Mehr CO2 durch Mykorrhizapilze?

04.09.2012 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Arbuskuläre Mykorrhizapilze dringen in die Wurzelzellen der Pflanzen ein. Hier: Der Pilz Gigaspora margarita, der eine Symbiose mit den Wurzeln des Gewöhnlichen Hornklees eingegangen ist. (Quelle: © Mike Guether / Wikimedia.org; CC BY 3.0)

Arbuskuläre Mykorrhizapilze dringen in die Wurzelzellen der Pflanzen ein. Hier: Der Pilz Gigaspora margarita, der eine Symbiose mit den Wurzeln des Gewöhnlichen Hornklees eingegangen ist. (Quelle: © Mike Guether / Wikimedia.org; CC BY 3.0)

Eigentlich waren sie als eine Lösung für die Speicherung von CO2 in Böden gedacht, denn symbiotisch lebende Pilze nehmen Kohlenstoff von ihren Wirten auf und binden diesen. Forscher fanden jedoch nun heraus, dass jene Pilze bei steigenden CO2-Werten genau das Gegenteil bewirken: Durch sie wird vermehrt CO2 aus den Böden wieder in die Atmosphäre freigesetzt.

Durch symbiotisch lebende Pilze, sogenannte arbuskuläre Mykorrhizapilze (englisch: arbuscular mycorrhizal fungi, AMF), lässt sich der Klimawandel wohl doch nicht eindämmen, so das Ergebnis einer neuen Studie. Eine erhöhte CO2-Konzentration in der Atmosphäre erhöht auch die Produktivität der Pflanzen (Photosynthese), wodurch sie den Pilzen mehr Kohlenstoff zur Verfügung stellen können. Bislang hegte man die Vermutung, dass die Pilze den zusätzlich anfallenden Kohlenstoff im Boden binden könnten, da der extra Kohlenstoff das Wachstum der Pilze stimuliert. Die vorliegende Studie bringt diese Theorie ins Wanken.

Ökologische Bedeutung der spezifischen Symbiose

Arbuskuläre Mykorrhizapilze bilden gegenseitig vorteilhafte (mutualistische) Symbiosen mit den Wurzeln von ca. 80% der Landpflanzenarten. Sie erhalten Kohlenstoff von ihren Wirtspflanzen im Gegenzug für mineralische Nährstoffe, wie z.B. Stickstoff. AMF gewährleisten so die kontinuierliche Nährstoffversorgung der Wirtspflanze. Dadurch spielen AMF eine entscheidende Rolle in den Stoffkreisläufen terrestrischer Ökosysteme und in globalen Kohlenstoffkreisläufen. Sie binden Kohlenstoff in den Böden und sorgen so dafür, dass Kohlenstoffsenken entstehen.

Um herauszufinden wie sich eine erhöhte Kohlenstoff-Konzentration auf die Mykorrhizapilze auswirkt, führten Forscher vier unabhängige Experimente durch. Überraschenderweise verringerte sich allerdings durch mehr atmosphärisches CO2 die Kohlenstoff-Konzentration in den Böden. 

Paradoxer Effekt

Steigt die Kohlenstoff-Konzentration an, fördern die Pilze Abbauprozesse und somit die Zerlegung von organischem Kohlenstoff in den Böden. Dadurch wird CO2 als schädliches Treibhausgas wieder in die Atmosphäre abgegeben. Die arbuskulären Mykorrhizapilze können zwar kein totes organisches Material abbauen, sie stimulieren jedoch Zersetzer (Saprovoren) im Boden. Das würde bedeuten, dass durch eine Stimulierung der Mykorrhizapilze noch mehr CO2 in die Atmosphäre gelangen würde.

Gewächshausexperimente und Feldversuche kommen zum selben Schluss

Die Wissenschaftler untersuchten in ihren Experimenten, wie die Pilze auf mehr Kohlenstoff reagieren und betrachteten auch die Stickstoffkreisläufe. Dazu beobachteten sie zum einen das Verhalten in kontrollierten Gewächshausexperimenten und zum anderen in Feldversuchen.

Im Gewächshaus pflanzten das Forscherteam eine Grasart, Flug-Hafer (Avena fatua), die sie hohen CO2 Konzentrationen aussetzte. Dabei betrachteten sie die Pflanzen sowohl mit AMF als auch ohne Pilze. Nach zehn Wochen maßen sie die Menge an Kohlenstoff, die sich in beiden Versuchsanordnungen im Boden befand. Sie stellten fest, dass der Versuchsaufbau ohne Pilze (bei hohen CO2-Werten) keine Auswirkungen auf den Kohlenstoff hatte, der im Boden gebunden wurde. Die Probe mit AMF wies dagegen 9% weniger Kohlenstoff im Boden auf, was darauf hinweist, dass der Kohlenstoff wieder in die Atmosphäre freigesetzt wurde. Zudem waren die arbuskulären Mykorrhizapilze hier mit dem extra Kohlenstoff in der Tat gewachsen.

