Hilfe aus dem Untergrund

Das Projekt „RhizoTraits“

28.06.2021 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Der Schwerpunkt des Projektes liegt auf experimentellen Studien. (Bildquelle: © N. Tyborski)

Der Schwerpunkt des Projektes liegt auf experimentellen Studien. (Bildquelle: © N. Tyborski)

Im Boden rund um Pflanzenwurzeln – in der sogenannten Rhizosphäre – finden unzählige Interaktionen zwischen den Wurzeln und der Umgebung statt. Im Forschungsprojekt „RhizoTraits“ sollen die Wechselwirkungen identifiziert werden, die Pflanzen widerstandsfähiger gegen Stress machen können. Dafür blickt das Team in die Vergangenheit, um Maßnahmen für die Zukunft abzuleiten.

Prognosen sagen voraus, dass Extremereignisse wie Dürren zunehmen werden – auch in Deutschland. Es bedarf daher Strategien, um landwirtschaftliche Ökosysteme und Kulturpflanzen auf Dauer robuster zu machen. So lassen sich die Erträge in modernen Anbausystemen und die Versorgung mit Lebensmitteln sichern.

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Im Forschungsprojekt „RhizoTraits“ sollen die Wechselwirkungen rund um Pflanzenwurzeln genauer erforscht werden.

Im Forschungsprojekt „RhizoTraits“ sollen die Wechselwirkungen rund um Pflanzenwurzeln genauer erforscht werden.

Bildquelle: © N. Tyborski

Neben der genetischen Ausstattung der Pflanzen spielen äußere Faktoren für die Erträge eine wichtige Rolle. Immer häufiger geht der Blick in die Rhizosphäre: Im Boden um die Wurzeln befinden sich nicht nur lebensnotwendige Nährstoffe und Wasser, sondern auch viele Mikroorganismengruppen, die sich förderlich oder auch hemmend auf das Pflanzenwachstum auswirken können. Die Interaktionen zwischen Pflanzen, Bodenbestandteilen und -ressourcen sowie Mikroorganismen sind komplex – doch sie könnten der Schlüssel für resilientere Agrarökosysteme sein.

Genau hier setzte der süddeutsche Forschungsverbund „RhizoTraits“ an. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderrichtlinie „Pflanzenwurzeln und Bodenökosysteme: Bedeutung der Rhizosphäre für die Bioökonomie (Rhizo4Bio)“ gefördert. Die erste Phase läuft von 2020 bis 2024. Es könnte in einer anschließenden zweiten Phase um weitere drei Jahre verlängert werden.

Die Projektpartner und Ziele

  • Universität BayreuthAgrarökologie, Bodenphysik, Ökologische Mikrobiologie und Ökologische Dienstleistungen: Prof. Dr. Johanna Pausch (Projektkoordinatorin), Andreas Wild, Angelika Mergner, Prof. Dr. Andrea Carminati (mittlerweile an der ETH Zürich), Tina Köhler, Prof. Dr. Tillmann Lüders, Nicolas Tyborski, Prof. Dr. Thomas Koellner, Jakob Bogenreuther
  • Technische Universität München (TUM) – Bodenkunde: Dr. PD Carsten Müller (mittlerweile an der Universität Kopenhagen), Dr. Alix Vidal, Franziska Steiner
  • Karlsruher Institut für Technologie (KIT): Dr. PD Ralf Kiese, Dr. Carolin Boos
  • Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL): Sebastian Wolfrum, Dr. Annette Freibauer, Shu-Yin Tung

Die Forscher:innen wollen mit ihrer Rhizosphärenforschung so einiges bewegen. „Diese unterirdischen Vorgänge sind der Schlüssel für die Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit von Getreidepflanzen im Klimawandel. Deshalb müssen wir mehr darüber wissen, welche speziellen Eigenschaften der Rhizosphäre den Pflanzen in Dürrezeiten nützen oder ihnen schaden“, erklärt die Projektkoordinatorin Prof. Johanna Pausch von der Universität Bayreuth.

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In einem großen Phänotypisierungs-Experiment wachsen in bierkastengroßen Boxen Weizen (hier abgebildet) und Maispflanzen unter verschiedenen Bedingungen.

In einem großen Phänotypisierungs-Experiment wachsen in bierkastengroßen Boxen Weizen (hier abgebildet) und Maispflanzen unter verschiedenen Bedingungen.

Bildquelle: © N. Tyborski

Dabei stellt sich das Team zunächst einmal die Frage: „Was kann man von alten Sorten lernen und mit in die Zukunft nehmen?“, sagt Pausch. Um diese Frage zu beantworten, wollen die Beteiligten alte Landrassen mit moderne Sorten von Mais und Weizen vergleichen.

