Es werde Licht
Weidetiere federn Biodiversitätsverluste ab
Ein zu hoher Nährstoffgehalt im Boden schadet der Biodiversität. Weidetiere können den Verlust der Artenvielfalt auch auf intensiv genutzten Weideflächen abfedern. Durch das Abgrasen hoher und schnell wachsender Pflanzen profitieren niedrigwüchsige Arten von der Lichtzufuhr.
Was auf den ersten Blick paradox erscheinen mag, ist bei näherer Betrachtung einleuchtend. Ein zu hoher Nährstoffgehalt im Boden wirkt sich negativ auf die Biodiversität aus. Durch das verstärkte Pflanzenwachstum steigt zwar die gesamte Biomasse auf der gedüngten Fläche an, jedoch sinkt zugleich die Artenvielfalt, weil hoch und schnell wachsende Pflanzenarten kleinen Pflanzenarten das Licht rauben und sie verdrängen.
Konkurrenz belebt das Geschäft
Pflanzen stehen sowohl unterirdisch, im Erdreich, als auch oberirdisch in einem Konkurrenzkampf. Um ein gesundes Wachstum sicher stellen zu können, sind sie zum einen auf Wasser und Nährstoffe, vor allem Stickstoff und Phosphor, angewiesen, die sie über die Wurzeln aufnehmen, zum anderen auch auf Sonnenlicht, das sie für die Photosynthese benötigen. Durch Düngung wird der Konkurrenzkampf im Boden jedoch abgeschwächt und zum Teil aufgehoben, da genügend Nährstoffe für alle dort wachsenden Pflanzen vorhanden sind. Von dem erhöhten Nährstoffangebot im Boden profitieren allerdings vor allem hoch und schnell wachsende Pflanzenarten, wie hierzulande der Blaue Eisenhut (Aconitum napellus). Sie werfen ihre Schatten auf ihre unmittelbare Umgebung und schneiden diese somit von der Lichtquelle ab.
Wachstumsfaktor Licht
Einem Forschungsnetzwerk ist es nun im Rahmen einer weltweit angelegten Studie, für die sie 40 Graslandflächen auf 5 Kontinenten untersuchten, gelungen, einen durch Düngung versursachten Biodiversitätsverlust zum einen nachzuweisen und zum anderen aufzuzeigen, wie dieser Verlust durch Weidetiere gebremst wird. In beiden Fällen war der Wachstumsfaktor Licht von entscheidender Bedeutung. Die weidenden Tiere beugten dem Verlust von Pflanzenarten vor, indem sie hoch wachsende Pflanzen abgrasten und dadurch die Lichtzufuhr unmittelbar über dem Erdboden erhöhten, wodurch die Photosynthese niedrigwüchsiger Pflanzenarten angeregt wurde. Im Vergleich zeigte sich, dass gedüngtes Grasland, zu dem Pflanzen fressende Tiere Zugang hatten, eine größere Artenvielfalt aufwies, als umzäunte Flächen. Je nach Region unterschieden sich dabei die Tierarten. Während es in Amerika vor allem Kühe, Rinder und Elche waren, grasten in Afrika primär Gnus und Antilopenarten, in Indien wiederum vor allem Kleintiere wie Hasen oder Mäuse. Die Forscher beobachteten außerdem, dass die Biodiversität auch auf nicht gedüngtem
Grasland dank der Weidetiere stabilisiert wurde.
Ökosystem Grasland
Als Grasland werden Vegetationstypen bezeichnet, in denen hauptsächlich Gräser (Poaceae) wachsen und Bäume nur eine untergeordnete Rolle spielen oder zum Teil gar nicht vorkommen. Insgesamt erstrecken sich Graslandflächen laut FAO auf über 52 Millionen Quadratkilometer und bedecken somit rund 40 % der Erdoberfläche. Als Grünland wird in dem Zusammenhang das landwirtschaftlich nutzbare Grasland bezeichnet. Die Ergebnisse der Studie wie auch ihr Lösungsansatz, Weidetiere zum Schutz der Biodiversität grasen zu lassen, sind auf beide Typen übertragbar und leisten somit einen wichtigen Beitrag zum Erhalt dieser Ökosysteme und der Biodiversität.
Quelle:
Borer, E.T. et al (2014): Herbivores and nutrients control grassland plant diversity via light limitation. In: Nature (9. März 2014), doi:10.1038/nature13144.
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Titelbild: Weidetiere stabilisieren durch Grasen die Biodiversität. (Bildquelle:© iStock.com/ hnijjar007)