Studie zu GV-Pflanzen und Pestizidverbrauch in den USA

24.10.2012 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Beim Sojabohnenanbau erhöhte sich der Herbizideinsatz aufgrund von resistenten Beikräutern bereits nach einigen Jahren wieder. (Quelle: © iStockphoto.com/ zoran simin)

Beim Sojabohnenanbau erhöhte sich der Herbizideinsatz aufgrund von resistenten Beikräutern bereits nach einigen Jahren wieder. (Quelle: © iStockphoto.com/ zoran simin)

Eine Studie analysierte den Verbrauch an Pestiziden in den USA seit der Einführung der Gentechnik. In den zurückliegenden 16 Jahren, so das Fazit der Studie, ist der Pestizidverbrauch gestiegen. Große Unterschiede gibt es zwischen der Unkraut- und der Insektenbekämpfung.

Kaum eine Technologie hat sich in der Landwirtschaft mit einer derartigen Geschwindigkeit durchsetzen können wie die Gentechnik. In weiten Teilen der Welt dominieren GV-Pflanzen die Produktion. In den USA, dem Land, welches als erstes den Anbau gentechnisch veränderte Pflanzen kommerzialisierte, werden heute Soja, Mais und Baumwolle fast flächendeckend mit transgenen Sorten produziert. Vor allem zwei Merkmale, die Resistenzen gegen Unkrautbekämpfungsmittel und die Resistenzen gegen Insektenfraß, kommen hier zum Einsatz. Somit sind es vor allem die Vorteile im Anbaumanagement sowie stabilere und höhere Erträge, die zu der explosionsartige Verbreitung geführt haben.

Mehr Klarheit in einer Kontroverse

Eine kürzlich veröffentlichte Studie untersuchte den Pestizidverbrauch bei den sechs am häufigsten eingesetzten transgenen Pflanzen in den USA. Analysiert wurde der Zeitraum von 1996 bis 2011. Denn Befürworter und Gegner der Gentechnik argumentieren mit dem Pestizidverbrauch. Mal erhöht und mal reduziert sich dieser dramatisch durch die gentechnisch induzierten Resistenzen. Eine wichtige Komponente für die unterschiedliche Bewertung, so die Vermutung, könnte der Betrachtungszeitpunkt sein. Aber auch die einzelnen Pflanzenschutzmaßnahmen könnten Unterschiede bewirken.

In der vorliegenden Studie wurde der gesamte Zeitraum des kommerziellen Anbaus von GV-Pflanzen in den USA untersucht. Von deren Einführung bis heute. Veröffentlicht wurde die 25-seitige Analyse in der freizugängigen Zeitschrift „Environmental Science Europe“. Basis der Analyse waren die offiziellen Verbrauchsstatistiken, die vom Statistischen Bundesamt für das US Landwirtschaftsministerium erhoben werden.

Der Betrachtungszeitpunkt

Der Autor, Charles Benbrook, kommt zu dem Ergebnis, dass die gentechnisch veränderten Pflanzen in den ersten Jahren hervorragend funktioniert haben. Dies hat zu einer sprunghaften Verbreitung geführt. Der Pestizideinsatz ist in Folge dessen in den ersten sechs Jahren signifikant zurückgegangen. Durch eine fehlende Variation von Wirkstoffen, konnten sich jedoch Resistenzen bei Unkräutern entwickeln und massenhaft ausbreiten.

Bereits im Jahr 2002 kehrten sich diese Einsparpotenziale um. Der Herbizideinsatz im Sojabohnenanbau nahm sprunghaft zu, da die Bauern im Durchschnitt die Einsatzmenge pro Hektar um 21% erhöhten. Andere Fruchtarten (Mais und Baumwolle) folgen diesem Trend. Im Durchschnitt erhöhten sich die Wirkstoffmengen in diesem Jahr um 6.000 Tonnen bzw. um 5% auf den GV-Anbau Flächen. Ursache war das vermehrte Auftreten von resistenten Beikräutern (super weeds). In deren Konsequenz erhöhten die Bauern die Dosismengen.

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Die Studie untersuchte den Pestizidverbrauch bei den sechs am häufigsten eingesetzten transgenen Pflanzen in den USA, darunter auch Soja.

