Weit gereiste Vielfalt

Hefen auf Kakao und Kaffee sorgen für einzigartigen Geschmack

05.04.2016 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Beim Produktionsprozess von Kaffee und Schokolade spielen auch Hefen eine Rolle. (Bildquelle: © aboikis/Fotolia.com)

Beim Produktionsprozess von Kaffee und Schokolade spielen auch Hefen eine Rolle. (Bildquelle: © aboikis/Fotolia.com)

Bei der Herstellung von Schokolade und Kaffee kommen auch Hefen zum Einsatz. Diese sind für die regional sehr unterschiedlichen Aromen der Endprodukte entscheidend und damit qualitätsbestimmend. Eine neue Studie deckt auf, dass die Zusammensetzung dieser Mikroorganismen sehr spezifisch für die Regionen ist, in denen die Pflanzen wachsen.

Menschen nutzen seit Tausenden von Jahren Mikroorganismen, um Lebensmittel wie Brot oder Getränke wie Bier und Wein mittels Fermentation, auch Gärung genannt, herzustellen. Wichtig dafür sind Backhefen (Saccharomyces cerevisiae) - einzellige Pilze, ohne die viele unserer Speisen und Genussmittel undenkbar wären. Auch bei der Erzeugung von Schokolade und Kaffee spielen Hefen eine entscheidende Rolle. Denn die Früchte des Kakaobaums (Theobroma cacao) und der Kaffeepflanze (Coffea) müssen nach der Ernte zunächst fermentiert werden, bevor man sie weiter verarbeiten kann.

Kleine Helfer mit großer Wirkung

#####1#####
Die Studie legt nahe, dass Unterschiede in der regionalen Zusammensetzung der Hefen auch die geschmacklichen Eigenschaften von Schokolade und Kaffee in den verschiedenen Teilen der Welt prägen.

Die Studie legt nahe, dass Unterschiede in der regionalen Zusammensetzung der Hefen auch die geschmacklichen Eigenschaften von Schokolade und Kaffee in den verschiedenen Teilen der Welt prägen.

Bildquelle: © Bob Blaylock /wikimedia.org; CC BY-SA 3.0

Hefen, Milchsäurebakterien und Essigsäurebakterien sorgen dafür, dass das Kakaofruchtfleisch entfernt wird, welches die Samen – die eigentliche „Kakao-Bohne“ – umgibt. Diese chemischen Prozesse verleihen den Bohnen ihren typischen Geschmack und ihre Farbe. Der Fermentationsprozess benötigt etwa eine Woche.
Über die Fermentation von Kaffeekirschen ist noch recht wenig bekannt. Aber auch hier sind Hefen involviert. Kaffeebauern nutzen unterschiedliche Gärungsverfahren. Die wichtigsten sind die Trockenaufbereitung, bei der die Bohnen zum Trocknen ausgebreitet werden oder die Nassaufbereitung, bei welcher die Bohnen in speziellen Maschinen in Wasser gelegt und fermentiert werden.

Woher kommen die beteiligten Hefen ursprünglich?

Ein Forscherteam wollte wissen, ob unterschiedliche Hefestämme involviert sind und welche Rolle der Mensch bei der gezielten Vermehrung und Verbreitung der Mikroorganismen spielte. Denn ähnlich wie beim Keltern von Wein, werden auch Kakao und Kaffee an vielen Orten außerhalb ihres eigentlichen Ursprungsgebietes angebaut und verarbeitet. Wurden bei dieser Verbreitung der Pflanzen auch kaffee- oder kakaospezifische Hefestämme unwissentlich oder sogar gezielt mit den Pflanzen in fremde Gegenden transportiert?

Um das herauszufinden und die Vielfalt der natürlichen Hefen zu ergründen, isolierten die Forscher Hefen, die sie auf nicht geröstetem Kaffee (Rohkaffee) und Kakao-Bohnen fanden, die in Mittel- und Südamerika, Afrika, Indonesien oder dem Nahen Osten angebaut wurden.

Große Vielfalt entdeckt

Die genetischen Analysen der Hefestämme zeigten, dass die Hefen von Kaffee und Kakaobohnen wesentlich vielfältiger waren als Weinhefen, welche überall auf der Welt genetisch sehr ähnlich sind. Die Populationsstruktur der Weinhefen legt nahe, dass sie einen gemeinsamen Ursprung haben und durch den Menschen weltweit verbreitet wurden.

