Die Tricks des Teufelszwirns

Parasit legt Verteidigungsgene seiner Wirtspflanzen lahm

24.01.2018 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Der Teufelszwirn ist ein Parasit, der von seiner Wirtspflanze Wasser und Nährstoffe abzweigt. (Bildquelle: © Penn State University)

Der Teufelszwirn ist ein Parasit, der von seiner Wirtspflanze Wasser und Nährstoffe abzweigt. (Bildquelle: © Penn State University)

Der Teufelszwirn (Cuscuta campestris) lebt auf Kosten anderer. Er windet sich um die Stängel fremder Pflanzen, zapft ihre Leitungsbahnen an und saugt Wasser und Nährstoffe heraus. Das führt zu teils dramatischen Ernteeinbußen. Doch damit nicht genug. Wissenschaftler konnten jetzt erstmals zeigen, dass Teufelszwirn sogar die Gene seiner Wirtspflanzen manipulieren kann. Er schleust microRNAs in die Wirtspflanzen ein und blockiert damit Gene, die Wirtspflanzen für die Verteidigung gegen ihn nutzen. Ließen sich diese DNA-Regionen in den Wirtspflanzen verändern, wären sie für den Teufelszwirn keine so leichte Beute mehr.

Keine Blätter, keine Wurzeln, keine Photosynthese: Der Teufelszwirn ist eine ungewöhnliche Pflanze. Da sie selbst über keinerlei Organe verfügt, mit denen sie Nährstoffe aus dem Boden aufnehmen oder Zucker herstellen könnte, raubt sie andere Pflanzen aus und schwächt sie dadurch. Dafür bildet der Teufelszwirn sogenannte Haustorien, die sich wie Finger um die Leitbündel der Wirtspflanzen legen und ihnen Wasser und Nährstoffe entziehen. Besonders in subtropischen und tropischen Regionen leiden Bauern aufgrund des Parasiten unter Ernteverlusten. 

Wissenschaftler haben jetzt gezeigt, dass der Teufelszwirn aktiv die Genexpression der Wirtspflanzen verändert. Er produziert spezielle microRNAs, die er durch die Haustorien in die Wirtspflanze einschleust. Dort binden sie an mRNAs, also die Moleküle, die die genetische Information vom Erbgut zu den Ribosomen weiterleiten, wo die Proteine hergestellt werden. Bindet jedoch eine microRNA an sie, so wird dieser Prozess blockiert.

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Der Teufelszwirn schleust auch microRNA in die Wirtspflanze ein, die die Expression von Wirts-Genen unterdrücken. Es ist das erste Mal, dass eine solche Genregulation über Artgrenzen hinweg beobachtet wurde.

Der Teufelszwirn schleust auch microRNA in die Wirtspflanze ein, die die Expression von Wirts-Genen unterdrücken. Es ist das erste Mal, dass eine solche Genregulation über Artgrenzen hinweg beobachtet wurde.

Bildquelle: © Penn State University

Parasit blockiert Verteidigungsgene seiner Wirte

Für ihre Experimente untersuchten die Wissenschaftler die microRNAs in den Haustorien von Cuscuta campestris auf Arabidopsis thaliana. Sie fanden 43 microRNAs, die allesamt relativ gut auf Gensequenzen von A. thaliana passten. Zu Genen von C. campestris zeigten sich kaum Ähnlichkeiten. Daraus schlossen die Forscher, dass der Teufelszwirn gezielt fremde Gene stilllegt, die eigenen Gene jedoch nicht beeinflusst.

Rankte sich der Teufelszwirn um einen abgestorbenen Bambusstab, so fanden die Wissenschaftler keine microRNAs. Das weist darauf hin, dass der Kontakt mit einer lebenden Pflanze dafür notwendig ist, die Produktion von microRNA zu stimulieren. „Besonders interessant ist die Tatsache, dass die microRNAs ganz spezifisch solche Gene blockieren, die Wirtspflanzen für ihre Verteidigung nutzen“, sagt James H. Westwood, der die Studie durchgeführt hat.

Ziel sind hochkonservierte Bereiche

Einer dieser Verteidigungsmechanismen ist vergleichbar mit der Blutgerinnung bei menschlichen Wunden. Die Wirtspflanzen produzieren Proteine, die den Strom der Nährstoffe zu den Haustorien verlangsamen. Dieser Prozess wird vom Teufelszwirn durch eine seiner microRNAs unterbunden. Die microRNA bindet dazu einen Bereich der mRNA für das Protein SEOR1, der hochkonserviert ist und in zahlreichen Arten vorkommt. Das erklärt, weshalb der Teufelszwirn ganz verschiedene Wirtspflanzen angreifen kann. 

Eine einzige microRNA reicht dabei aus, um zahlreiche mRNAs zu blockieren. Denn durch die Bindung von microRNA und mRNA werden Proteine rekrutiert, die die mRNA in kurze Fragmente zerhäckseln. Diese Fragmente haben die gleiche Funktion wie microRNAs und können weitere mRNAs blockieren. Es ist ein selbstverstärkender Kreislauf.

Mit Genomeditierung zu Resistenzen

„Unser Traum ist es jetzt, mit diesem Wissen und den Möglichkeiten der Genomeditierung die Zielstrukturen in den mRNAs der Wirtspflanzen so zu modifizieren, dass die microRNAs aus dem Teufelszwirn nicht mehr an sie binden können“, erklärt Michael J. Axtell, ein weiterer Autor der Studie. Mit gezielten Punktmutationen ließe sich das machen, ohne dabei die Funktion der Wirtspflanzengene zu beeinträchtigen.


Quelle:
Shahid, S. et al. (2018): MicroRNAs from the parasitic plant Cuscuta campestris target host messenger RNAs. In: Nature, (4. Januar 2018), doi: 10.1038/nature25027.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Der Teufelszwirn ist ein Parasit, der von seiner Wirtspflanze Wasser und Nährstoffe abzweigt. (Bildquelle: © Penn State University)