten den Blickwinkel um einen wichtigen Faktor.
Schadet Gemüse der Umwelt? Ja und nein, sagt eine neue Studie aus den USA. Die Forscher verglichen in ihrer Meta-Studie den Ressourcenverbrauch und die Freisetzung von Treibhausgasen von Obst, Gemüse sowie von Milchprodukten, Eiern und Seefisch. Diese sind nach einer Empfehlung der amerikanischen Landwirtschaftsbehörde USDA (US-Department of Agriculture) die Alternative zu einer typisch amerikanischen, fleischbetonten Ernährung. Die Forscher untersuchten dabei drei mögliche Szenarien:
- Szenario 1: eine typisch amerikanische, aber kalorienreduzierte Ernährung,
- Szenario 2: eine Diät, wie sie von der USDA empfohlen wird, aber mit gleichbleibender Kalorienmenge der normalen amerikanischen Ernährung und
- Szenario 3: die von der USDA empfohlene Diät in einer noch stärker kalorienreduzierten Form.
Szenarien im Vergleich
Im Ergebnis schnitt die einfache kalorienreduzierte Diät (Szenario 1) am besten ab: Sie verbrauchte sowohl bei Energie und Wasser als auch bei der Freisetzung von Treibhausgasen in etwa 9 Prozent weniger, verglichen mit der normalen Ernährung des Durchschnittamerikaners. Die von der USDA empfohlene Ernährung (Szenario 2) führte zu einem Mehrverbrauch von 43 Prozent (Energie), 16 Prozent (Wasser) und einer erhöhten Freisetzung von Treibhausgasen um 11 Prozent. Auch die Kombination von weniger Kalorien und der USDA-Ernährungsempfehlung (Szenario 3) führte immer noch zu einer Erhöhung von 38 Prozent (Energie), 10 Prozent (Wasser) und 6 Prozent (Treibhausgase).
Kalorien als Grundlage
Diese Aussage widerspricht so ziemlich allen anderen Studien zum Thema. Der Grund: In der Studie wurde nicht nur die tägliche normale Kalorienzufuhr eines durchschnittlichen US-Amerikaners als Grundlage genommen (2390 kcal), sondern auch die Menge an Lebensmitteln, die pro Kopf täglich weggeworfen werden (zusätzlich 34 Prozent der täglichen Kalorienmenge). Denn diese Lebensmittel wurden ja ebenso produziert, auch wenn sie nicht gegessen wurden. So kamen die Forscher letztlich auf einen Kaloriendurchschnitt von 3620 kcal pro Kopf.
Will man diesen hohen Kalorienverbrauch mit weitgehendem Verzicht auf kalorienreiches Fleisch erreichen, muss eine dementsprechend größere Menge an Obst und Gemüse produziert werden, was sich in den Umweltbilanzen von Obst und Gemüse negativ niederschlägt. Manches Obst oder Gemüse, das im Gewächshaus gezogen oder künstlich bewässert werden muss, hat ohnehin nicht die beste Umweltbilanz. Dagegen stehen manche Fleischarten, wie etwa Geflügel, das sich im Vergleich zu Rind recht effizient produzieren lässt, besser da.
Fleisch oder kein Fleisch?
Das Problem beim umweltbewussten Essen beschränkt sich also nicht unbedingt auf die Frage „Fleisch oder kein Fleisch“. Denn eine aus Umweltsicht gut gewählte Mahlzeit mit Fleisch (zum Beispiel Geflügel) und Gemüse der Saison, welches im Freiland produziert wird, kann eine bessere Bilanz haben als eine rein vegetarische Mahlzeit, die aus Obst und Gemüse mit einer schlechten Umweltbilanz besteht.