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Flug-Hafer (Avena fatua), diente den Forschern in ihren Gewächshausexperimenten als Modellpflanze. Die AMF lassen sich im Wurzelgeflecht unterhalb der Erde finden.

Flug-Hafer (Avena fatua), diente den Forschern in ihren Gewächshausexperimenten als Modellpflanze. Die AMF lassen sich im Wurzelgeflecht unterhalb der Erde finden.

Bildquelle: © Kurt Stueber/ Wikimedia.org; CC BY-SA 3.0

Auch in Feldexperimenten auf einem Weizen und Soja-Feld, wurden ein erhöhtes Wachstum der Pilze und weniger Kohlenstoff in den Böden festgestellt. Da die Experimente im Feld über mehrere Jahre durchgeführt wurden, konnten die Forscher erkennen, dass der Effekt sich mit der Zeit nicht abschwächte. 

Die Stickstoffversorgung spielt eine Rolle

Die Experimente belegten auch eine Veränderung bei der Stickstoffaufnahme der Pflanzen. Für das Wachstum der Pflanzen ist Stickstoff unentbehrlich. Unter normalen Bedingungen nehmen sie Stickstoff in Form von Ammonium (NH4 ) und Nitrat (NO3-) auf. Ammonium entsteht beim Abbau von totem organischem Material. AMF hingegen wandeln Stickstoff in Nitrate um (Nitrifikation). Bei erhöhten CO2-Konzentrationen reduzieren die Pflanzen jedoch ihre Nitrat-Aufnahme. Um ihre Stickstoffversorgung aufrechtzuerhalten müssen die Pflanzen daher mehr Ammonium aufnehmen. Der dadurch erhöhte pflanzliche Bedarf am Ammonium sorgt den Forschern zufolge dafür, dass AMF weniger Stickstoff in Nitrate umwandeln und fördert demzufolge Abbauprozesse, bei denen Ammonium freigesetzt wird.

Es gibt jedoch eine Hoffnung: Reguliert man die Stickstoffversorgung im Boden, könnte dies die vorher initiierten Abbauprozesse verhindern und der Freisetzung von CO2 aus den Böden entgegenwirken. Im Feldexperiment hatten die Forscher mithilfe eines Stoffes, der die Umwandlung von Stickstoff in Nitrate hemmt erste Erfolge. Sie erkannten, dass dadurch die Kohlenstoffmenge im Boden auch bei erhöhten CO2-Werten nicht sank und sahen darin den Beweis für ihre Vermutung. Durch die Hemmung der Nitrifikation nutzten die Pflanzen das bodeneigene Ammonium und Zersetzungsprozesse waren dadurch nicht nötig.

Eine Veränderung der Stickstoffkreisläufe wäre auch für die Landwirtschaft fatal. Nitrate zählen zu den Salzen und sind leicht löslich. Nicht genutzte Nitrate könnten von den Äckern in das Oberflächenwasser und auch ins Grundwasser gelangen. So könnten größere Mengen auch unser Trinkwasser verunreinigen.

Weitreichende Veränderungen

Der Klimawandel mit all seinen Facetten beeinflusst unsere komplexen Ökosysteme auf vielfältige Weise. Hier wurde der Anstieg des atmosphärischen Kohlenstoffdioxids auf Austauschbeziehungen zwischen Böden, Pflanzen und Mykorrhizapilzen betrachtet. Die Ergebnisse machen deutlich, wie weitreichend solche Veränderungen sein können (hier beispielsweise die Veränderung globaler Kohlenstoffkreisläufe) und wie nötig weitere Forschung auf diesem Gebiet ist, um genauere Vorhersagen treffen zu können.


Quelle:
Cheng, L. et al. (2012): Arbuscular Mycorrhizal Fungi Increase Organic Carbon Decomposition Under Elevated CO2. In: Science, Vol. 337 no. 6098 pp. 1084-1087, online 31. August 2012, doi: 10.1126/science.1224304.

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Titelbild: Arbuskuläre Mykorrhizapilze dringen in die Wurzelzellen der Pflanzen ein. Hier: Der Pilz Gigaspora margarita, der eine Symbiose mit den Wurzeln des Gewöhnlichen Hornklees eingegangen ist. (Quelle: © Mike Guether / Wikimedia.org; CC BY 3.0)