Die Studie untersuchte den Pestizidverbrauch bei den sechs am häufigsten eingesetzten transgenen Pflanzen in den USA, darunter auch Soja.

Bildquelle: © sima / Fotolia.com

Dass die resistenten Beikräuter ein signifikantes Problem darstellen, beweist der Blick in die offiziellen Datenbanken der „Weed Science Society of America“. Im Jahr 2005 waren bereits 22 Beikräuter gegen das Unkrautmittel Glyphosate resistent. Resistenzen entwickelten sich auf knapp sechs Millionen Hektar. Oftmals in Kombination unterschiedlicher resistenter Beikräuter. Neben Punktmutationen können Resistenzen auch durch eine Vervielfältigung (Amplifikation) des Zielgens des Herbizids entstehen.

Im Fall von Glyphosate sind Beikräuter (Amaranthus palmeri) beschrieben, die über das 5- bis 160-fache an Genkopien verfügen, die mit der Resistenz in Verbindung gebracht werden. Im Fall von Roundup (Wirkstoff: Glyphosate) ist die EPSP-Synthase das Zielgen. Wird dieses Enzym auf Grund der Substratähnlichkeit durch Glyphosate blockiert, kommt die Synthese für das Wachstum wichtiger aromatischer Aminosäuren zum Erliegen. Die Pflanze stirbt. Da Tiere und damit auch der Mensch nicht über diesen Stoffwechselprozess verfügen, gilt der Wirkstoff Glyphosat als relativ ungefährlich für diese Organismen. Neben seiner effektiven Wirkung und einer guten Abbaubarkeit in der Natur, war dies ein weiterer Grund für die Popularität des Herbizids.

Benbrook, spricht von einer jährlich Zunahme des Herbizideinsatzes von 25% in den zurückliegenden Jahren. Ein Trend der sich verstetigt hat und anhalten wird. Über den gesamten Zeitraum von 16 Jahren, wurden dadurch die Einsparpotentiale der ersten Jahre durch den Mehrverbrauch längst aufgezehrt. Eine Einsparung von insgesamt 14.000 Tonnen im Zeitraum von 1996-2002 steht einem Mehrverbrauch von 35.000 Tonnen Glyphosate alleine im Jahr 2011 gegenüber. 

Die betrachtet Pflanzenschutzmaßnahme

Im Moment noch anders verläuft der Trend beim Einsatz der Insektizide. Dieser ist durch den Einsatz von Bt-Pflanzen nach wie vor rückläufig. Jedoch markiert der Autor bereits eine Trendwende. Vermehrt auftretende resistente Schädlinge gegenüber dem Bt-Toxin (z.B. Cry 3Bb1), wie der Maiswurzelbohrer, sind erste alarmierende Anzeichen für diese Veränderungen bei den Insektiziden. Zum Gegensteuern darf somit keine Zeit verloren werden. Andererseits gehen die Vorteile, welche die GV-Pflanzen für den Anbau mit sich bringen, auch bei den Insektiziden in wenigen Jahren verloren.

Gesamteinsatz an Pestiziden steigend

Durchschnittlich stieg der Einsatz der beiden betrachteten Pestizidklassen, Herbizide und Insektizide, pro GV-Fläche um 7 %. Durch den Rückgang bei den Insektiziden wird der durch die Herbizide getriebene Trend eines langfristigen Mehreinsatzes abgeschwächt. Insgesamt 56.000 Tonnen Insektizide konnten in den zurückliegenden 16 Jahren durch die Bt-Pflanzen eingespart werden. Abzüglich des gesteigerten Einsatzes an Herbizide von 239.000 Tonnen im gleichen Zeitraum in den USA, bleibt unterm Strich eine Zunahme von insgesamt 183.000 Tonnen Mehreinsatz an Pestiziden.

Neben der Resistenz von Unkräutern, welche zu höheren Aufwandmengen führen, müssen die Wirkstoffe selbst betrachtet werden. Bezogen auf die Aufwandmenge ist Glyphosate mit 0,7 – 0,9 Kilogramm pro Hektar ein Hochdosisherbizid. Durch die Verbreitung der GV-Pflanzen mit einer Resistenz gegenüber dem Wirkstoff Glyphosate wurden andere, geringer dosierte Herbizide vom Markt verdrängt. Das Herbizid Imazehtapyr, in den neunziger Jahren ein Marktführer bei den Unkrautbekämpfungsmitteln im Sojaanbau, wird beispielsweise mit Aufwandmengen von weniger als 0,1 kg pro Hektar appliziert.