Der Frage nach einem aus Umweltsicht sinnvollen Fleischverzehr widmet sich auch eine andere Studie: Hier verglichen Forscher den Ressourcenverbrauch, die Effizienz und die Freisetzung von Treibhausgasen der Fleischproduktion in den Industrieländern und in Entwicklungsländern. Das Ergebnis: Fleisch wird in den Industriestaaten effizient produziert. Hier benötigte eine Kuh zwischen 75 und 300 Kilo Futter, um ein Kilo Protein zu produzieren. In den Entwicklungsländern braucht eine Kuh zwischen 500 und 2000 Kilo Futter für die gleiche Menge an Protein.
Allerdings wird in den Industriestaaten auch deutlich mehr Fleisch verzehrt: Von den 285 Millionen Tonnen Fleisch, die weltweit jedes Jahr produziert werden, bekäme jeder Erdenbürger bei gleicher Verteilung 36 Kilo. In der Realität essen US-Amerikaner allerdings 122 Kilo Fleisch pro Jahr, Einwohner von Bangladesh 1,8 Kilo. Die Forscher betonen, dass es dringend nötig ist, den übersteigerten Fleischkonsum, besonders von Wiederkäuern (Rind, Schaf), in den Industrieländern zu senken, denn hier sind die Menschen mit Kalorien bereits überversorgt. Damit könnten trotz effizienter Produktion noch sehr viele Treibhausgase mehr eingespart werden. In den Entwicklungsländern hingegen wäre eine nachhaltigere und effizientere Fleischproduktion nötig, um allen Menschen eine Ernährung mit ausreichend Kalorien zu ermöglichen.
Eine mehr fleischbasierte Ernährung ist daher trotz der Ergebnisse der ersten Studie und trotz effizienter Produktion aus Umweltsicht nicht sinnvoll. Der goldene Mittelweg, also eine Ernährung, wie sie von Wissenschaftlern empfohlen wird (viel frisches Gemüse, wobei saisonalem Freilandgemüse der Vorzug gegeben wird, sowie maßvoll Fleisch, wobei mehr Geflügel als Rind verzehrt werden sollte, scheint nach derzeitigen Erkenntnissen ein guter Weg zu sein).
Wegwerf-Gesellschaft
Abseits der Fleisch-Frage ist das Hauptproblem allerdings der zu hohe Kalorienkonsum, den die erste Studie aufzeigt. Zum einen enthält die Ernährung eines durchschnittlichen Amerikaners (und auch von Bewohnern anderer Industriestaaten) zu viele Kalorien, wovon die zunehmende Fettleibigkeit in der westlichen Welt zeugt. Eine Reduktion der täglichen Energiezufuhr zeigt bei Ressourcenverbrauch und Treibhausgasfreisetzung in der ersten Studie eine Reduktion um 9 Prozent. Zum anderen beziffern die Forscher den Anteil an nicht gegessenen Lebensmitteln auf 34 Prozent des täglichen Pro-Kopf-Kalorienkonsums. Das heißt, 34 Prozent der zum Verzehr produzierten Kalorien landen im Müll. Würde hier effizienter verwertet, wäre der Umwelt viel geholfen.
Einsparpotential gibt es also genug: bewusst einkaufen, maßvoll essen und effizient verwerten lauten die Zauberworte, egal ob man Vegetarier oder Normalesser ist.
Quellen:
- Tom, M.S. et al (2015): Energy use, blue water footprint, and greenhouse gas emissions for current food consumption patterns and dietary recommendations in the US. In: Environment systems and decisions, (24. November 2015), dx.doi.org/10.1007/s10669-015-9577-y
- Herrero, M. et al (2013): Biomass use, production, feed efficiencies, and greenhouse gas emissions from global livestock systems. In: PNAS, Vol 110, No 52, (24. Dezember 2013) dx.doi.org/10.1073/pnas.1308149110
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Titelbild: Nicht jedes Gemüse, das man kaufen kann, hat auch eine grüne Umweltbilanz. (Bildquelle: © Takeaway/wikimedia.org/CC BY-SA 3.0)