Widerstand zwecklos? Nein!
Wie einige Pflanzen den Parasiten Teufelszwirn erkennen und bekämpfen
Der Teufelszwirn ist eine perfide parasitäre Pflanze, die vollständig auf Kosten ihrer Wirte lebt. Werden Nutzpflanzen befallen, sind oft hohe Ertragseinbußen die Folge. Wissenschaftler haben nun einen Rezeptor in Tomatenpflanzen gefunden, der den Teufelszwirn erkennt und Abwehrreaktionen auslöst. Das Rezeptorgen lässt sich auch auf bislang wehrlose Pflanzen übertragen und macht sie widerstandsfähiger gegen den Parasiten.
Neben Pilzen, Viren, Bakterien und Schadinsekten stellt der Teufelszwirn (Cuscuta) eine weitere Gefahr für Pflanzen dar. Er gehört zu den Windengewächsen und ist in seiner Lebensweise vollständig von Wirtspflanzen abhängig.
Der pflanzliche Parasit beginnt direkt nach der Keimung mit der Suche nach einem passenden „Opfer“ und windet sich um seinen Stängel. Dabei dringt er auch mit sogenannten „Haustorien“ in die Wirtspflanze ein. Diese fingerartigen Saugorgane wachsen um die Leitbündel und entziehen der befallenen Pflanze Wasser, Zucker und Nährstoffe. Das schwächt und schädigt die Pflanze und führt bei Kulturpflanzen zu teilweise sehr hohen Ertragseinbußen. Forscher haben nun herausgefunden, wie sich bestimmte Pflanzen gegen den Parasiten recht erfolgreich wehren können.
Der Rezeptor CuRe1 warnt die Pflanze bei Cuscuta-Befall
Voraussetzung für eine erfolgreiche Verteidigung gegen Schädlinge und Parasiten ist zunächst deren Erkennung. Registriert die Pflanze einen „Angriff“, können gezielt Abwehrmechanismen in Gang gesetzt werden. Kulturtomaten (Solanum lycopersicum) sind gegen Cuscuta reflexa resistent und besitzen diesen Erkennungsmechanismus. Wissenschaftler der Universität Tübingen und des Sainsbury Laboratory in Großbritannien haben jetzt den zuständigen Rezeptor ermittelt, den sie passenderweise CUSCUTA RECEPTOR 1 (CuRe1) getauft haben. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes „Receptor-like-Protein“ (RLP).
CuRe1 ist in der Zellmembran verankert und besitzt auf der Zellaußenseite eine Rezeptordomäne. Diese kann charakteristische Moleküle des Parasiten erkennen. Um welche Substanz oder Substanzen von Cuscuta es sich dabei handelt, ist bisher noch unbekannt.
Damit CuRe1 bei einem Befall ein „Warn-Signal“ in die Zelle weiterleiten kann, interagiert der aktivierte Rezeptor auf der Zellinnenseite mit einer sogenannten Adaptorkinase. Dieses Protein setzt durch die Phosphorylierung anderer Proteine eine Signalkaskade im Zellinneren in Gang, die letztendlich die entscheidenden Abwehrreaktionen auslöst. Die Pflanze produziert dann innerhalb von Minuten reaktive Sauerstoffspezies (Radikale), die die befallenen Pflanzenzellen zerstören und dem Parasiten so die Nahrungsgrundlage entziehen.
Durch die reaktiven Sauerstoffspezies kommt es auch zu einer verstärkten Ablagerung von Callose und Lignin im befallenen Gewebe. Diese Stoffe bilden eine mechanische Barriere, die weitere Angriffe des Parasiten hemmt. Auch die Produktion von Ethylen, ein gasförmiges Pflanzenhormon, wird angekurbelt und versetzt die Pflanze generell in eine höhere Abwehrbereitschaft.
Die Wissenschaftler konnten im Rahmen ihrer Studie feststellen, dass die Erkennung und Abwehr von Cuscuta den pflanzlichen Abwehrmechanismen gegen Bakterien und Pilzen sehr ähnelt. Auch hier sind es charakteristische Stoffe der Eindringlinge – sogenannte „MAMPs“ (microbe associated molecular pattern), die von Rezeptoren in der Zellmembran erkannt werden und identische Immunantworten wie bei einem Cuscuta-Befall auslösen.
Wird Cuscuta von der Wirtspflanze nicht schnell genug erkannt, erfolgen die Abwehrmaßnahmen zu spät. Oder sie werden sogar gezielt durch microRNAs unterdrückt, die von Cuscuta in die Pflanze eingeschleust werden. Aus diesem Grund ist das Vorhandensein von CuRe1 entscheidend für eine erfolgreiche Abwehr durch das pflanzliche Immunsystem.
Anfällige Pflanzen werden durch CuRe1 widerstandsfähiger
Die Forscher der Universität Tübingen konnten zeigen, dass sich die durch CuRe1 vermittelte Abwehr auch auf andere Pflanzen übertragen lässt. Nach Transfer des Rezeptorgens in bislang wehrlose Pflanzen wie Wildtomaten oder dem australischen Tabak (Nicotiana benthamiana) waren diese deutlich besser gegen den Parasiten gewappnet.
Da die Bekämpfung von Cuscuta bei vielen Kulturarten bislang äußerst schwierig und lediglich vorbeugend möglich ist, ist dieses Ergebnis wegweisend für die Pflanzenzüchtung. Es lassen sich nun gezielt Sorten entwickeln, die Cuscuta das Leben deutlich schwerer machen werden.
Quelle:
Hegenauer, V. et al. (2017): Detection of the plant parasite Cuscuta reflexa by a tomato cell surface receptor. In: Science, Vol. 353, Issue 6298, pp. 478-481, (29. Juli 2016), doi: 10.1126/science.aaf3919.
Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:
- Nützliche Schmarotzer? Parasit hilft Wirtspflanze bei Insektenattacke
- Die Tricks des Teufelszwirns
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Titelbild: Der pflanzliche Parasit Teufelszwirn (rot) befällt eine Wirtspflanze. (Bildquelle: © arenysam/Fotolia.com)
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