Denn sie vermuten, dass bei modernen Sorten im Verlauf der Züchtung Gene verloren gegangen sein könnten, die für die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen entscheidend sind. Das wäre nicht verwunderlich, da moderne Hochleistungssorten eher an gute Wasser- und Nährstoffbedingungen angepasst und meist nur auf hohen Ertrag „gedrillt“ wurden.

In der ersten Phase konzentriert sich das Team auf die Widerstandsfähigkeit gegenüber Trockenstress im Boden. In einem zweiten Schritt will der Verbund konkrete Maßnahmen aus den erzielten Ergebnissen ableiten und Handlungsempfehlungen für die Praxis erarbeiten.

Das Vorgehen

Ein Blick in die Vergangenheit

Ertragsstagnationen sind bei vielen wichtigen Nutzpflanzen zu beobachten. „Es gibt auch erste Studien für Bayern, die zeigen, dass die Weizenerträge stagnieren. Es ist nicht ganz klar, woran das liegt. Eine Idee ist, dass es mit der höheren Variabilität der Klimaextreme zu tun hat. Daher schauen wir zunächst einmal zurück in der Geschichte“, sagt Pausch. Eine Gruppe in Bayreuth (AG Ökologische Dienstleistungen) wird die Entwicklung der Ertragsdaten von Getreidepflanzen in Bayern analysieren. Sie blicken bis ins Jahr 1850 zurück, um Rückschlüsse auf die langfristigen Veränderungen ziehen zu können.

Experimente: Vergleiche von alten und neuen Sorten in unterschiedlichen Umgebungen

Der Schwerpunkt des Projektes liegt auf experimentellen Studien. Ein großes Phänotypisierungs-Experiment läuft an der LfL ab. Hier wachsen in bierkastengroßen Boxen Versuchspflanzen der beiden Getreidearten Mais und Weizen. Jeweils 48 alte und moderne Sorten haben die Forscher:innen ausgewählt, die entweder unter optimaler Bewässerung oder Trockenstress wachsen.

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Durch Glasscheiben an den Seiten der Boxen kann das Wurzelwachstum dokumentiert werden.

Durch Glasscheiben an den Seiten der Boxen kann das Wurzelwachstum dokumentiert werden.

Bildquelle: © N. Tyborski

Täglich wird der Biomassezuwachs fotografiert und ausgewertet. Durch Glasscheiben an den Seiten der Boxen kann auch das Wurzelwachstum dokumentiert werden. Das Team will anschließend Sorten auswählen, die unter Trockenstress besonders auffallen, zum Beispiel sehr gut oder sehr schlecht wachsen.

Der nächste Schritt sind Feldexperimente mit diesen Sorten in Bayreuth und Ruhstorf an der Rott, die unter klimatisch ähnlichen Anbaubedingungen erfolgen. Unterschiedlich sind aber die Böden an beiden Standorten. So kann das Team feststellen, wie die Sorten auf die jeweiligen Bodentypen und deren spezifische Eigenschaften reagieren. Durch Regendächer kann dabei auch im Feld Trockenstress simuliert werden.

Darüber hinaus wird es Untersuchungen im Labor geben, bei denen beispielsweise das Mikrobiom im Boden – in Abhängigkeit vom Genotyp der Sorten und Trockenstress – und die Bodenstrukturbildung genauer analysiert wird. Beim experimentellen Teil des Projektes sind vier Arbeitsgruppen der Uni Bayreuth sowie die LfL und die TUM involviert.

Modellierung: Der Blick in die Zukunft

Eine Gruppe des KIT wird die Feld- und Labordaten und Ergebnisse dazu verwenden, um die räumliche und zeitliche Dynamik des Wurzelwachstums und die daran gekoppelte Aufnahme von Nährstoffen und Wasser in einem Ökosystemmodell (LandscapeDNDC) zu verbessern. Das Modell wird dann angewendet um Vorhersagen darüber zu treffen, wie sich die spezifischen Eigenschaften der unterschiedlichen Versuchssorten unter verschiedenen Klima- und Bodenbedingungen auf die Erträge auswirken. Aus diesen Simulationen und Szenarienstudien können die Forscher:innen Empfehlungen ableiten, wie Landwirte den Anbau in verschiedenen Regionen optimieren können bzw. welche Ansätze Züchter haben, förderliche Merkmale einzelner Sorten gezielt für ihre Arbeit zu nutzen.


Weiterführende Informationen:

  • Projektbeschreibung: „RhizoTraits“ (in englischer Sprache)

Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:

Titelbild: Der Schwerpunkt des Projektes liegt auf experimentellen Studien. (Bildquelle: © N. Tyborski)