Direkte Rückschlüsse auf die konkrete Umweltwirkung können durch die Aufwandmengen nicht gemacht werden. Unterschiedliche Wirkstoffe sind unterschiedlich gut oder schlecht abbaubar. Aber auch deren Formulierungen beim Ausbringen, d.h. die Mischung mit anderen Substanzen in der Spritzbrühe, die für eine bessere Löslichkeit oder ein besseres Anhaften an der Pflanze dienen, können ihrerseits Effekte auf die Umwelt haben. Auch diese unterscheiden sich von Mittel zu Mittel.

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Bei der Ausbringung der Pflanzenschutzmittel werden die Wirkstoffe mit anderen Substanzen gemischt, um eine bessere Löslichkeit oder ein besseres Anhaften an der Pflanze zu bewirken.

Bei der Ausbringung der Pflanzenschutzmittel werden die Wirkstoffe mit anderen Substanzen gemischt, um eine bessere Löslichkeit oder ein besseres Anhaften an der Pflanze zu bewirken.

Bildquelle: © Cappi Thompson / Fotolia.com

Die aktuellen Diskussionen um die Gefährlichkeit von Roundup (Glyphosate) betreffen z.B. weniger den Wirkstoff selbst, sondern dessen Formulierung bei der Ausbringung. In diesen Punkten einer konkreten Schädigung bleibt die Studie wage und verharrt bei allgemeinen Statements. Damit bleibt die Aussagekraft in diesen Punkten gering. Jedoch stimmt die Grundaussage, dass herbizid- und insektenresistente GV-Pflanzen nicht per se zu einer Reduzierung beim chemischen Pflanzenschutz führen.

Schlussfolgerungen

Praktiker sind mit Zeitintervallen einer Resistenzbildung vertraut. Bei klassischen Pflanzenschutztechnologien wurden ähnliche Erfahrungen gesammelt. Nach einer anfänglichen Euphorie legt sich diese nach einigen Jahren, wenn es zu einem massenhaften Einsatz der Wirkstoffe kommt. Der Selektionsdruck erhöht sich und punktuell bilden sich resistente Organismen. Bleibt es bei einem einseitigen Masseneinsatz einer Chemikalie, verbreiten sich in deren Windschatten die an diesen Wirkstoff angepassten Insekten oder Pflanzen. Plakativ wird von einem Systemvorteil von in der Regel 10 Jahren ausgegangen. Nach diesem Zeitraum bilden sich vermehrt natürliche Resistenzen.

Eine Alternative, um den Nutzungszeitraum zu verlängern besteht darin, unterschiedliche Wirkstoffe alternierend anzuwenden. Für die Anwendung von Totalherbiziden wie z.B. Roundup, Basta, Permaclean oder UnkrautEx im bereits wachsenden Bestand (Nachauflauf-Anwendung), würde dies weitere GV-Pflanzen mit alternativen Resistenzen verlangen. Dadurch ließe sich ein einseitiger Selektionsdruck, wie dieser durch den kontinuierlichen Einsatz von Roundup ausgeübt wird, verhindert.

Ein Umdenken hin zu einem integrierten und damit langfristiger tragfähigen Pflanzenschutz wäre eine Notwendigkeit. Statt Monokulturen regional angepasste Fruchtfolgen, eine Kombination von Bekämpfungsmaßnahmen inklusive von mechanischen und biologischen Konzepten und ein klar auf Schadschwellen orientierter Einsatz chemischer Wirkstoffe, sind Beispiele für einen integrativen Ansatz.

Für den konkreten Einsatz der gentechnisch induzierten Herbizidresitenz auf Basis von Roundup empfiehlt der Autor eine Reduzierung der Fläche um 30 bis zur 50 Prozent zum heutigen Anbau.


Quelle:
C.M. Benbrook (2012): Impacts of genetically engineered crops on pesticide use in the U.S. - the first sixteen years. In: Environmental Sciences Europe, doi:10.1186/2190-4715-24-24.

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