Bei Kakao und Kaffee fanden die Wissenschaftler ein ganz anderes Bild: Die Hefen waren genetisch vielfältiger und weisen mehrere unabhängige Herkunftsgegenden auf. Weder alle Kaffee-Hefestämme waren miteinander verwandt, noch die beim Kakao. Jedoch waren die Hefen hoch spezifisch für die Regionen aus denen die Proben stammten. Diese Verknüpfung war sogar so stark, dass die Forscher in der Lage waren, den Ursprung der Bohnen auf Basis der DNA-Sequenzen der zugehörigen Hefen zu bestimmen.

Interessant war auch die Erkenntnis, dass es sich bei den Hefen um Hybriden handelte. Also Pilze, die aus der Vermischung der Genome unterschiedlicher Hefestämme aus unterschiedlichen Teilen der Welt entstanden. Dabei konnte das Forscherteam drei große S. cerevisiae-Populationen identifiziert, von denen alle analysierten Kakao- und Kaffee Hefen abstammten. Eine dieser großen Hefepopulationen hat ihren Ursprung in Europa, es sind Hefen, die genutzt werden, um Traubenmost zu Wein vergären.

#####2#####
Forscher vermuten, dass die Verbreitung des Weines und die hierfür genutzten Fermentationspraktiken den Start für die heutige Mikroben-Vielfalt in Kakao und Kaffee gelegt haben.

Forscher vermuten, dass die Verbreitung des Weines und die hierfür genutzten Fermentationspraktiken den Start für die heutige Mikroben-Vielfalt in Kakao und Kaffee gelegt haben.

Bildquelle: © S. Mariocigic / Fotolia.com

Der Mensch sorgte für Durchmischung

Die Forscher konnten zudem zeigen, dass die Zusammensetzung der Kakao- und Kaffee-Hybridhefestämme sich mit den Mustern der menschlichen Migration deckte. So ist die Mittel- und Südamerikanische Kakao-Hefepopulation eine genetische Mischung aus der nordamerikanischen und europäischen Hefepopulation. Die Migrationsbewegungen von der alten in die neue Welt bei der Besiedlung Amerikas spiegeln sich darin wieder. Die Forscher vermuten, dass die Verbreitung des Weines und die hierfür genutzten Fermentationspraktiken den Start für die heutige Mikroben-Vielfalt in Kakao und Kaffee gelegt haben. Nicht nur Pflanzen und Tieren, sondern auch den Mikroorganismen wurde zu neuen Heimaten verholfen.

Die besondere Zutat für einzigartiges Aroma?

Die Ergebnisse legen nahe, dass diese mikrobiellen Unterschiede auch die geschmacklichen Eigenschaften von Schokolade und Kaffee in den verschiedenen Teilen der Welt prägen. Mit der vorliegenden Arbeit wurde eine Wissensgrundlage geschaffen, um Kakao- oder Kaffeebohnen gezielt mit bestimmten Mikroorganismen zu behandeln, um gezielt Aroma und Geschmack zu variieren. Aber natürlich haben auch Sorten, Klima, Wetter, Boden, Anbaupraxis, Lagerung und natürlich auch andere Mikroorganismen wie z. B. Bakterien ein Wörtchen mitzureden. Aktuelle Studien zum Terroir des Weins legen den Einfluss von Bakterien zumindest nahe (siehe auch: Das Geheimnis eines guten Weins).

Vielfältige Verflechtungen verstehen und nutzen

„Unsere Studie weist auf ein komplexes Zusammenspiel zwischen menschlichem Handeln und den Mikroben, die bei der Herstellung von Kaffee und Schokolade beteiligt sind, hin“, sagt die an der Studie beteiligte Wissenschaftlerin Aimée Dudley. Sie zeigt, wie vielfältig der Mensch, Pflanzen und Mikroorganismen verflochten sind und wie ihre Geschichte und Entwicklung voneinander beeinflusst wird. Die Pflanzenforschung kann diese Wechselwirkungen aufzeigen und versuchen, sie zu erklären. Doch Pflanzen leben in komplexen Ökosystemen, daher ist die Analyse ihrer mikrobiellen Beziehungsgeflechte für das ganzheitliche Verständnis von entscheidender Bedeutung.


Quelle:
Ludlow, C.L. et al. (2016): Independent Origins of Yeast Associated with Coffee and Cacao Fermentation. In: Current Biology, (24. März 2016), doi: 10.1016/j.cub.2016.02.012.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Beim Produktionsprozess von Kaffee und Schokolade spielen auch Hefen eine Rolle. (Bildquelle: © aboikis/Fotolia.com)